Der Körper ist müde und will schlafen, doch ein unwiderstehlicher Bewegungsdrang in den Beinen zwingt Betroffene zum nächtlichen Herumwandeln. Dies kann zu Erschöpfung und Verzweiflung führen. Eine Kombination verschiedener Therapien verspricht Besserung.
Es handelt sich um eine neurologische Erkrankung, deren Ursachen bis heute weitgehend ungeklärt sind. Betroffene leiden unter unangenehmen Gefühlen in den Beinen – zum Beispiel ein Kribbeln, Reissen oder Jucken – die zu einem starken Bewegungsdrang führen. Seltener äussern sich die Beschwerden auch in den Armen, im Rumpf oder im Gesicht.
«Besonders störend sind die Symptome in der Nacht», sagt Alexander Tarnutzer, leitender Neurologe am Kantonsspital Baden. Die Patientinnen und Patienten finden keinen Schlaf und tigern durch die Wohnung, steigen Treppen hinauf- und hinunter oder beschäftigen sich mit Hausarbeiten, obwohl sie todmüde sind. Und selbst wenn sie dann doch irgendwann einschlafen können, zappeln und zucken die Beine bei vielen weiter, sodass die Betroffenen immer wieder aufwachen und kaum in den Tiefschlaf fallen. Schwierig ist auch längeres Stillsitzen.
In den westlichen Industrienationen leiden rund zwei Prozent der Bevölkerung in geringerem oder stärkerem Mass an RLS, davon doppelt so viele Frauen wie Männer. Die Zahl der Patientinnen und Patienten nimmt mit dem Alter ebenso zu wie die Häufigkeit der Unruhephasen. Auch in der Schwangerschaft tritt das Leiden vermehrt auf. Zudem scheint die Anzahl Schwangerschaften das Risiko für RLS in späteren Jahren zu erhöhen.
In den allermeisten Fällen findet man keine Vorerkrankungen, die gesichert mit RLS in Verbindung stehen. Wahrscheinlich liege dem Syndrom auch eine Veranlagung zugrunde, erklärt Alexander Tarnutzer. Gelegentlich trete es aber auch als Folge einer anderen Erkrankung auf. «Eine sorgfältige Abklärung bei einem Neurologen ist deshalb ratsam», betont der Arzt.
Das Syndrom an sich ist nicht gefährlich, kann allerdings sehr quälend sein. Einige Betroffene sind stark übermüdet, weil sie nur wenig schlafen. Chronischer Schlafmangel wiederum kann zu diversen Gesundheitsproblemen führen, zum Beispiel Übergewicht, Konzentrationsstörungen, Reizbarkeit, Depressionen, Angststörungen, eingeschränkter Leistungsfähigkeit, vermehrten Infektionskrankheiten wegen eines geschwächten Immunsystems oder Herz-Kreislauferkrankungen. Die Unfähigkeit, länger still zu sitzen, bedeutet zudem ein Ausschluss von einigen Berufen und vielen gesellschaftlichen Aktivitäten wie Kulturveranstaltungen oder Essenseinladungen.
Nein. Obwohl bei beiden Krankheiten teilweise ähnliche Medikamente zum Einsatz kommen, haben RLS-Betroffene kein erhöhtes Risiko für Parkinson. Hingegen bekommen Menschen mit Parkinson im Laufe der Krankheit etwas häufiger ruhelose Beine als andere Menschen.
Der Grossteil der Betroffenen bemerkt die störenden Symptome nur zu gut von selbst und sucht früher oder später eine Ärztin oder einen Arzt auf. Manchmal sind es aber auch der Partner oder die Partnerin, die nächtliche Zuckungen feststellen und damit einen Hinweis auf den Grund für anhaltende Erschöpfungszustände liefern. «Wichtig ist es, ein RLS von anderen Erkrankungen abzugrenzen», sagt Tarnutzer, «zum Beispiel von der Polyneuropathie, bei der die Symptome ähnlich sein können: ein Kribbeln oder Brennen in den Beinen.»
Je nach Schwere der Erkrankung und individuellem Leidensdruck bieten sich diverse Ansätze an. Sie führen aber allesamt nicht zu einer grundlegenden Heilung des Problems, sondern reduzieren lediglich die Symptome. «In leichteren Fällen bringen manchmal bereits sanfte Therapien wie etwa eine kalte Dusche oder Massagen etwas Linderung», sagt Alexander Tarnutzer. «Bei stärkeren Beschwerden helfen oft nur Medikamente.» Meist gilt: ausprobieren und verschiedene Therapien kombinieren.
Eine gesunde und ausgewogene Ernährung kann RLS-Symptome und andere Beschwerden mildern:
Eine prinzipielle Heilung der Erkrankung sei nur bei sekundären Formen möglich, erklärt Alexander Tarnutzer, also etwa wenn Eisenmangel behoben wird oder ein anderes Medikament aufgrund von Nebenwirkungen abgesetzt wird. Bei einem RLS mit unbekannter Ursache sei über die Jahre häufig eine Anpassung oder eine Dosierungssteigerung der Medikation erforderlich. «Mit einer individuell zugeschnittenen Kombination verschiedener Therapien erleben die meisten Betroffenen einen merklichen Rückgang ihrer Beschwerden.»