Als Kind meist verhasst und heute keine Zeit dafür: das Nickerchen. Dabei könnten wir unsere Leistungsfähigkeit mit einem Powernap ganz einfach wieder steigern …
Die Augenlider werden schwer, die Konzentration nimmt ab: Wenn es eigentlich Zeit wäre für eine Pause, greifen viele eben doch lieber zur nächsten Tasse Kaffee und kämpfen sich durch den Rest des Nachmittags. Und das, obwohl die Vorteile und die Wirkung eines Powernaps wissenschaftlich längst bewiesen sind …
Der Begriff Powernap stammt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt: Ein kurzes Nickerchen, das man tagsüber macht. Betrachtet man die Übersetzung aus dem Business-Englisch, kommt hier noch die Produktivität dazu: Ein kurzes Nickerchen, das man tagsüber macht, damit man während des restlichen Tags effektiver arbeiten kann.
In südlichen Ländern wie Italien oder Spanien gehört die Siesta – also die Ruhepause zur Mittagszeit – schon lange zum Tagesablauf. Bereits im antiken Rom wurde die Arbeit nach der sechsten Stunde (sexta, lateinisch «die Sechste») unterbrochen. Noch heute schliessen beispielsweise viele Geschäfte um 13 Uhr und öffnen erst wieder gegen 16 Uhr.
Die Japaner hingegen praktizieren Inemuri. Das bedeutet übersetzt so viel wie «anwesend sein und schlafen». Sie machen ihre Nickerchen überall: am Arbeitsplatz, im Park, in der U-Bahn … Verstecken muss man dies nämlich nicht, da der japanische Powernap gesellschaftlich hoch angesehen ist. Denn: Wer tagsüber eine Pause braucht, der hat vorher wohl viel Einsatz geleistet.
In China hat der Mittagsschlaf Xiu-xi gar Einzug ins Gesetz gefunden. In Artikel 49 steht, dass das arbeitende Volk das Recht hat, zu ruhen. Das nutzen viele Büro- und Fabrikmitarbeitende und legen sich nach dem Mittagessen kurz zur Ruhe.
In der Schweiz geniesst das Nickerchen zwar auch immer mehr Akzeptanz, gehört aber noch lange nicht zum Arbeitsalltag. So bieten beispielsweise längst nicht alle Arbeitgeber Ruheräume an, in die sich die Mitarbeitenden für eine Pause zurückziehen können. (Fortsetzung weiter unten…)
Ein Powernap hat zahlreiche Vorteile. Er verbessert nicht nur die Produktivität, sondern auch die Stimmung.
Die gesundheitlichen Vorteile von Powernaps wurden längst in zahlreichen Studien untersucht und nachgewiesen. Zum einen verbessert sich die Stimmung. Denn: Beim Schlafen produziert unser Gehirn das Glückshormon Serotonin. Ausserdem verbessert ein Nickerchen die Konzentration, das Kurzzeitgedächtnis und die Reaktionszeit. Zudem steigert es die Leistungsfähigkeit und damit auch die Produktivität. Und zu guter Letzt können regelmässige Powernaps gar das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduzieren.
1995 hat die NASA die Auswirkungen von Powernaps auf die Arbeit der Astronauten untersucht. Sie haben herausgefunden, dass die optimale Länge des Powernaps bei 26 Minuten liegt. Diese Nickerchen haben dazu geführt, dass die Astronauten ihre Aufmerksamkeit um 54 Prozent und die Leistungsfähigkeit um 34 Prozent steigern konnten.
Ein Forschungsteam des Universitätsspitals Lausanne hat in einer Untersuchung herausgefunden, dass ein bis zwei Powernaps pro Woche das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken können. Ein Zusammenhang zwischen der Powernap-Dauer und dem Risiko konnte nicht gefunden werden. Ebenso gab es keinen Beweis dafür, dass mehr als zwei Powernaps pro Woche einen Einfluss darauf haben.
Ein Powernap sollte ungefähr 20 bis 30 Minuten dauern, aber keinesfalls länger. Denn nach 30 Minuten startet eine längere Tiefschlafphase. Klingelt dann der Wecker, wird dir das Aufwachen deutlich schwerer fallen. Solltest du tatsächlich länger schlafen wollen, dann plane ein Nickerchen von 90 Minuten ein. Nach dieser Zeit hast du nämlich einen vollen Schlafzyklus durchlaufen und wirst nicht mehr aus dem Tiefschlaf gerissen.
Aber aufgepasst: Ein Powernap ersetzt keinesfalls den erholsamen Schlaf in der Nacht. Wer ständig müde ist, sollte besser versuchen, seine Schlafhygiene zu optimieren, statt jeden Tag ein Nickerchen zu machen.
Mehr erfahren: Die 10 Schlafhygiene-Gebote
Trink vor dem Powernap einen Kaffee. Das Koffein beginnt nach ca. 20 bis 30 Minuten seine Wirkung zu entfalten. So hast du nach dem Aufwachen gleich noch einen zusätzlichen Energieschub. Oder mach nach dem Nickerchen noch einen kurzen Spaziergang an der frischen Luft.
Es gibt Leute, die überall und jederzeit einschlafen können. Andere benötigen etwas mehr Vorbereitung. Verdunkle den Raum und achte darauf, dass du bequem liegst. Vielleicht hilft dir ja entspannende Musik? Oder du versuchst es mit Atemübungen.
Beispiel: Die «4711»-Atemtechnik: 4 Sekunden durch die Nase einatmen, 7 Sekunden durch die Nase ausatmen, 11-mal wiederholen.
Weitere Atemübungen für mehr Ruhe und Energie
Wer sich Sorgen macht, dass er nicht pünktlich wieder aufwachen wird, der wird vermutlich gar nicht erst einschlafen. Um das zu vermeiden, kannst du einfach einen Wecker stellen.
Es gibt aber auch andere Techniken, die für einige funktionieren. Du kannst zum Beispiel einen Schlüsselbund oder Ähnliches in die Hand nehmen. Schläfst du nun ein, entspannen sich deine Muskeln und die Schlüssel fallen zu Boden. Das Klirr-Geräusch übernimmt damit deinen Wecker.
Deinen Powernap solltest du dann machen, wenn deine Leistungskurve merklich sinkt. Bei vielen passiert das zwischen 12 Uhr und 14 Uhr. Wenn du dein Nickerchen erst später machst, kann es sein, dass du dafür abends schlechter einschläfst.