Intuition ist mehr als spontane Eingebung. Dank ihr können wir schnell und effizient entscheiden.
Wenn Bergführerin Ragna Krückels an einem Hang steht und überlegt, ob die Schneedecke ins Rutschen kommen könnte, vertraut sie ihrem Bauchgefühl. «Intuition ist wichtig, wenn man im Bergsport alt werden will.»
Unser Bauchgefühl geniesst aber nicht durchwegs einen guten Ruf. Intuition gilt oft als verdächtig und wird häufig als Emotion, die gegen die Gesetze der Logik verstösst, missverstanden.
Die Wissenschaft hat aber längst gezeigt, dass Intuition eigenen Gesetzmässigkeiten folgt. Täglich treffen wir tausende kleine Entscheidungen. Dabei nutzen wir zwei Arten des Denkens. Die eine Form arbeitet automatisch, mühelos, schnell und intuitiv. Die andere ist zeitaufwendiger, langsamer und zuständig für das Logisch-Rationale.
In manchen Situationen können intuitive Entschlüsse überlebenswichtig sein, im Alltag sind wir ebenso darauf angewiesen. Etwa, wenn wir kommunizieren. Unser Gehirn analysiert dabei Mimik, Gestik, Blick und Haltung des Gegenübers, ohne dass uns dies bewusst wird. Mit den zahllosen Sinneswahrnehmungen wäre das Bewusstsein überfordert, das Unterbewusstsein ist es nicht. (lesen Sie unten weiter...)
Das Bauchgefühl ist eigentlich ein Kopfgefühl: Es speist sich aus dem Langzeitgedächtnis und unseren Erfahrungen. Auf Basis des Gelernten bildet unser Gehirn Faustregeln, sogenannte Heuristiken, die es auf neue Situationen anwendet. Dieses Prinzip funktioniert ausserordentlich gut: Versuchspersonen können innert eines Augenblicks Situationen richtig einschätzen.
Der Nachteil: Bauchgefühl verleitet manchmal zu vorschnellen Urteilen. Aus minimalen Hinweisen wird etwa ein komplettes Charakterporträt gebastelt – das uns in die Irre führt. Aber auch wenn wir rational an Dinge herangehen, unterlaufen uns ständig Denkfehler, wie die Kognitions- und Entscheidungsforschung belegt.
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Haben wir vergleichbare Entscheidungen noch nie getroffen oder bewegen wir uns in einer Umgebung, die nicht vorhersagbar ist, befragen wir lieber den Verstand. Unterliegt die Entscheidung dagegen wiederholbaren Bedingungen, konnten wir auf dem Gebiet bereits Erfahrung sammeln und hatten wir die Gelegenheit, aus unseren Fehlern zu lernen, dürfen wir ruhig unserer Intuition vertrauen. So wie Ragna Krückels, seit 15 Jahren Bergführerin.
Am besten jedoch gehen Verstand und Intuition Hand in Hand – indem man das Bauchgefühl mit Logik überprüft oder nach dem nüchternen Abwägen das Gefühl befragt.