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Gesund oder zu wenig untersucht?

In der Medizin behandelt man Menschen, nicht Befunde, schreibt unsere Kolumnistin Dr. med. Brida von Castelberg. Wer letzteres tue, könne sehr viel Schaden anrichten.

Portrait-Kolumne-Brida
Dr. med Brida von Castelberg

Brida von Castelberg sitzt im Beirat der Akademie für Menschenmedizin, die sich für einen ganzheitlichen Behandlungsansatz in der Medizin stark macht und die Entwicklung des Schweizer Gesundheitswesen kritisch hinterfragt. Von Castelberg ist Gynäkologin und war 20 Jahre lang Chefärztin der Frauenklinik Triemli in Zürich.

Ein Freund, 80-jährig, aber fit und reiselustig, entdeckte an seinem Knie eine Hautveränderung, die kein Arzt richtig einordnen konnte. Die Gewebeprobe zeigte bösartige Zellen, jedoch nicht typisch für die bekannten Hauttumoren.

Man schlug ihm deswegen nach Entfernung der ganzen Veränderung eine Ganzkörper-Computertomographie (CT) vor, um abzuklären, ob es sich bei der Hautveränderung um eine Metastase eines anderen Tumors handeln könnte. Er lehnte ab.

Auf meine Frage, warum er dies nicht wünsche, antwortete er: ich bin 80, in dem Alter findet man immer etwas. Es geht mir aber gut, mehr will ich gar nicht wissen. Sein Entscheid gab ihm recht – nun ist er zwei Jahre älter, immer noch unternehmungslustig und weiss noch immer nicht, ob er zahlreiche operationswürdige Befunde in seinem Körper beherbergt.

Sind Veränderungen für Schmerzen verantwortlich?

Würde man standardmässig bei über 50-Jährigen ein Röntgenbild der Wirbelsäule anfertigen, hätte ein hoher Prozentsatz der Untersuchten Veränderungen – auch die, welche keine Beschwerden haben. Umgekehrt leiden viele Menschen einmal oder auch öfters unter Rückenschmerzen. Auch bei diesen findet man nachweisbare Veränderungen im Röntgenbild.

Ob die Veränderungen aber für die Beschwerden verantwortlich sind oder ob man Beschwerden UND Veränderungen hat, erweist sich oft erst später, nach Geduld und Physiotherapie.

Neuer Job statt teure Therapie

Eine 50-jährige Patientin hatte nach einer einschneidenden Situation im Beruf so starke Rückenschmerzen, dass sie sich nicht mehr als 20 cm nach vorn neigen konnte. Die Röntgenaufnahme zeigte eine schwere Arthrose der Halswirbelsäule. Nachdem sie die Arbeitsstelle gewechselt und einen Neuanfang gewagt hatte, waren die Rückenschmerzen weg. Sie schwimmt und turnt, nun 60 Jahre alt, wie eine junge Frau.

Die Moral der Geschichte? In der Medizin behandelt man Menschen, nicht Befunde. Befunde zu behandeln, ohne sicher zu sein, dass sie ursächlich sind für die Beschwerden, kann sehr viel Schaden anrichten.

von Brida von Castelberg

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