Die chilenische Designerin Josefa Cortés hat eine Duschbürste entwickelt, die Frauen daran erinnern soll, ihre Brüste regelmässig zu untersuchen und Veränderungen zu erkennen. Wir haben uns mit der Gründerin von Palpa – auf Deutsch «taste ab» – über ihre Idee und ihre Ziele unterhalten.
Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen in der Schweiz, noch vor Lungen- oder Darmkrebs. Jährlich werden etwa 6500 neue Fälle diagnostiziert, und die Tendenz ist leider steigend, vor allem bei Frauen unter 50 Jahren. Das bedeutet, dass etwa jede achte Frau im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs erkrankt. Allerdings sind die Überlebenschancen heute relativ hoch, was einerseits auf immer bessere Behandlungsmethoden, andererseits auf die Früherkennung zurückzuführen ist. Hier setzt die chilenische Unternehmerin Josefa Cortés mit ihrem Start-up Palpa an.
Sie hat eine Duschbürste entwickelt, die Frauen bei der Selbstuntersuchung helfen soll, Knoten in der Brust zu entdecken (hier geht es zum Video). Inzwischen wurden bereits 100’000 Duschbürsten verkauft. Palpa wird von Tech4Eva unterstützt, einem Programm zur Förderung vielversprechender Start-ups, die innovative Technologien und Lösungen für die Gesundheit von Frauen entwickeln.
Josefa Cortés: Vor einigen Jahren erkrankte eine gute Freundin von mir an Brustkrebs. Sie hatte zwar beim Abtasten ihrer Brust etwas Ungewohntes gefunden, es aber nicht als Knoten erkannt und nicht weiter beachtet. Erst viel später wurde bei einer medizinischen Untersuchung Brustkrebs diagnostiziert, der bereits weit fortgeschritten war. Zum Glück konnte meine Freundin gerettet werden, aber der Schock hat etwas in mir ausgelöst.
Ich befand mich im letzten Jahr meines Studiums als Designerin und begann, mich intensiv zum Thema Brustkrebs zu informieren. Im Hinterkopf trieb mich der Gedanke an, ein Produkt zu entwickeln, das es Frauen erleichtert, Knoten und andere bösartige Veränderungen in der Brust frühzeitig zu erkennen. Es war mir ein Anliegen, damit jüngere Frauen zu erreichen, also Frauen unter 40 Jahren, die in der Regel noch nicht durch regelmässige Mammografie-Screenings erreicht werden. Zwar erkranken jüngere Frauen seltener an Brustkrebs als ältere, aber wenn es sie trifft, ist der Krebs häufig aggressiver und wächst schneller. Gerade deswegen ist die Früherkennung in dieser Zielgruppe so wichtig.
Palpa ist eine Bürste aus weichem Silikon, geformt wie eine Brust. Sie ist innen hohl und kann mit Flüssigseife gefüllt werden. Im Inneren befindet sich ein simulierter Knoten aus Kunststoff, der sehr hart und unbeweglich ist. Wir haben ihn in Zusammenarbeit mit Spezialistinnen und Spezialisten aus der Gynäkologie und der Onkologie entwickelt. Er soll einem bösartigen Tumor möglichst nahe kommen und nicht mit einer Zyste verwechselt werden. Natürlich gibt es Tumore in allen Grössen und Formen, aber ihnen ist gemein, dass sie hart und unbeweglich sind.
Palpa erfüllt drei Funktionen: Es ist einerseits eine Duschbürste, die man jeden Tag verwenden kann. Gleichzeitig soll sie den Tastsinn schulen, damit die Frau einen Knoten in der Brust als solchen erkennen kann. Und dazu ist es eine Erinnerungsstütze, damit die regelmässige Selbstuntersuchung der Brust nicht vergessen geht, was leider häufig der Fall ist.
Es ist sehr wichtig, dass Frauen sich mit ihrem Körper vertraut machen, ihn gut kennen, um Veränderungen frühzeitig zu erkennen. Die Selbstuntersuchung ist das Vorgehen, das bei jüngeren Frauen am meisten empfohlen wird, aber die wenigsten führen sie tatsächlich durch. Wir lernen sie weder zu Hause noch in der Schule. Ich wollte in erster Linie ein innovatives Produkt entwickeln, das sich gut in den Alltag integrieren lässt. Das Duschen ist der perfekte Moment, um mit der Untersuchung der Brust zu beginnen. Es ist mir ein grosses Anliegen, die Selbstuntersuchung der Brust zu einer Gewohnheit zu machen. Ich bin überzeugt, dass Frauen, die von jung auf ihre Brust regelmässig untersuchen, in späteren Jahren auch zur Mammografie gehen werden.
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Ich rate dazu, die Untersuchung in drei Positionen auszuführen: in der Dusche, stehend vor einem Spiegel und im Liegen. Man legt die Finger einer Hand flach auf die Brust und macht dabei kreisende Bewegungen, bei der Brustwarze beginnend nach aussen, und zwar mit leichtem, mittlerem und starkem Druck. Dabei ist es wichtig, nicht nur die Brust selbst, sondern auch den Bereich des Dekolletés bis zu den Achseln und darunter zu untersuchen. Und vor allem sollte die Untersuchung regelmässig geschehen. Für Frauen, die menstruieren, ist der beste Zeitpunkt nach dem Ende der Regelblutung. Frauen ohne Menstruation wählen am besten einen bestimmten Tag im Monat, zum Beispiel den ersten Tag. Aber natürlich ersetzt eine Selbstuntersuchung weder den Besuch bei der Gynäkologin noch eine Mammografie.
Für ein Start-up gibt es unzählige Aspekte zu bedenken, nicht nur finanzielle. Aber wenn man eine gute, überzeugende Idee hat, dann findet man Menschen, die daran glauben. Palpa hat inzwischen eine stattliche Anzahl Preise gewonnen, was ebenfalls Aufmerksamkeit und Interesse generiert. Dazu ist die Unterstützung durch Tech4Eva von unschätzbarem Wert. Tech4Eva passt perfekt zu uns, weil sie auf die Gesundheit von Frauen fokussieren, was bisher gefehlt hat. Wir profitieren unter anderem sehr viel von ihrer hervorragenden Vernetzung, die für ein junges Unternehmen äusserst wichtig ist.
Der Webshop für Einzelpersonen ist momentan nur in Chile und Spanien aktiv. Wir hoffen, schon bald einen Webshop in der Schweiz anbieten zu können. Schweizer Unternehmen, die grössere Bestellungen von Palpa aufgeben möchten, können wir bereits jetzt beliefern. Interessierte können uns über das Kontaktformular auf unserer Website erreichen.
«Palpa hat mich gerettet. Ich hatte meine Brüste nie selbst untersucht, bis ich eine Duschbürste geschenkt bekam. Ich benutze sie und konnte rechtzeitig einen bösartigen Knoten erkennen.»
Seit 2021 wachsen wir auf organische Weise kontinuierlich und haben inzwischen 100’000 Frauen mit Palpa erreicht. Häufig sind es Unternehmen, die Palpa für ihre Mitarbeiterinnen oder Kundinnen bestellen. Letztes Jahr haben wir nach Spanien expandiert, und wir hoffen natürlich, dass unsere Reise weitergeht und wir an möglichst vielen Orten vertreten sind. Ich träume auch davon, Palpa in Länder zu bringen, in denen die wenigsten Frauen Zugang zu einer Mammografie haben und wo es eine hohe Inzidenz von Brustkrebs gibt, zum Beispiel in Afrika.