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Gesünder leben?

Gesünder leben?

Über den Wettkampf im Kopf

Mountainbike-U23-Weltmeisterin Sina Frei (22) über brennende Beine, Erfolgserlebnisse beim Überholen sowie Engelchen und Teufelchen, die während des Rennens in ihrem Kopf streiten.

Sina Frei
Sina Frei
Steckbrief Sina Frei

Alter: 22
Grösse: 1,51 m
Gewicht: 47 kg
Disziplin: Mountainbike
Wohnort: Uetikon am See (ZH)
Jüngster Erfolg: Weltmeisterin U23 im August 2019
Auszeichnung: «SRF3 Best Talent Sport» 2019
Erstes Rennen: 2010 (mit 12 Jahren)
Hobbys: Sport allgemein, Unternehmungen mit Kollegen und Familie, Shoppen, Kochen
Tipp für das Training: «Nie aufgeben und immer nach vorne schauen! Hart arbeiten und positiv denken: NICHTS ist unmöglich!»

Foto: Roland Tännler

«Es war ein sehr strenges Rennen im letzten Mai. Der Trail am World Cup in Les Gets bot kaum Möglichkeiten, sich ein wenig zu erholen. Man musste ständig hochkonzentriert fahren und die volle Leistung bringen. Ich lag an fünfter Stelle und stellte fest, dass ich im Aufstieg immer etwas hinter die Französin Pauline Ferrand zurückfiel. Doch in der Abfahrt konnte ich den Abstand stets wieder verkleinern. Ich setzte mir zum Ziel, Pauline zu überholen. Es war mir klar, dass ich im Schlussspurt keine Chance hätte, weil sie die stärkere Sprinterin ist. Also musste es in der letzten Runde passieren. Der Trail wurde nochmals eng und ich war wirklich erschöpft. Meine Beine brannten. Aber im Kopf wusste ich: Ich will das unbedingt. Da habe ich nochmals all meine Kräfte zusammengenommen. Es hat sich gelohnt: Ich schaffte tatsächlich den vierten Platz und landete gleich hinter den drei absoluten Top-Favoritinnen. Das ist ein super Erfolg für mich als erst 22-Jährige.

Der innere Kampf

Im Spitzensport ist körperliche Fitness natürlich entscheidend. Doch mindestens so wichtig ist, was im Kopf abgeht. Man muss lernen, seine Gedanken richtig zu steuern. Oft kommt es mir so vor, wie wenn in meinem Gehirn ein Engelchen und ein Teufelchen miteinander streiten würden. Das Teufelchen sagt: ‹Deine Beine tun weh. Du bist müde. Du kannst nicht mehr. Die anderen sind schneller und geschickter als du. Du schaffst es sowieso nicht.› Dann muss ich versuchen, mehr auf das Engelchen zu hören. Dieses sagt: ‹Du bist fit und gut trainiert. In deinen Beinen ist noch Kraft. Gib nicht auf.› Häufig hilft es mir, auf etwas anderes zu fokussieren. Zum Beispiel beginne ich, die Tritte zu zählen. Das bringt mich wieder in meinen eigenen Rhythmus. Oder ich versuche, mir Erfolgsmomente in Erinnerung zu rufen. Zum Beispiel, was für ein Glücksgefühl das ist, wenn ich jemanden überholen kann. So gelingt es mir immer wieder, das Teufelchen zu besiegen. Ich komme wieder in einen Flow.

Eine gute Vorbereitung ist entscheidend

Wichtig sind gute mentale Strategien auch vor dem Wettkampf. Wenn ich zum Beispiel am Mittag ein Rennen habe, stehe ich am Morgen auf und teile die Zeit, bis es losgeht, gut ein, damit ich nicht nervös werde. Etwa vier Stunden vorher esse ich meinen Reisporridge mit Datteln und Bananen. Dann gehe ich die Strecke im Kopf nochmals durch. Ich präge mir Steigungen und Abfahrten ein, Hindernisse sowie enge oder etwas breitere Stellen. Nachher dehne ich die Muskeln und höre dazu meist etwas Musik. Das entspannt mich. Dann packe ich langsam mein Rucksäckli mit den nötigen Kleidern und Getränken. Ins Teamzelt gehe ich erst kurz vor dem Start. Denn da ist die Stimmung oft etwas hektisch. Auf dem Wettkampfgelände warten Verwandte, Freunde, Sponsoren und Medien – und alle wollen etwas von mir: Hier eine Umarmung, dort ein Foto … Ich versuche, mich abzuschirmen und bei mir zu bleiben. Etwas Anspannung braucht es natürlich schon für ein Rennen. Doch allzu viel Nervosität ist kontraproduktiv.

(Fortsetzung weiter unten …)

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Ich gehe regelmässig zu einer Mentaltrainerin in Zürich, um mich mit Denkstrategien auseinanderzusetzen. Da lerne ich immer wieder neue Techniken kennen. Zum Beispiel hat sie mir einen Punkt am linken Zeigfinger gezeigt, wo ich bei Nervosität draufschlagen kann. Das hat mir vor Wettkämpfen schon ein paar Mal geholfen. Patentrezepte gibt es aber nicht. Ich muss jeweils selber herausfinden, was im entscheidenden Moment funktioniert und was weniger.

Jede Sportart hat ihre Tücken

Am Mountainbike-Sport gefällt mir, dass man draussen in der Natur ist und die Bedingungen immer wieder anders sind. Das Wetter zum Beispiel spielt eine grosse Rolle. Wenn es zu regnen beginnt, ändern sich die Verhältnisse von einem Moment auf den anderen. Auf einem nassen Untergrund wird es schwieriger. Zum Beispiel können Passagen mit Wurzeln sehr rutschig sein.

Die Erfüllung eines Traumes

Seit zwei Jahren bin ich Profisportlerin. Damit ist für mich ein grosser Traum wahr geworden: Ich konnte meine Leidenschaft zum Beruf machen. Jede Woche trainiere ich etwa 20 Stunden – vor allem auf dem Velo, aber auch im Kraftraum. Es ist für mich immer wieder sehr motivierend, mich an meine Erfolge zurückzuerinnern. In der Regel trainiere ich allein, gelegentlich auch mit Kolleginnen und Kollegen. Im Winter bin ich oft in Trainingslagern in wärmeren Regionen. Jeweils im Mai geht die Saison wieder los. Anfangs Saison ist es immer schwierig, die Gegnerinnen einzuschätzen. Da ist es besonders wichtig, sich gedanklich gut vorzubereiten und eine gute Portion Selbstvertrauen zu tanken.»

Foto: © Andreas Dobslaff / dobslaff.com

von Andrea Söldi,

veröffentlicht am 24.03.2020


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