Ab 50 fällt es vielen Frauen schwer, ihre Figur zu halten. Hormonelle Veränderungen, vor allem sinkende Östrogenspiegel, spielen dabei eine wichtige Rolle. Eine Fachärztin erklärt, warum das passiert und was du dagegen tun kannst.
Viele Frauen kennen das Problem nur zu gut: So etwa ab dem 50. Altersjahr lässt sich allmählich der Reissverschluss der Jeans immer schlechter schliessen. Kleider, die jahrzehntelang passten, werden plötzlich zu eng. Vor allem am Bauch: Sogar Frauen, die stets schlank waren und allgemein noch gut in Form sind, stellen nun eine beträchtliche Rundung fest. Dabei haben sie an ihrer Ernährung kaum etwas verändert.
«In dieser Lebensphase ist Gewichtszunahme ein allgegenwärtiges Problem», sagt Petra Stute, stellvertretende Chefärztin der Gynäkologischen Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Berner Inselspital. Wenn sie Patientinnen wegen Beschwerden in den Wechseljahren berät und behandelt, komme das Thema fast immer auf den Tisch. Das hat verschiedene Gründe, die sich zum Teil gegenseitig beeinflussen.
Die Wechseljahre beginnen etwa im Alter von 40 Jahren. Die Menstruation tritt unregelmässiger auf und bleibt mit der Zeit ganz weg. Neben der Gewichtszunahme treten in dieser Zeit häufig Beschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen, Müdigkeit, trockenere Schleimhäute und Stimmungsschwankungen auf. Schlafstörungen und Stress können eine Gewichtszunahme weiter verstärken. Die Phase der hormonellen Umstellung dauert vier bis acht Jahre. Die letzte spontane Blutung heisst Menopause und tritt durchschnittlich im Alter von 51 Jahren auf. Danach kommt der postmenopausale Lebensabschnitt, in dem sich der Hormonspiegel meist wieder stabiler verhält und die Beschwerden zurückgehen.
Zuerst einmal sinkt der Grundumsatz mit der Abnahme der weiblichen Geschlechtshormone, also der Östrogene. Denn diese regulieren im Gehirn unter anderem den Appetit. Zudem steigern Östrogene die Lust auf Bewegung. Gleichzeitig mit dem Hormonspiegel sinkt deshalb häufig auch die Motivation, sich zu bewegen. «Davon erzählen mir sogar Frauen, die stets sehr sportlich waren», stellt die Fachärztin fest.
Ein weiterer Grund für mehr Pfunde ist, dass die Muskelmasse kontinuierlich zurückgeht, wenn man diesem Prozess nicht mit regelmässigem Krafttraining entgegenwirkt. Der Abbau beginnt bereits mit 30 Jahren und verschärft sich mit zunehmendem Alter. Auch ein kleinerer Muskelanteil trägt dazu bei, dass der Körper bei gleichbleibender Aktivität weniger Energie verbraucht als früher. Denn der Grossteil der Kalorien wird in der Muskulatur verbrannt.
Kommen noch chronische Erkrankungen wie etwa Gelenkveränderungen, Knieprobleme oder Rückenschmerzen hinzu, schränken diese den Bewegungsdrang zusätzlich ein. «Es ist ein Teufelskreis.»
Auch Männer werden von Gewichtsproblemen nicht verschont. Sie neigen generell eher dazu, am Bauch Fett anzusetzen. Mitverantwortlich sind auch bei ihnen hormonelle Veränderungen in der Lebensmitte wie etwa ein Rückgang des Testosterons.
In den Wechseljahren ändert sich hauptsächlich das Fettverteilungsmuster. Vor den Wechseljahren ist die Fettverteilung bei Frauen typischerweise birnenförmig, das heißt, das Fett sammelt sich vor allem im Hüftbereich und verteilt sich ansonsten gleichmäßig über den Körper. Mit dem Absinken des Östrogenspiegels während der Wechseljahre wird die Wirkung des männlichen Sexualhormons Testosteron stärker. Dies führt zu einer Fettansammlung im Bauchbereich, der sogenannten viszerale Fettspeicherung.
Diese Art der Fettspeicherung – im Volksmund die Apfel-Form – ist besonders problematisch, weil sie das Risiko für diverse Erkrankungen stärker steigert als die Birnen-Form mit hauptsächlicher Fettansammlung an den Hüften und Beinen. Das Bauchfett begünstigt vor allem Bluthochdruck, verbunden mit Herzinfarkt und Schlaganfällen, aber auch Demenz, Fettleber, Zuckerkrankheit und Krebserkrankungen.
Gegen Schlafprobleme, Stimmungsschwankungen und depressive Zustände werden zudem häufig Antidepressiva verordnet. Ein Grossteil davon regt den Appetit an, was wiederum zu mehr Kilos führen kann. «Wird das Körpergewicht zu einem ernsthaften Problem, schaue ich stets auch die Liste an Medikamenten an», sagt Petra Stute. Oft gelte es dann, eine Güterabwägung vorzunehmen, bei welcher der Nutzen des Mittels im Verhältnis zu den Nebenwirkungen betrachtet wird. Manchmal gebe es auch Alternativen mit weniger oder anderen unerwünschten Wirkungen, weiss die Ärztin.
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Viele Frauen in den Wechseljahren begegnen dem Hormonmangel auch durch eine Östrogen-Ersatztherapie, um die Beschwerden zu reduzieren. Entgegen dem weitverbreiteten Glauben, dass Frauen unter einer Hormonersatztherapie zunehmen, stabilisiert diese das Gewicht. «Frauen ohne Hormontherapie nehmen in den Wechseljahren mehr zu als solche mit», betont Stute. Der günstige Einfluss auf die Figur sei aber kein ausreichender Grund, um Hormone zu verschreiben, obwohl die Gesundheitsrisiken bei einer optimalen Dosierung heutzutage klein sind. Die Gefahr für Brustkrebs zum Beispiel steigt erst nach fünfjähriger Östrogen-Gestagen-Einnahme leicht an und Thrombosen treten bei einer Verabreichung über ein Pflaster oder Gel nicht häufiger auf als ohne Hormontherapie.
Bewegt sich das Gewicht über den empfohlenen Bodymass-Index hinaus, empfiehlt die Ärztin eine Umstellung der Ernährung, kombiniert mit einem erhöhten Sportpensum. Denn regelmässige Bewegung verbessert nicht nur das Wohlbefinden, sondern kann auch den Alterungsprozess verlangsamen. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass schon eine kleine Steigerung der körperlichen Aktivität grosse gesundheitliche Vorteile bringen kann.
Richtlinien für einen aktiveren Alltag:
Bei deutlichem Übergewicht stehen zudem medikamentöse oder gar operative Therapien zur Verfügung.
Richtlinien für eine ausgewogenere Ernährung: