In der Schweiz gelten 11 Prozent der Frauen und 13 Prozent der Männer als adipös und die Tendenz ist leider steigend. Adipositas ist eine komplexe chronische Erkrankung, deren Behandlung eine langfristige, individuell abgestimmte Therapie erfordert.
Bei Adipositas handelt es sich um eine medizinische Diagnose, die bei starkem Übergewicht gestellt wird. Diese chronische Erkrankung wird durch eine übermässige Ansammlung von Fettgewebe im Körper definiert.
Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht man bei einem BMI zwischen 25 und 30 von Übergewicht; ab einem BMI von 30 von Adipositas Grad I; Grad 2 beginnt ab einem BMI von 35. Der dritte Adipositas-Grad, auch bekannt als Adipositas permagna, gilt ab einem BMI von 40. Weitere Informationen zu den Adipositas-Graden.
Für die meisten Menschen ist der Body-Mass-Index (BMI) ein zuverlässiges Messinstrument, um den Fettanteil im Körper zu beurteilen.
Es gibt bei den allermeisten Betroffenen nicht einen einzigen Grund für Übergewicht oder Adipositas. «Man geht heute davon aus, dass ungefähr 50 Prozent des Gewichts erblich bedingt sind. Wie bei anderen Erkrankungen, wie zum Beispiel Arthrose, sind auch bei Adipositas einige Menschen prädisponiert, daran zu erkranken. Manche Babys kommen bereits mit Übergewicht auf die Welt», erklärt Dr. Köstler. Weitere 50 Prozent des Gewichts werden durch Umweltfaktoren beeinflusst, beispielsweise durch unser Essverhalten und Bewegungsmangel. Was man essen sollte und wie viel wovon: zu den wichtigsten Ernährungs-Facts.
Häufige Begleiterscheinungen sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselstörungen, Bluthochdruck und Diabetes. Auch das Risiko für Gallenblasenerkrankungen, Arthrose und Krebs ist erhöht. Adipositas hinterlässt aber auch in der Psyche Spuren: Oft leiden Betroffene unter mangelndem Selbstwert und schämen sich für ihren Körper. Sie geben sich selbst die Schuld, wenn sie es nicht schaffen, dauerhaft abzunehmen. Auch stigmatisiert die Gesellschaft adipöse Menschen, grenzt sie zum Teil aus und nimmt ihr Leiden nicht richtig ernst, indem sie den Betroffenen mangelnden Willen und Zügellosigkeit unterstellt.
«Die Behandlung der Adipositas besteht aus zwei Phasen», erklärt Dr. Köstler. In der ersten Phase geht es um die Gewichtsreduktion, in der zweiten darum, das neue Gewicht zu halten. Letzteres ist sehr anspruchsvoll, und es ist darum nicht verwunderlich, dass viele Betroffene in dieser Phase scheitern, auch wenn sie stark motiviert sind.
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Eine Gewichtsreduktion erreicht man in der Regel mit einer Veränderung des Lebensstils. In einem ersten Schritt wird in einer ernährungspsychologischen Beratung das Essverhalten der betroffenen Person unter die Lupe genommen. Es werden Fragen gestellt wie:
Ziel der Analyse ist es, die Kalorieneinnahme nutzbringend zu reduzieren. Gemäss Dr. Köstler ist dieser Ansatz vor allem bei übergewichtigen Patienten erfolgreich, weniger bei adipösen.
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«Leider gewöhnt sich der Körper relativ schnell an die neue, geringere Kalorienzufuhr und beginnt, den Grundumsatz zu senken, zum Teil um bis zu 25 Prozent», erklärt Dr. Köstler. Das heisst, wenn der Patient ruht oder schläft, verbrennt er weniger Kalorien als vor Beginn der Massnahmen. Um weiter abzunehmen, müssen Betroffene immer radikaler Diät halten, was verständlicherweise frustrierend ist. «Dieser Mechanismus des reduzierten Grundumsatzes ist verantwortlich dafür, dass viele Diäten bei adipösen Menschen scheitern, egal um welche Diät es sich handelt. Schlussendlich führen alle zum gleichen Effekt», gibt Dr. Köstler zu bedenken.
Bewegung ist ein wesentlicher Aspekt der Therapie, aber die praktische Umsetzung gestaltet sich oft schwierig. Häufig fehlt es den Patienten an Zeit, um regelmässig Sport zu treiben. Ausserdem ist es für einen Menschen mit 120 oder 140 Kilo Körpergewicht oft sehr mühsam sich zu bewegen. Die Betroffenen geraten dabei schnell in Schwitzen und kommen ausser Atem, Herz und Lungen werden belastet, ebenso die Gelenke. Schonende Sportarten, die sich für adipöse Menschen eignen, sind unter anderem Schwimmen, Wassergymnastik, Velofahren oder Gehen.
Die Abnehmspritze Ozempic ist in erster Linie für Menschen mit Diabetes geeignet; das Produkt Wegovy für Menschen mit Übergewicht. Mit beiden ist bei regelmässiger Einnahme über die Dauer von zwei Jahren ein Gewichtsverlust von zehn bis zwölf Prozent zu erreichen. Beim Absetzen des Medikaments legen allerdings fast alle Betroffenen wieder an Gewicht zu. «Für stark adipöse Menschen, also solche mit einem BMI von über 40, sind medikamentöse Therapien nicht die erste Wahl. Stattdessen empfiehlt sich eine ernährungspsychologische Betreuung in Kombination mit einem operativen Eingriff wie Magenverkleinerung oder Magenbypass», erklärt Dr. Köstler. «Diese bewirken fünf Jahre nach dem Eingriff einen Gewichtsverlust von knapp 30 Prozent bei einer Magenverkleinerung und von 35 Prozent bei einem Magenbypass.»