Verhüten ohne Hormone? Immer mehr junge Frauen sind pillenmüde. Es gibt Alternativen und natürliche Methoden. Eine Expertin klärt auf.
Natürlich verhüten heisst: Während der fruchtbaren Tage kein ungeschützter Geschlechtsverkehr. Eizellen leben lediglich 12 bis 18 Stunden, Spermien dagegen bis zu fünf Tagen. Eine Schwangerschaft kann demnach zwischen fünf Tagen vor dem Eisprung und einem Tag danach eintreten – maximal also während höchstens sieben Tagen des Zyklus.
Um die fruchtbaren Tage zu ermitteln, gibt es vier Hinweise:
Frage: Natürlich verhüten tönt sympathisch. Aber wie zuverlässig ist die Methode?
Bea Loosli*: Bei der zeitgemässen natürlichen Verhütung verlässt man sich nicht nur auf den Kalender, sondern ermittelt die fruchtbaren Tage anhand verschiedener Indizien wie etwa der Morgentemperatur und der Veränderung des Vaginalsekrets. Die Sicherheit hängt stark davon ab, wie konsequent ein Paar ist. Und es braucht grundlegende Kenntnisse über den Zyklus.
Während der fruchtbaren Tage haben viele Frauen am meisten Lust. Ausgerechnet dann liegt Sex nicht drin.
Stimmt nicht. Es darf dann einfach kein Sperma in die Vagina gelangen. Man kann aber ein Kondom benutzen oder mit anderen Praktiken kreativen, lustvollen Sex haben. Mit dem Zyklus zu gehen, statt gegen ihn anzukämpfen, kann das Sexualleben sogar bereichern und zu Gesprächen zwischen den Partnern anregen. Mit der Pille fehlt vielen Frauen die Lust ganz generell.
Wie ist die Akzeptanz bei den Männern?
Viele sind am Anfang skeptisch, weil sie die Methode kaum kennen. Sie fürchten sich vor einer ungewollten Vaterschaft und sind sich nicht gewohnt, dass ihre Partnerin nicht immer uneingeschränkt zur Verfügung steht. Doch die meisten Männer, die sich darauf einlassen, finden die Sache mit der Zeit spannend. Deshalb biete ich neben den Ladies Nights für Frauen nun auch Paarabende an.
Wie gross ist die Nachfrage nach Ihren Kursen?
Es läuft sehr gut. Denn viele Mädchen schlucken heute bereits ab der Pubertät die Pille – etwa weil die Eltern Angst vor einer Teenagerschwangerschaft haben oder wegen Menstruationsbeschwerden und Hautproblemen. So lernen sie ihren natürlichen Monatszyklus gar nie kennen. Nach einigen Jahren sind viele pillenmüde. Sie klagen über Nebenwirkungen wie Gewichtsprobleme, Übelkeit, Kopfschmerzen oder Stimmungsschwankungen. Nach dem Absetzen der Hormone braucht es etwas Geduld, bis sich wieder ein regelmässiger Zyklus einstellt. In dieser Phase sind die Frauen froh um Unterstützung.
*Zur Person: Bea Loosli gibt Kurse zur natürlichen Verhütung für Frauen und Paare. www.ladyplanet.ch
(Lesen Sie unten weiter …)
Immer mehr Frauen haben genug von der Verhütung mit Hormonen. Während 1992 noch 52 Prozent der Frauen die Pille nahmen, waren es im Jahr 2017 noch 31 Prozent. Dies geht aus den aktuellen Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) hervor. Am meisten wird in der Schweiz mit dem Kondom (41 Prozent) und der Pille (31 Prozent) verhütet. Diese Zahlen beziehen sich auf Frauen und Männer zusammen. Als dritthäufigste Methode geben die Frauen die Hormonspirale (12 Prozent) und die Männer die Sterilisation (15 Prozent) an. Während die Verwendung des Kondoms und der Pille mit dem Alter abnehmen, werden die Spirale und die Sterilisation mit steigendem Alter eingesetzt.
Das im Uterus eingesetzte Objekt hat eher die Form eines umgekehrten Ankers als einer Spirale. Es gibt grundsätzlich zwei Arten: Die Hormonspirale setzt Gestagene frei. Es handelt sich ebenfalls um eine hormonelle Verhütungsmethode. Anders bei der Kupferspirale oder -kette: Das Kupfer macht die Spermien befruchtungsunfähig. Zudem verändert die Spirale die Gebärmutterschleimhaut. Sollte es dennoch zur Befruchtung von Eizellen kommen, können sich diese nicht einnisten. Die Kupferspirale ist eine der sichersten Methoden, die nicht in den natürlichen Monatszyklus eingreift. Es kann allerdings zu stärkeren und schmerzhafteren Blutungen kommen.
Es handelt sich um eine Art Kunststoffkappe, die den Muttermund verschliesst und vor dem Geschlechtsverkehr in die Vagina eingeführt wird. Dies braucht etwas Übung. Zusätzlichen Schutz gewährleistet ein spermientötendes Gel. Nach dem sexuellen Kontakt muss das Diaphragma rund acht Stunden in der Scheide bleiben. Schwimmen und Baden sollte man während dieser Zeit unterlassen. Für eine gute Sicherheit sollte das Diaphragma individuell angepasst werden.
Die Unterbindung ist eine der wenigen Möglichkeiten, mit der Männer ihre Verantwortung übernehmen können. Denn trotz Forschung sind ihre Möglichkeiten bis heute begrenzt, Verhütung ist meist Frauensache. Im Vergleich zum Durchtrennen des Eileiters bei der Frau ist das Unterbrechen des Samenleiters beim Mann ein relativ harmloser Eingriff, der mit einem kleinen Schnitt am Hodensack erledigt ist. Die Massnahme ist zudem äusserst verlässlich und hat kaum unerwünschte Folgen. Sie kann allerdings meist nicht rückgängig gemacht werden. Man sollte sich deshalb gut überlegen, ob man sich tatsächlich keine Kinder mehr wünscht.
Der gute alte Gummi verhindert neben Schwangerschaften auch zuverlässig die Übertragung von Geschlechtskrankheiten. Bei nicht gefestigten sexuellen Beziehungen ist das Kondom deshalb nach wie vor unverzichtbar. Weniger geläufig ist die Version für die Frau. Sie hat den Vorteil, dass beim Einführen keine Erektion nötig ist und erlaubt Frauen, sich selbstständig vor sexuell übertragbaren Infektionen zu schützen. Paare, die natürlich verhüten, können Kondome zudem an fruchtbaren Tagen verwenden.
Die Pille und andere hormonhaltige Mittel haben den Vorteil, dass sie eine hohe Sicherheit gewährleisten und einfach anzuwenden sind. Unter ärztlicher Kontrolle sind schwerwiegende Komplikationen selten. Es steht eine Vielzahl verschiedener Präparate zur Verfügung. Die Kombination der weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Gestagen verhindert das Heranreifen der Eizelle, während reine Gestagen-Pillen das Eindringen von Spermien in die Gebärmutter erschweren. Anstatt über Tabletten kann man sich die Hormone auf verschiedene andere Arten zuführen: Ein Pflaster auf die Haut kleben, ein Stäbchen im Oberarm implantieren, einen Vaginalring einführen, eine Dreimonatsspritze verabreichen oder eine Hormonspirale einlegen lassen.
Zykluscomputer sind kleine Geräte, mit welchen Frauen ihre unfruchtbaren und fruchtbaren Tage errechnen können. Die Computer arbeiten je nach Modell nach verschiedenen Methoden. Geräte zur Temperaturmessung verwenden die morgens vor dem Aufstehen gemessene Temperatur. Die Messdaten werden im Gerät gespeichert und auf Grundlage der zwölf vorangegangenen Zyklen ausgewertet. Bei den Hormoncomputern wird der morgendliche Urin analyisert. Die Konzentration des Hormons LH (Luteinisierendes Hormon) und des Östrogens Estradiol geben Auskunft über den Zeitpunkt des Eisprungs. Weil die Gefahr von Anwendungsfehlern besteht, gelten diese Geräte allerdings als nicht sehr sicher. Am sichersten sind sogenannte symptothermalen Zykluscomputer. Sie messen neben der Temperatur noch ein weiteres Fruchtbarkeitsmerkmal, den Zervixschleim, was die Ergebnisse zu Eisprung und fruchtbarer Phase noch aussagekräftiger machen soll. Frauen, die in Sachen Verhütung auf Nummer sicher gehen wollen, empfehlen Fachleute zwei Verhütungsmethoden zu kombinieren.