Es trifft meistens Frauen. Doch auch Männer können Blasenentzündungen bekommen. Was man tun und lassen sollte, wie man vorbeugt und was gegen die schmerzhafte Erkrankung hilft.
Die Blasenentzündung gehört zu den häufigsten Infektionskrankheiten bei Frauen. Mindestens jede zweite leidet einmal im Leben daran. Bei vielen tritt das Problem immer wieder auf – man spricht dann von chronischer oder medizinisch rezidivierender Blasenentzündung.
Männer trifft die Erkrankung auch, aber viel weniger häufig. Der Grund liegt in der Anatomie: Die Harnröhre der Männer ist zwischen 20 und 25 cm lang. Krankheitskeime haben es da viel schwerer, in die Blase zu gelangen als bei Frauen, bei denen die Harnröhre nur zwischen 3 bis 5 cm misst.
«Ab 50 Jahren steigt jedoch auch bei Männern das Risiko, ab etwa 60 Jahren sind sie dann fast so häufig von Blasenentzündungen betroffen wie Frauen», sagt Camilla Mehrkens, Dipl. Fachärztin für Allgemeinmedizin bei Medbase Basel St. Elisabethen. Schuld daran ist meist eine vergrösserte Prostata. Diese verhindert, dass Keime zügig aus der Blase ausgespült werden.
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Typisch ist ein ständiger Harndrang, der zu häufigem Wasserlösen führt. «Die Urinmenge ist dabei aber oft nur gering. Während und nach dem Wasserlösen tritt ein brennender Schmerz auf», erklärt Camilla Mehrkens. Auch ein Stechen in der Blase und Unterleibsschmerzen können sich bemerkbar machen.
Achtung: Treten gleichzeitig Fieber, Flankenschmerzen, Schüttelfrost, Übelkeit und ein starkes Krankheitsgefühl auf, sind das Warnzeichen einer Nierenbeckenentzündung. Dann muss umgehend ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden!
«Nach der Menopause sinkt bei Frauen der Spiegel des weiblichen Geschlechtshormons Östrogen. Dadurch kann die Schleimhaut dünn und trocken werden, was Harnwegsinfekte begünstigt», sagt Camilla Mehrkens. Eine lokale Östrogenbehandlung könne bei grossem Leidensdruck helfen. Auch hier empfiehlt es sich, die Vaginalschleimhaut sowie die Haut im Intimbereich gut zu pflegen.
Eine Studie hat zudem gezeigt, dass sich bei Frauen in der Prämenopause, also in der Zeit vor der Menopause, die Anzahl Blasenentzündungen halbieren lässt, wenn diese dreimal täglich 0,5 Liter Mineralwasser konsumieren – zusätzlich zu ihren regulären Getränken.
70 bis 90 Prozent aller Blasenentzündung, medizinisch Zystitis genannt, werden gemäss dem Deutschen Institut für Mikroökologie von E.-coli-Bakterien verursacht. Das sind Bakterien aus dem Darm, die sich in die Blase verirren. Sie verfügen über kleine «Ärmchen» (Pili genannt), mit denen sie die Harnröhren entlangklettern, um sich schliesslich in der Blasenwand einzunisten, wo sie eine Entzündungsreaktion hervorrufen.
«In unserem Darm leben Milliarden von Mikroben, die bei der Verdauung helfen. Dass einige davon auch den Weg in die Harnblase finden, ist fast unvermeidlich», meint Camilla Mehrkens.
Die häufigsten Gründe für den Irrweg sind:
Zu den Faktoren, die Blasenentzündungen begünstigen, zählen zudem Stress und Unterkühlung, zum Beispiel durch kalte Sitzflächen.
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Gerade bei Frischverliebten, die sexuell sehr aktiv sind, sind Blasenentzündungen häufig anzutreffen. Daher wird diese Form auch Honeymoon-Zystitis, also Flitterwochen-Blasenentzündung, oder Honeymoon Bladder, übersetzt Flitterwochenblase, genannt. Auch sonst kann Sex die Entstehung von Blasenentzündungen begünstigen. Dafür gibt es mehrere Gründe:
Wie erwähnt: Bakterien mögen es feucht und warm. «Es ist deshalb ratsam, gleich nach dem Baden das nasse Badezeug aus- und trockene, luftige Kleidung anzuziehen», rät Camilla Mehrkens. Das beugt der Vermehrung der Krankheitserreger und damit einer Blasenentzündung vor. Durch den Kleidungswechsel wird zudem verhindert, dass der Unterleib abkühlt. Etwas, das der Blase ebenfalls nicht gut bekommt.
Chlorwasser kann zudem die Schleimhaut in der Vagina angreifen und deren Abwehr beeinträchtigen. Auch dann haben Bakterien – oder auch Pilze – leichtes Spiel. Schutz bieten kann ein Tampon, der nach dem Schwimmen aber sofort entfernt oder ausgetauscht werden sollte. Noch besser schützt eine Menstruationstasse, da diese sich nicht mit Wasser vollsaugt. Voraussetzung ist, dass sie richtig sitzt (lasse dich in einer Apotheke beraten).
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Eine Studie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) sowie der Universitäten Bremen und Hamburg, die im «British Medical Journal» veröffentlicht wurde, hat gezeigt, dass Schmerzmittel eine sinnvolle Alternative zu Antibiotika sein können.
500 Frauen mit typischen Anzeichen eines Harnwegsinfekts wurden nach dem Zufallsprinzip jeweils über drei Tage hinweg entweder mit einem Antibiotikum oder mit einem rezeptfreien Schmerzmittel behandelt. Resultat: Patientinnen, die ihre Therapie mit Schmerzmitteln begonnen hatten, benötigten 67 Prozent weniger Antibiotika als die Frauen in der Vergleichsgruppe. Allerdings hatten diese Frauen etwas stärkere Beschwerden, und diese dauerten im Schnitt auch einen Tag länger als bei den mit Antibiotika behandelten Patientinnen. Bei einer insgesamt niedrigen Komplikationsrate traten in der Schmerzmittel-Gruppe zudem fünf Fälle von Nierenbeckenentzündungen mehr auf, die aber alle ambulant behandelt werden konnten.
Früher wurde bei Blasenentzündungen häufig Antibiotika verschrieben. Auch aus Angst, es könnte sich eine Nierenbeckenentzündung entwickeln. Bei dieser wandern die Bakterien von der Blase in die Harnleiter und schliesslich in die Nieren weiter. Unbehandelt kann sie lebensgefährlich werden.
«Heute werden Antibiotika bei Blasenentzündungen viel seltener eingesetzt. Denn es ist erwiesen, dass sich die Beschwerden mit viel Trinken, Wärme und Ibuprofen genauso gut behandeln lassen», sagt Camilla Mehrkens. Weder gebe es dadurch mehr Komplikationen, noch sei die Gefahr einer Nierenbeckenentzündung gesteigert, betont sie. Erst wenn nach zwei bis drei Tagen keine Besserung eintritt, könnten Antibiotika angezeigt sein.
Werden wiederholt Antibiotika eingenommen, können sich Resistenzen bilden. Das heisst, die Arzneien wirken nicht mehr gut. Aus diesem Grund wird versucht, die Einnahme von Antibiotika aufs Nötigste zu beschränken.
Wichtig: Nimm Antibiotika immer den Anweisungen entsprechend ein. Breche die Therapie niemals eigenmächtig ab, das fördert die Bildung von Resistenzen.
Grundsätzlich gilt: Gesunde junge Menschen sollten bei Anzeichen einer Blasenentzündung viel trinken, zum Beispiel Wasser oder Nieren-Blasen-Tee. Das hilft, die Bakterien aus der Blase auszuschwemmen.
Die Unterbauchschmerzen lassen sich mit einer Wärmeflasche oder einem warmen Traubenkernkissen lindern. Wenn nötig, kann man auch ein rezeptfrei erhältliche Medikamente wie Ibuprofen oder Paracetamol einnehmen. Ausserdem empfiehlt es sich, sich gut auszuruhen.
Tritt innerhalb von zwei Tagen keine Besserung ein oder treten Warnzeichen für eine Nierenbeckenentzündung auf (wie oben bereits erwähnt Fieber, Schüttelfrost, Flankenschmerzen, Übelkeit, starkes Krankheitsgefühl), sollte schnellstmöglich ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden.
«Schwangere Frauen, Männer und Menschen mit Immunschwäche oder Diabetes haben ein höheres Risiko, dass sich aus einer Blasenentzündung eine Nierenbeckenentzündung entwickelt. Sie sollten daher sofort zum Arzt gehen», betont Camilla Mehrkens zudem.
Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist das A und O. «Trinken Sie zwei bis drei Liter Wasser oder ungesüssten Kräutertee pro Tag», sagt Camilla Mehrkens. «Ob die Menge ausreicht, sieht man bei gesunden Menschen an der Farbe des Urins: Ist er hell, stimmt die Flüssigkeitszufuhr.»
Das häufige Wasserlösen hilft in der Folge dabei, allfällige Krankheitserreger auszuschwemmen, was Blasenentzündungen vorbeugt. Die Blase sollte dabei stets vollständig geleert werden.
Auch nach dem Sex empfiehlt es sich, die Toilette aufsuchen. Mehrkens: «Es muss nicht sofort sein, aber innerhalb von 15 Minuten nach dem Geschlechtsverkehr ist sinnvoll.»
Weiter hilfreiche Mittel, die zur Prophylaxe eingesetzt werden können:
Was entgegen der landläufigen Meinung nichts bringt, sind gemäss Camilla Mehrkens Preiselbeersaft oder Tabletten mit Preiselbeerextrakt. «Das ist inzwischen wissenschaftlich belegt.»
Dafür hat die Expertin noch einen nützlichen Tipp für Frauen auf Lager, die gerne baden gehen: «Mehrmaliges Husten nach dem Schwimmen kann Blasenentzündungen vorbeugen. Es übt Druck auf den Beckenboden aus, durch den etwaiges Badewasser aus der Scheide gepresst wird. Dies entzieht den Bakterien eine feuchte Nische, in der sie sich vermehren können.»