Eine neue Gesundheitsstudie zeigt, wie es um das Essverhalten der Schweizer Bevölkerung steht. Fazit: Wir konsumieren zu wenig Früchte und Gemüse, zu viel Süsses – und nehmen unser Znacht zu oft vor dem TV ein. Eine Expertin sagt, wie wirs besser machen.
Wie gesund is(s)t die Schweiz? Im Rahmen einer grossen, repräsentativen Gesundheitsbefragung wollte die Migros wissen, wie sich die Bevölkerung unseres Landes in Sachen Ernährung, Bewegung und Wohlbefinden schlägt. Lesen Sie in Teil 1, wie es um den generellen Lebensstil von Herr und Frau Schweizer bestellt ist.
Beim Bereich Ernährung kann vorweggenommen werden: Es ist noch Luft nach oben. Das zeigen die ehrlichen Aussagen von Herr und Frau Schweizer, die das Forschungsinstitut Sotomo mit seiner Methodik erreichte, nach den gegessenen Speisen des Vortags zu fragen. Dies verhinderte, dass idealisierte Antworten über das generelle Essverhalten gegeben werden.
Und das Resultat zeigt, wo sich Herr und Frau Schweizer besonders schwertun. Zum Beispiel bei Früchten und Gemüse. Zwar geben ganze 78 Prozent der Befragten an, am Vortag Früchte und Gemüse gegessen zu haben. Doch nur rund 48 Prozent haben beim Gemüse die von Experten vorgegebenen drei Portionen täglich zu sich genommen. Bei den Früchten hat sogar nur ein Drittel der Befragten die empfohlenen zwei Portionen erreicht. Generell schwer haben es im Speiseplan der Schweizerinnen und Schweizer ungesalzene Nüsse und Samen. Nicht mal ein Drittel ass welche, nur rund ein Fünftel hält sich auch an die empfohlene Handvoll pro Tag.
Etwas öfter auf den Teller schaffen es Milchprodukte – bei 71 Prozent der Befragten. Bei den Kohlenhydraten halten sich raffinierte Getreideprodukte und die wertvolleren Vollkornprodukte mit je rund 40 Prozent in etwa die Waage. Rotes Fleisch, Wurstwaren oder Aufschnitt verzehrten 35 Prozent der Befragten – bei Salami und Co. greifen besonders Männer recht herzhaft zu, wie die Grafik oben veranschaulicht. Zu sehen ist darauf auch, dass besonders ältere Männer mehr Alkohol trinken als andere und junge Männer auf Süssgetränke stehen. Junge Frauen wiederum verzehren viel Weissmehlprodukte und setzen stark auf Fleisch- und Milchalternativen. Ältere Frauen ernähren sich von allen Bevölkerungsteilen am gesündesten: Je älter sie werden, desto mehr Gemüse und Früchte landen auf ihrem Teller.
Zu den häufig konsumierten Lebensmitteln gehören natürlich auch Süssigkeiten: Rund 40 Prozent der Befragten gaben an, am Vortag Süsses gegessen zu haben, bei zwei Dritteln davon war es gar eine grosse Menge – also zum Beispiel eine ganze Cremeschnitte statt nur ein kleines Stückchen Schokolade.
Die detaillierten Ergebnisse zu den drei Bereichen Ernährung, Bewegung und Wohlbefinden lesen Sie in den Teil 3 und Teil 4 unserer Serie:
Immerhin: Viele der Umfrageteilnehmer sind willens, ihre Essgewohnheiten zu verbessern. Weniger Süsses zu essen, ist mit 57 Prozent der Top-Vorsatz (siehe Grafik oben). Doch der fällt gleichzeitig schwer. Von den Befragten, die ihren Zuckerkonsum reduzieren möchten, hat mehr als die Hälfte Mühe mit der Umsetzung. Was kann helfen? Pia Teichmann arbeitet als Ernährungsberaterin für iMpuls. Sie sagt: «Wichtig ist auch, herauszufinden, warum man so viel Süsses isst. Aus Frust, wegen Stress? Und wie sieht ansonsten die Ernährung aus, ist sie ausgewogen?» Anzumerken ist hier, dass Süsses ja nicht grundsätzlich «verboten» ist aus ernährungstechnischer Sicht, aber einfach in kleinen Mengen konsumiert werden sollte. Die Expertin rät, Süsses wenn schon dann direkt nach einer Hauptmahlzeit zu essen. «So behält man später einen konstanteren Insulinspiegel.» Helfen könne auch, schlicht weniger einzukaufen bzw. zu Hause zu haben. Oder dann nur kleine Portionen statt ganze Schoggitafeln in den Einkaufskorb zu legen, um nicht dem Naschen im grossen Stil zu verfallen.
Motivieren zum Masshalten kann auch, sich vor Augen zu führen, wie viel es fürs Abtrainieren einer Süssigkeit braucht – was zum Beispiel die unten stehende Klickgrafik verdeutlicht. Wie schwierig das für viele zu beurteilen ist, zeigte sich in der Gesundheitsumfrage. Dort sollten die befragten Frauen und Männer schätzen, wie lange es geht, bis man die 450 Kalorien eines Nussgipfels wieder los ist. Die Frauen schätzten diese Zeitdauer auf 68 Minuten ein, die Männer auf 59 Minuten. In Tat und Wahrheit brauchen Frauen aber 82 Minuten und Männer 63 Minuten. Süssigkeiten haben also eine grössere Auswirkung, als viele von uns sich vorstellen mögen.
Ein weiteres grosses Ernährungsziel (für rund ein Drittel der Befragten): Mass halten, sprich: Wie schafft man es, weniger zu schöpfen? Zentral ist hier laut Expertin Pia Teichmann das Thema Achtsamkeit beim Essen. «Essen Sie langsam, kauen Sie gut. Die Verdauung beginnt schon im Mund!» Zudem gilt es, darauf zu achten, wann man satt ist. «Schöpfen Sie zunächst kleine Mengen und überlegen danach, obs wirklich noch mehr braucht.» Manchmal reiche es schon, eine kleine Pause einzulegen. «Gegebenenfalls stellt sich die Sättigung dann automatisch ein.»
Erkannt haben auch sehr viele (54 Prozent), dass sie mehr Gemüse und Früchte essen sollten. Wie gelingt die Umsetzung der empfohlenen «5 am Tag»? Expertin Pia Teichmann rät, hier etwas über den Tellerrand hinauszuschauen, mit Früchten und Gemüsen kreativ zu sein – zum Beispiel, indem man eher unbekannte Gemüse ausprobiert oder Früchte auch mal grilliert. «Und, als spielerische Variante: Warum nicht mal ein Gebäck mit Gemüse backen?», so Teichmann. Sie empfiehlt, Gemüse strikt zu jeder Mahlzeit einzuplanen – iMpuls-Rezepte können hier helfen, sie enthalten generell viel Gemüse. Wer zudem die folgenden fünf Ratschläge befolgt, hat schon einiges erreicht:
Was in der Umfrage positiv auffällt: Die überwiegende Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer kocht die drei Hauptmahlzeiten selber, Zmorge und Zmittag zu rund 70 Prozent, das Znacht gar zu 86 Prozent. Inspiration für eine gesündere Ernährung liefern zum Beispiel Rezept-Websites oder Kochbücher. Alles in allem mit Erfolg: Ein sehr grosser Teil (81 Prozent) der Befragten ist der Meinung, dass selber Kochen bereits viel zu einem gesünderen Essverhalten beigetragen hat.
Doch trotz des regelmässigen Kochlöffelschwingens: Eine Mahlzeit des Tages lässt nicht weniger als ein knappes Viertel der Befragten ganz aus: das Frühstück. Wie gesund ist das? Es sei zumindest nicht per se ungesund, sagt Ernährungsberaterin Pia Teichmann dazu. «Je nachdem, wie man es möchte und verträgt; einige mögen kein Frühstück, haben keinen Appetit oder ihnen wird schlecht; dann sollten sie sich nicht dazu zwingen. Auf sich hören ist wichtig.» Dennoch komme dem Zmorge eine wichtige Bedeutung zu: Es kann Power für den Tag geben. Hat man wirklich genug Energie, wenn man nichts isst? Wichtig sei hier, sich selbst zu beobachten: «Bekomme ich im Verlauf des Tages Heisshunger, wenn ich nicht frühstücke? Oder esse ich dann viel zwischendurch und viel Süsses?» Dann sei es besser, den Zmorge im Menüplan einzubauen und sich dafür auch bewusst Zeit zu nehmen – am besten direkt mit der ersten Portion Früchte. Ideen für einen abwechslungsreichen Zmorge finden Sie hier.
Abstriche gibt es aber auch beim Verzehr von Zmittag und Znacht, wie die Studie zeigt. Beziehungsweise dem Ort des Verzehrs: So gibt knapp die Hälfte der Befragten an, ihre Hauptmahlzeiten nicht immer am Tisch zu sich zu nehmen – besonders häufig handhaben das die 25- bis 44-Jährigen so. Beliebte Orte sind etwa der Fernseher (besonders Frauen) oder der Computer (besonders Männer). Suboptimal, wie Ernährungsfachfrau Pia Teichmann findet. «Zu viel Ablenkung stört die Selbstwahrnehmung. Es besteht die Gefahr, dass man nicht merkt, dass man überhaupt isst und wann man satt ist», sagt sie. Besser sei, sich bewusst genug Zeit und Ruhe für die Mahlzeiten zu nehmen, und auch schon fürs Einkaufen und Kochen. «Wie wärs, mehr zusammen mit Freunden und Familie zu essen? Einen gemeinsamen Kochabend pro Woche einzuplanen?» Hilfreich sei auch, erst mal einen festen Tag pro Woche ganz ohne Handy und TV einzuplanen – und dann langsam zu steigern.
Mehr Früchte und Gemüse auf dem Teller, weniger Süsses im Kühlschrank, achtsamer statt abgelenkt essen: Beim Umsetzen der guten Vorsätze in Sachen Ernährung können uns auch die Personal Health Coaches von SalutaCoach unterstützen. Sie sorgen dafür, dass Verhaltensänderungen beim Lebensstil nicht nur erreicht werden, sondern danach auch nachhaltig im Alltag verankert werden können.