Kinderärzte und Notfallstationen sind oft überlastet. Viele Eltern sind zu schnell verängstigt, wenn das Kind verschnupft ist.
Kinder haben schnell hohes Fieber. Erhöhte Körpertemperatur allein ist keine Krankheit, sondern ein Symptom. Es zeigt an, dass der Körper mit der Abwehr von Viren oder Bakterien beschäftigt ist und deswegen einen Gang höher schaltet. Wegen Fieber allein ist ein Arztbesuch meist nicht sofort nötig. Man kann versuchen, die Temperatur mit kühlen Beinwickeln oder Medikamenten zu senken. Grössere Besorgnis ist gerechtfertigt, wenn:
In den ersten zwei Lebensmonaten sollte man mit einem kranken oder fiebrigen Kind noch am gleichen Tag zum Arzt. Später kann man gut zwei bis drei Tage warten, wenn keine schweren Krankheitszeichen vorliegen.
Hilfe, das Kind ist krank! Wenn der Nachwuchs hustet oder Fieber hat, gehen viele Eltern fast reflexartig zum Arzt. Nachts oder am Wochenende, wenn die Kinder- oder Hausarztpraxis geschlossen ist, suchen manche sogar auf der Notfallstation des Spitals Rat.
Doch dies wäre längst nicht immer nötig, sagt Roland Kägi, Leiter der Praxis Kinderärzte am Rigiplatz in Zürich. «In den ersten zwei Tagen findet man häufig gar nicht heraus, weshalb das Kind Fieber hat», sagt der erfahrene Kinderarzt. Und oft seien die Krankheitszeichen spätestens am dritten Tag sowieso ganz von alleine wieder verschwunden.
Viele Eltern seien heutzutage schnell verunsichert, stellt Kägi fest. Dazu trage das Internet bei: Beim Googeln stosse man schnell auf schlimme Diagnosen. Zudem seien einige Eltern kaum mehr vertraut mit den gängigen Kinderkrankheiten wie etwa Windpocken – auch Wilde Blattern genannt. Fast jedes Kind erwischt den juckenden Hautausschlag irgendwann und ist danach für den Rest des Lebens immun.
Je früher im Leben man die Krankheit durchmacht, desto harmloser verläuft sie. Eine Therapie gibt es nicht, ausser den Juckreiz mit einer Salbe oder einem Puder zu lindern. Deshalb möchte Kägi Kinder mit Windpocken auch nicht in seiner Praxis sehen. «Andere Eltern reagieren panisch, wenn ein Kind mit roten Bläschen im Wartezimmer sitzt.»
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Eine gute Sache findet Kägi die immer mehr verbreiteten telefonischen Beratungsangebote. Er selber leistet regelmässig Notfalldienst am kostenlosen Ärztefon, das der Kanton Zürich eingerichtet hat. Auch andere Kantone und diverse Krankenkassen betreiben entsprechende Dienste. «Bei vielen Anrufen handelt es sich um Bagatellen», macht Kägi die Erfahrung.
Manchmal gelinge es ihm, die Eltern zu beruhigen und unnötige Besuche auf der Notfallstation zu vermeiden. Doch die meisten seien fast nicht von einer Konsultation abzubringen. Für die Notfallstationen und Arztpraxen ist dies ein Problem: Wenn sie überrannt werden von Patienten ohne schwere Krankheit, fehlen ihnen manchmal die Kapazitäten für richtige Notfälle. Zudem verursachen unnötige Arztbesuche hohe Kosten.
Eine gute Anlaufstelle sind bei Kleinigkeiten oft auch die Apotheken. Sie bieten bei kleineren Beschwerden wie etwa Hautrötungen oder Augenentzündungen eine Beratung an und können direkt die nötigen Heilmittel abgeben. Einige Apotheken arbeiten sogar mit Ärzten zusammen, die Gesundheitsprobleme über eine Videoschaltung diagnostizieren und Behandlungsempfehlungen abgeben. Klingen die Probleme nach ein paar Tagen nicht ab, ist aber dennoch ein direkter Arztbesuch angezeigt.