Unser Autor räumt mal wieder mit Vorurteilen auf – in der Klangschalenmassage.
Zugegeben, ich war nicht euphorisch, als mir die iMpuls-Redaktion auftrug, Erfahrungen zum Thema Klangschalenmassage zu sammeln. Unter uns? Ich vermutete ein Komplott, weil ich mich unlängst über das exotisch breite Spektrum an Massageformen an meinem Wohnort amüsiert hatte. Den schicken wir in die Klangschalenmassage!, dürften sie sich quer durch die Redaktionsstube zugerufen haben. Und auf Weihnachten schenken wir ihm eine Shakuhachi-Flöte! Das wird ein Spass!
Nun denn. Ich googelte mich durch die verschiedenen Klangschalen-Angebote der Zentralschweiz und entschied, einem Herrn namens Allan Harry einen Besuch abzustatten. Er führt in Luzern eine «Praxis für Klangarbeit» und machte einen angenehm unaufgeregten Eindruck auf mich. Mir gefiel, dass er über die Musik zu den Klangschalen gefunden hatte, nicht über die Esoterik, die Astrologie oder über eine Pauschalreise nach Tibet. Ich buchte eine 45-minütige Kennenlern-Klangmassage und schickte mich an, den Klangmenschen in mir zu entdecken.
Die Massage begann stehend, in einer Klangschale aus Metall. Der Masseur schlug die Schale an, während ich mich auf ein grosses Bild an der Wand konzentrierte (und gleichzeitig versuchte, nicht das Gleichgewicht zu verlieren). Die Schwingungen waren angenehm in den Beinen zu spüren, je nach Durchlässigkeit sollen Töne sogar im Oberkörper oder im Kopf zu hören sein. Obwohl meine Durchlässigkeit direkt unterhalb der Kniegelenke zu enden schien, war ich vom Auftakt angenehm überrascht. Und es sollte noch besser werden. (Fortsetzung weiter unten...)
Als Nächstes legte ich mich während rund 25 Minuten mit dem Gesicht nach unten auf einen rechteckigen Futon, während der Masseur auf leisen Sohlen um mich herumschlich und verschiedene Klangschalen anschlug, die auf oder neben meinem Körper platziert waren. Ein ungewohntes, atmosphärisches und doch irgendwie seltsam vertrautes Erlebnis. Angeblich sollen die Klänge an Erfahrungen aus dem Mutterbauch erinnern, und weil es sich um Obertöne handelt, nimmt man sie fast beiläufig wahr, nicht unbedingt als Ton, sondern eher als Geräusch, als Schwingung oder als Gefühl.
Entspannungsfaktor: 4
Aufwand/Ertrag: 2
Suchtpotenzial: 3
Skala von 1 bis 5
Der Entspannung abträglich war einzig meine erkältungsbedingt laufende Nase, welche die Theorie, wonach die Klangmassage die Flüssigkeit in allen Zellen unseres zu 70 Prozent aus Wasser bestehenden Körpers in Bewegung versetzt, eindrücklich in die Praxis übersetzte. Jedenfalls war ich froh, für den zweiten Teil der Massage auf den Rücken wechseln zu können. Ich legte mich zögerlich auf eine fragil wirkende, hölzerne Klangliege, und war froh, dass in Herrn Harrys Stimme keinerlei Boshaftigkeit zu erkennen war, als er mich mit dem Hinweis beruhigte, die Liege könne 300 Kilo aushalten. Das sollte knapp reichen.
Während ich mich auf dem Rücken entspannte, zupfte der Masseur auf der Unterseite der Liege, die gleichzeitig als Resonanzkörper diente, an 60 meist auf den gleichen Ton gestimmten Saiten, was einen surrenden, zwirbelnden Klangteppich produzierte, auf dem ich zu schweben schien. Ich könnte nicht behaupten, es hätten sich Zellen in meinem Körper neu angeordnet, Verspannungen gelöst oder Durchblutungsstörungen behoben, aber die Schwingungen gingen auf äusserst angenehme Weise durch Mark und Bein und lösten eine tiefe Entspannung aus, wie ich sie auf dieser harten Liege mit Hirsekissen nicht für möglich gehalten hätte.
Ich war leise enttäuscht, als der Masseur nach 45 Minuten eine helle Zimbel schlug und mir so signalisierte, dass die Klangmassage nun beendet sei. So viel war in dieser Dreiviertelstunde passiert: Ich war geschwebt und abgetaucht, hatte vibriert, geklungen und gespürt – und nebenbei mit ein paar Vorurteilen aufgeräumt.