WhatsApp, Telegram, Signal, Threema oder Facebook und Instagram: Über Messenger-Dienste erhalten wir immer mehr Nachrichten. Was tun gegen den Chat-Stress?
Ja. Messenger-Dienste ermöglichen Kommunikation zwischen den Menschen – weltweit und rund um die Uhr. «Dadurch sind wir heute 24 Stunden erreichbar. Das belastet unser Nervensystem und kann zu Stress führen», erklärt Anna Miller, Buchautorin und Expertin für digitale Achtsamkeit. Das Problem dabei sei aber nicht nur die Technik, sondern die eigenen sozialen Grenzen. Denn hinter jeder Chat-Nachricht steht ein echter Mensch, den man nicht enttäuschen oder beleidigen will. Zudem fehlen bei geschriebenen Nachrichten zum Interpretieren wichtige Infos wie Mimik oder Körperhaltung. «Dadurch wird es schwieriger, einzuschätzen, wie eine Nachricht gemeint ist. Das löst Unsicherheiten, manchmal auch Ängste aus.»
Tempo rausnehmen: Wer weniger schreibt, bekommt irgendwann auch weniger Nachrichten. Auch solltest du alle Informationen und Fragen in eine Nachricht packen, statt nacheinander mehrere Postings zu verfassen. «Es lohnt sich, nur wichtige Infos auszutauschen. Verliert sich die Diskussion in einer inhaltslosen Plauderei, sollte man besser ein Treffen oder ein Telefonat anbieten», sagt Anna Miller. Vom echten Gespräch profitieren beide Parteien dann am meisten.
Absolut. Ist etwas dringend, greifen die meisten Menschen eher zum Telefon und rufen an. Fühlst du dich nicht wohl, wenn du Nachrichten stunden- oder tagelang unbeantwortet lässt, kannst du dir mit einem «Ich melde mich später» Zeit verschaffen. «Es ist auch okay, wenn manche Gespräche nicht weitergeführt werden», erklärt Anna Miller. Oft gehe in der digitalen Welt nämlich vergessen, dass gewisse Bekanntschaften nicht für immer halten müssen.
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Guten Freunden teilst du das am besten in einem persönlichen Gespräch mit, und ihr stellt zusammen ein paar Regeln auf. So wissen sie, dass sie dir weiterhin Sprachnachrichten schicken können, sie können aber nicht damit rechnen, dass du diese sofort abhörst. Bei Personen, die du weniger gut kennst, lohnt sich eine nette Rückmeldung, wie «Danke für die Nachricht, ich habe gerade keine Zeit, höre mir das aber gern später an, schreib mir doch das nächste Mal». Du kannst den Leuten auch zusätzlich ein Telefonat anbieten. «So wird klar, dass man ungern Sprachnachrichten hat, aber trotzdem an einer Interaktion interessiert ist», sagt Anna Miller.
Auf vielen Messenger-Diensten wird dem Gegenüber nicht nur angezeigt, ob die Nachricht verschickt wurde, sondern auch, ob sie angeklickt wurde. Die Nachricht wird dann als «gelesen» gekennzeichnet. Das Wissen, dass Postings so angezeigt werden, man aber nicht gleich antwortet, kann den Stress bei der Empfängerin oder dem Empfänger erhöhen, bestätigt Mediensoziologe Hanno Scholtz. Es könne sich also lohnen, die Funktion zu deaktivieren. «Gewisse Personen fühlen sich aber auch vor den Kopf gestossen, wenn ihre Nachrichten nicht mehr als gelesen angezeigt werden», so Scholtz.
So viele, wie du willst. «Freundschaften beruhen auf Gegenseitigkeit, nicht nur eine Person ist verantwortlich dafür, dass der Kontakt aufrechterhalten bleibt», so Anna Miller. Du musst also nicht unbedingt einen neuen Messenger für deine Freunde installieren, sie können dir auch per SMS schreiben oder dich anrufen.
Am besten entscheidest du dich für die aktive Nutzung des Messengers, den du am meisten einsetzt. Alle anderen kannst du dann stummschalten. Hanno Scholtz rät: «Im Status oder im Kurzbeschrieb dieser Dienste sollte man einfügen, dass Nachrichten nur sporadisch gelesen werden.» So macht man klar, dass auf gewissen Kanälen lange keine Rückmeldung kommt.