Welche Formen vegetarischer Ernährung gibt es? Ist eine vegetarische Ernährung gesund? Worauf ist bei einer Umstellung zu achten? Erfahre alles Wissenswerte zur fleischlosen Lebensweise.
Essen Vegetarier Fisch und Eier? Das kommt drauf an, nach welcher der vier verschiedenen Formen des Vegetarismus sie sich ernähren. Daneben gibt es noch einige Spezialformen.
Die Motive für eine vegetarische Ernährung sind unterschiedlich. In einer Studie, die Demoscope 2017 im Auftrag von Swissveg zur vegetarischen Ernährung durchgeführt hat, wurden als Hauptgründe von 78 Prozent der Befragten das Tierwohl angegeben. Weitere Gründe waren Ethik (60%), ökologische Gründe (58%), Beitrag zur Welternährung (40%) sowie die eigene Gesundheit (35%).
In der folgenden Tabelle sind die verschiedenen Gründe für eine vegetarische Lebensweise zusammengefasst. (Quelle: Leitzmann / Keller 2013)
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Laut einer vom Swissveg bei Demoscope in Auftrag gegebenen Umfrage von 2017 ernähren sich 14 Prozent der Schweizer vegetarisch, davon drei Prozent vegan. Dazu kommen 17 Prozent Flexitarier. «Insgesamt achtet etwa ein Drittel der Bevölkerung bewusst auf eine fleischfreie oder -arme Ernährung», kommentieren die Interessenvertreter der in der Schweiz lebenden Vegetarier und Veganer. Zählt man nur diejenigen Menschen zu den Vegetariern, die konsequent und ohne Ausnahme auf Fleisch verzichten, kommt man auf 1,5 Prozent Veganer und 6,8 Prozent Vegetarier. 8,4 Prozent der Schweizer Bevölkerung konsumiert nie Fleisch oder Fisch. Mit 672'000 Menschen entspricht das beinahe der Einwohnerzahl der Kantone Genf und Graubünden.
Der Vegetarismus hat eine lange Geschichte. Als erster grosser Vegetarier galt Pythagoras. Als Mitglied der Orphiker-Bewegung war er überzeugt, dass «alles, was der Mensch den Tieren antut, auf den Menschen zurückkommt.» Die Belege für den Fleischverzicht, aus religiös-philosophischen Motiven gehen circa auf 600 v. Chr. zurück. Die Orphiker glaubten an die Wanderung und Wiedergeburt der Seele in menschlichen und tierischen Körpern nach dem Tod. Erlösung davon versprachen sie sich durch Askese und Reinigung, was unter anderem das Meiden von Fleisch, Eier und Wolle beinhaltete.
1874 wurde in England der erste englische Vegetarier-Verein (Vegetarian Society of the United Kingdom) gegründet. Damit hielt der Begriff Vegetarismus in Europa Einzug.
Für gesunde Erwachsene wird die ovo-lacto-vegetabile Ernährungsweise (inkl. Ei und Milch) von der schweizerischen Gesellschaft (SGE) als bedarfsdeckende Ernährung eingestuft. Es müssen, wie bei der Mischkost (Verzehr von Fleisch und Fisch) auch, die allgemein geltenden Empfehlungen für eine gesunde Ernährung beachtet werden.
Es gibt diverse Studien, die zeigen, dass Vegetarier gegenüber Omnivoren (essen Fleisch/ Fisch) gesundheitliche Vorteile haben. Weniger Vegetarier sterben demnach frühzeitig an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zudem weisen sie oft tiefere Blutdruckwerte und Normalgewicht auf. Diese gesundheitlichen Aspekte sind jedoch nicht ausschliesslich auf den Fleischverzicht zurückzuführen. Aus vielen Befragungen geht hervor, dass Vegetarier mehr Sport treiben, weniger rauchen und seltener Alkohol trinken als Omnivoren. (Fortsetzung weiter unten ...)
Gewisse Nährstoffe werden von Nicht-Vegetariern hauptsächlich über tierische Lebensmittel aufgenommen. Folgende Nährstoffe sind in tierischen Produkten zu grösseren Teilen vorhanden: Protein, Vitamin B12, Vitamin D, Zink, Eisen, Calcium und Omega-3-Fettsäuren. Je nachdem, welche Lebensmittel alle weggelassen werden, ist die Versorgung mit wichtigen Nährstoffen schwieriger.
Bei Ovo-Lacto-Vegetariern kann der Bedarf dieser Nährstoffe gut durch pflanzliche Lebensmittel, Milch, Milchprodukte und Eier gedeckt werden, mit Ausnahme gewisser Omega-3-Fettsäuren. Wird auf Milch und Milchprodukte verzichtet, so ist eine ausreichende Calcium-Zufuhr erschwert. Lacto-Vegetarier, die zusätzlich auf Eier verzichten, haben ein grösseres Risiko für eine ungenügende Zufuhr an Vitamin B12.
Vegetarische Ernährung: Umsetzung im Alltag
Im Alltag gilt auch für die vegetarische Ernährung die «Schweizer Lebensmittelpyramide» als Orientierungshilfe. Fleisch und Fisch sollen nicht ersatzlos gestrichen werden, sondern durch entsprechende Alternativen wie Tofu, Quorn, Seitan, Tempeh, Käse oder Eier ersetzt werden. Pro Tag sollte ein Eiweissprodukt gegessen und drei Portionen Milch und Milchprodukte konsumiert werden.
Proteine in der vegetarischen Ernährung
Kombinationen aus Getreideprodukten und Hülsenfrüchten (z.B. Gemüsecurry mit Kichererbsen und Reis) oder Getreide mit Nüssen oder Samen (zum Beispiel Nussbrot, Müsli mit Nüssen) liefern hochwertiges Eiweiss und Mineralstoffe. Durch die clevere Kombination wird die biologische Wertigkeit des Proteins verbessert und der Körper mit allen lebenswichtigen Aminosäuren versorgt.
Fette in der vegetarischen Ernährung
Nüsse und Samen sind wertvolle Lebensmittel, sie enthalten neben Energie, relativ viel Protein, Omega-3-Fettsäuren und Mikronährstoffe, wie zum Beispiel Eisen oder Calcium. Aus diesem Grund sollten Vegetarier täglich Nüsse oder Samen essen. Ebenso enthalten Vollkornprodukte deutlich mehr Mikronährstoffe, als raffinierte Getreideprodukte.
Umstellung auf eine vegetarische Ernährung
Die Umstellung von einer omnivoren Ernährung auf eine vegetarische Ernährung sollte schrittweise stattfinden. Insbesondere der Anteil pflanzlicher Lebensmittel darf nicht zu schnell ausgebaut werden, weil es zu Verdauungsproblemen kommen kann.
Kinder im Wachstum, Senioren, Schwangere und Stillende haben ein grösseres Risiko für einen Nährstoffmangel, wenn gewisse Lebensmittelgruppen ganz weggelassen werden. Eine bewusste Lebensmittelauswahl oder eine Ergänzung mit angereicherten Lebensmitteln oder Supplementen hilft für eine ausreichende Zufuhr aller Nährstoffe.
Vegetarische Ernährung in der Schwangerschaft und bei Kindern
Der Fötus baut im Mutterleib bereits seine Vitamin-B12-Reserven auf, die im Säuglingsalter durch die Muttermilch weiter zugeführt wird. Ist die Vitamin-B12-Versorgung der Mutter ungenügend, so kann es sowohl beim Säugling und der Mutter zu einem Mangel kommen. Bei Säuglingen kann es hier zu neurologischen Problemen kommen.
Bei Kindern sollte für das Knochenwachstum und die -stabilität, besonders auf eine ausreichende Calcium- und Vitamin-D-Zufuhr geachtet werden. Für die Gehirnentwicklung des Fötus sind Omega-3-Fettsäuren wichtig.
Eine vegetarische Ernährung ist per se nicht gesünder. Auch vegetarische Fertigprodukte können viel Fett, Zucker und Kalorien enthalten. Es lohnt sich also immer ein Blick auf die Zutatenliste und Nährwertdeklaration zu werfen. Eine abwechslungsreiche Ernährung mit vielen frischen Zutaten unterstützt eine gesunde Ernährung.
Wer zu wenig Protein zu sich nimmt, bleibt weniger lang satt, hat öfters Heisshungerattacken und liefert dem Körper zu wenig des wichtigsten Baustoffs für Muskeln, Zellen und Hormone. Deshalb ist es wichtig, gute Proteinlieferanten zu kennen und bei jeder Mahlzeit einzuplanen. Gute Proteinlieferanten sind: Eier, Milch und Milchprodukte, Tofu, Quorn, Tempeh und viele mehr.
Zu seltenes Trinken ist bei allen Ernährungsformen ein Problem. Da jedoch die vegetarische Ernährung mit viel Gemüse, Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen ballaststoffreich ist, braucht der Körper genügend Flüssigkeit. Nahrungsfasern können nur mit genügend Flüssigkeit ihre Wirkung zeigen. Ohne das Wasser könnte es zu Verdauungsproblemen kommen.
Ein häufiger Fehler von Vegetariern ist, dass sie das Fleisch durch mehr Kohlenhydrate ersetzen. Besteht die Mahlzeit vorwiegend aus raffinierten Kohlenhydraten (wie Weissbrot, Pasta oder Reis), dann fehlen dem Körper wichtige Nährstoffe und Nahrungsfasern. Zudem ist die Sättigung geringer und die Kalorienaufnahme grösser.