Ist es wirklich gesund, regelmässig zehn oder noch mehr Stunden nichts zu essen? Zwei Wissenschaftler geben die Antwort – und Tipps zum Beginnen.
Die Bewohner der japanischen Insel Okinawa sind berühmt für ihre Langlebigkeit. Sie bekommen seltener Herzinfarkte, Diabetes, Krebs oder Schlaganfälle, verglichen mit ihren Landsleuten andernorts.
Das könnte daran liegen, dass sie traditionellerweise das Intervallfasten praktizieren und insgesamt weniger Kalorien essen, vermuten der Altersforscher Rafael de Cabo und der Neurowissenschaftler Mark Mattson.
«Intervallfasten scheint mehr für die Gesundheit zu bringen als blosse Kalorienreduktion», schreiben sie in ihrem Artikel im renommierten «New England Journal of Medicine». Dort geben die beiden in den USA tätigen Fachleute einen Überblick über die Wirkungen, die Intervallfasten auf die Gesundheit hat.
De Cabo und Mattson stützen sich dabei auf Studien an Tieren und an Menschen. Ihr Fazit: Intervallfasten
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Wie kommen diese Wirkungen zustande? Es liege nicht allein am Gewichtsverlust, der mit dieser Art des Fastens einhergehe, sind die zwei Wissenschaftler sicher.
Der entscheidende Punkt sei der Wechsel von Hunger- und Essenszeiten. Das zwinge den Körper immer wieder dazu, seinen Stoffwechsel umzustellen.
Während Essenszeiten dient Zucker, den die Leber bereitstellt, dem Körper als Energielieferant. Während der Hungerperiode dagegen greift er auf sogenannte Ketone als «Brennstoff» zurück. Etwa acht Stunden nach Beginn des Fastens steigt ihr Spiegel im Blut an.
Ketone stammen aus den Fettzellen und sind nicht nur Energielieferanten, sondern auch Botenstoffe, die vielfältige Veränderungen in Zellen und Organen anstossen, wodurch diese stressresistenter werden. Unter anderem erhöhen die Ketone indirekt die Produktion eines Eiweissstoffs, der den Gehirnzellen guttut.
Bei Menschen mit Multipler Sklerose (MS) habe Intervallfasten zum Beispiel die Symptome reduzieren können. Vermutlich könnten auch Personen mit chronischen Gelenkentzündungen von dieser Art von Diät profitieren, mutmassen de Cabo und Mattson. Ob sie auch gegen Parkinson oder Alzheimer hilft – was Tierversuche nahelegen – wurde bei Menschen bisher nicht genügend untersucht.
Auch bei Krebserkrankungen zeigte Intervallfasten in einigen Studien zwar gute Wirkungen. Es ist aber ungewiss, ob es die Rückfallgefahr bei dieser Erkrankung senkt oder womöglich erhöht.
Weil es insgesamt noch zu wenig erforscht ist, wird Intervallfasten bislang nicht als begleitende Massnahme bei schweren Erkrankungen empfohlen. Denn das grosse Manko der bisherigen Studien ist: Sie dauerten nur kurz und wurden meist mit jungen oder mittelalten übergewichtigen Menschen durchgeführt.
Deshalb ist ungewiss, ob Intervallfasten auf Dauer durchzuhalten ist, ob es dem Menschen langfristig genauso guttut wie den Labormäusen und -affen und ob es allen Altersgruppen gleichermassen nützt. All das müsse erst untersucht werden, finden de Cabo und Mattson.
Eine regelmässige Ernährungsberatung unterstützt das Fasten-Vorhaben und gewährleistet, dass der Bedarf an wichtigen Nährstoffen gedeckt wird. Ausserdem sollten sich Menschen mit Diabetes beim Intervallfasten ärztlich begleiten lassen. Denn beim Fasten kann der Blutzucker absinken, so dass die Medikamentendosis angepasst werden muss. Andernfalls könnte es zu einer gefährlichen Unterzuckerung kommen.
Zuletzt geben sie ein paar praktische Hinweise:
Quelle: «New England Journal of Medicine»