Der Wurmfortsatz am Darm ist bei den meisten Menschen nur etwa sieben Zentimeter kurz, aber er kann höllisch weh tun, wenn er sich entzündet. Welche Symptome darauf hinweisen und was dann zu tun ist.
Der Begriff «Blinddarmentzündung» ist falsch. Dabei entzündet sich nämlich nicht der Blinddarm, sondern ein kleines Anhängsel daran, der Wurmfortsatz. Ärzte nennen ihn «Appendix», weshalb die Blinddarmentzündung «Appendizitis» heisst.
«Mandel des Bauchs» wird diese kleine Darmausstülpung im rechten Unterbauch auch genannt, weil sie – genau wie die Rachenmandeln – viele Abwehrzellen enthält und bei einer Infektion stark anschwellen kann.
Der meist etwa sieben Zentimeter lange Wurmfortsatz ist für den Darminhalt wie eine Sackgasse. Verstopft ein Fremdkörper den Ausgang, können Schleim und Kot darin nicht mehr abfliessen. Dann entzündet sich dort die Darmwand. Das kann so schlimm werden, dass die Entzündung auf das Bauchfell übergreift.
Nur etwa die Hälfte der Patienten haben die für diese Erkrankung typischen Symptome. Das erste Anzeichen ist oft diffuses Bauchweh. Allmählich konzentrieren sich diese Schmerzen dann im rechten Unterbauch – wo genau, ist aber verschieden.
Denn bei manchen Menschen liegt der Wurmfortsatz vor dem Blinddarm, bei anderen dahinter, mal zeigt er in Richtung Eierstock, mal Richtung Leber. Eine Eierstockzyste oder eine Eileiter-Schwangerschaft etwa können bei Frauen ganz ähnliche Beschwerden hervorrufen. Auch Darminfektionen oder starke Verstopfung haben schon eine Appendizitis vorgetäuscht.
Bei der Diagnose hilft dem Arzt darum dreierlei: Erstens Erfahrung. Zweitens, den Patienten zu beobachten und ihn im Verlauf der Erkrankung mehrmals zu untersuchen. Drittens können apparative Untersuchungen, zum Beispiel mit Ultraschall, die Entzündung des Wurmfortsatzes zeigen.
Diese ungewöhnliche diagnostische Methode haben britische Ärzte 2012 entdeckt. Sie stellten fest, dass die Patienten mehr Bauchschmerzen hatten, wenn das Auto auf der Fahrt ins Spital über eine Temposchwelle fuhr. Die Ärzte erhielten dafür den «Spass-Nobelpreis». Die Erschütterungsempfindlichkeit lässt sich auch testen, wenn der Patient auf einem Bein oder von einem Stuhl hüpft.
Dabei drückt der Arzt auf den rechten Unterbauch und lässt rasch los. Komischerweise schmerzt dieses Loslassen stärker als das Drücken zuvor. Ein weiteres Zeichen ist der Appetitverlust: Menschen mit Blinddarmentzündung verschmähen in der Regel sogar ihre Leibspeise. Keines dieser Symptome ist aber ein sicheres Zeichen für eine Blinddarmentzündung.
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Ohne (oder bei zu später) Behandlung kann sich der Wurmfortsatz so stark entzünden, dass sich ein Abszess bildet oder dass er schliesslich platzt. Das führt zu einer lebensgefährlichen Infektion mit einem hohen Risiko für Komplikationen. Meist sind dann eine grössere Operation plus zusätzlich Antibiotika nötig. Deshalb ist es besser, beim Verdacht auf Blinddarmentzündung rasch und lieber einmal zu viel zum Arzt zu gehen als einmal zu wenig.
Erhärtet sich der Verdacht auf Appendizitis, raten Ärzte meist zur Blinddarm-Operation, die heute oft laparoskopisch erfolgt. Dabei macht der Chirurg kleine Hautschnitte in die Bauchdecke, durch die er dünne Instrumente schiebt. Mit ihrer Hilfe wird der Wurmfortsatz entfernt. Danach untersucht ein Pathologe das Gewebe unter dem Mikroskop.
Bei etwa fünf Prozent der Patienten stellt sich heraus, dass der Wurmfortsatz wider Erwarten nicht entzündet war. Das zeigt, wie schwierig die Diagnose ist. Unter bestimmten Umständen kann ein Antibiotikum dem Betroffenen tatsächlich eine Operation ersparen – allerdings kommt es bei etwa jedem fünften Patienten zu einem Rückfall, so dass er doch noch operiert werden muss.
Weltweit ist sie der häufigste Grund für eine notfallmässige Bauchoperation, wobei es im Winter viel weniger zu Blinddarmentzündungen kommt als im Sommer. Der Grund dafür ist nicht bekannt. Die meisten Patienten sind zwischen zehn und zwanzig Jahre alt, aber gefeit ist der Mensch in keinem Lebensalter davor.