Der Patient leidet, aber die Ärztin findet keine Erkrankung. Was soll man dann tun?
«Stell dich nicht so an», sagt der Partner. «Sie haben nichts» oder «Sie bilden sich das nur ein», stellt die Ärztin fest. Aber die Schmerzen, die Verdauungsprobleme, die Erschöpfung oder der Schwindel sind doch spürbar?!
Etwa einer von fünf Patienten in hausärztlichen Praxen hat sogenannte «funktionelle Beschwerden». Das betreffende Organ oder Körperteil ist dann nicht krankhaft verändert, trotzdem ist seine Funktion irgendwie aus dem Gleichgewicht geraten.
Das sei vergleichbar mit einem Klavier, das zwar intakt sei, aber verstimmt. Oder mit einem Orchester, in dem alle zwar die richtige Melodie spielen, aber nicht im Takt. So beschreibt es der sehr informative Ratgeber für Betroffene und ihre Angehörigen «Funktionelle Körperbeschwerden verstehen und bewältigen».
Dutzende von Beschwerden können funktionell bedingt sein: Gedächtnisstörungen, Herzrasen, Ohrgeräusche, Erektionsstörungen, Juckreiz oder häufiges Wasserlösen sind nur einige davon. Oft führen diese Symptome zu Stress, und der Stress wiederum verstärkt das Leiden – so kann ein «Teufelskreis aus Angst, Anspannung, Selbstbeobachtung und Beschwerden in Gang kommen», heisst es in der Leitlinie für Patienten und ihre Angehörigen.
Verabschieden sollte man sich bei funktionellen Beschwerden von der Illusion, dass noch und noch mehr Untersuchungen doch noch etwas zutage fördern. «In vielen Fällen wird zu wenig zugehört, zu viel untersucht oder unangebrachte Therapie‹versuche› angeordnet. Manchmal geht der Blick für den ganzen Menschen, seine Alltagssorgen und seine Persönlichkeit verloren.»
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Etwa zwei Drittel der Betroffenen würden mit ganz einfachen Massnahmen rasch eine Verbesserung erreichen, beruhigen die Autoren des Patientenratgebers. Sich informieren, herausfinden, unter welchen Umständen sich die Beschwerden bessern, mitarbeiten und mitentscheiden beim Arzt sind wichtige Pfeiler der Therapie.
Die «wichtigste Säule der Behandlung» aber sei gezielte, abgestufte körperliche Aktivität im Wechsel mit Erholungsphasen. «Invasive» Methoden dagegen, mit Spritzen, Sonden, Kathetern oder Operationen, sollten – wenn überhaupt – nur nach reiflichem Abwägen eingesetzt werden.
Zu viel Schonung ist ebenso kontraproduktiv wie Überforderung. Insbesondere bei schon länger dauernden Beschwerden sollte man sich kleine, realistische Ziele setzen und auf sie hinarbeiten und das pflegen, was einem Kraft gibt und Wohlbefinden verschafft.