Manchmal können wir einfach nicht anders: Wenn es irgendwo juckt, hilft nur ein erleichterndes Kratzen. Doch warum reagieren wir so, obwohl wir wissen, dass wir unserer Haut damit keinen Gefallen tun?
Die Haut ist ein eminent wichtiges Organ. Sie schützt uns vor Kälte und Wärme und begleitet uns durch dick und dünn. Doch manchmal – immer wieder – macht uns die Haut zu schaffen. Es juckt irgendwo wie verrückt. Und wir sehen keinen anderen Ausweg, als uns zu kratzen, obwohl der Verstand meldet: Lass das sein.
Das kräftige Kratzen tut gut, verschafft einem ein äusserst wohliges Gefühl der Erleichterung. Der Effekt tritt unabhängig davon ein, ob wir uns selber kratzen oder es zum Beispiel unser Partner tut oder wir uns an einem Pfosten reiben, weil wir die juckende Stelle mit unseren eigenen Händen nicht erreichen.
Kratzen ist eigentlich eine clevere Idee der Natur und dafür vorgesehen, uns vor so lästigen Kleintieren wie Läusen oder Mücken zu schützen.
Doch nicht nur von Aussen besteht Kratzgefahr. Chronisches Hautjucken gilt als Hauptsymptom von Hautkrankheiten wie Neurodermitis oder Schuppenflechte, ebenso aber als Symptom anderer möglicher Erkrankungen wie Diabetes oder einer Lebererkrankungen. Wer darunter leidet, kann fast in den Wahnsinn getrieben werden und kratzt sich, bis er blutet.
Nennenswerte Forschungen darüber, was in solchen Situationen mit unserem Körper genau passiert, existieren kaum. Immerhin haben Wissenschaftler der University of Minnesota in Minneapolis versucht, dem Zusammenhang zwischen Jucken und Kratzen mit Testpersonen, die man speziell reizte, auf die Spur zu kommen. Die Wissenschafter glauben inzwischen, für unsere Kratzlust zumindest eine Teilerklärung gefunden zu haben.
Die massgebende Rolle sollen spezielle Nervenzellen im Gehirn spielen. Jede Zelle betreut quasi ein abgegrenztes Feld auf der Haut. Wenn es uns nun juckt, wird die entsprechende Zelle aktiv und gibt ein elektrisches Signal an das Gehirn ab. Sobald wir uns kratzen, ändert die Nervenzelle ihr Muster und das Jucken hört auf.
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Allerdings funktioniert das leider nur für eine sehr beschränkte Zeit von vielleicht einer halben Minute. Dann geht das Ganze wieder von vorne los: Die Nervenzellen melden dem Gehirn, dass es wieder juckt. Eine Endlosgeschichte, aus der man sich kaum befreien kann. Durch die anhaltende Stimulation der Haut werden Botenstoffe freigesetzt, die den Juckreiz noch zusätzlich fördern. Wir kratzen weiter, obwohl die Gefahr, dass Bakterien in die Haut eindringen, nur noch mehr wächst.
Laut Medizinern werden beim Kratzen Hirnareale aktiviert, die zum sogenannten Belohnungssystem gehören. Auf einen Nenner gebracht: Wie beim Alkohol oder anderen Drogen fällt es auch beim Kratzen schwer, einfach aufzuhören. Erst recht nicht für Menschen, die unter einem chronischen Juckreiz leiden.
Jucken kann es uns an vielen Orten am Körper. Was soll und kann man dagegen am besten tun? Die Apothekerin Sina Kölpin von der Versandapotheke zur Rose gibt Tipps:
Manche Menschen müssen sich immer wieder im Haar kratzen. Was kann das sein, und was lässt sich dagegen unternehmen?
Es kommen verschiedene Ursachen in Frage. Bei einer trockenen Kopfhaut sollte man rückfettende Shampoos oder Selenshampoos zur Beruhigung der Kopfhaut verwenden. Bei einer übermässigen Ausbreitung von Malassezia furfur, einem Hefepilz, empfiehlt sich die Benützung von ketoconazolhaltigen Shampoos. Zur Bekämpfung von Läusen gibt es Läuseshampoos.
Auch Mückenstiche können ganz schön jucken. Ihr Tipp?
Eine gute Wirkung lässt sich mit Kühlen und dem Auftragen einer antiallergischen Creme erzielen.
Manche Menschen beisst es am After. Was lässt sich dagegen ausrichten?
Entzündungshemmende und lokalanästhetisch (lokal betäubend) wirkende Cremes können helfen. Wenn die Beschwerden nach einer kurzen Zeit nicht nachlassen, würde ich zu einem Arztbesuch raten. Ursache für einen Juckreiz können nämlich auch Hämorrhoiden, ein Wurmbefall oder andere Erkrankungen sein.
Gibt es noch andere Gründe, bei Juckreiz einen Arzt aufzusuchen?
Ja, wenn sich das Hauterscheinungsbild verändert, zum Beispiel nässende, raue Stellen auftreten, und die in der Apotheke gekauften Mittel nicht helfen. Sollten Erkrankungen wie Neurodermitis oder Schuppenflechte die Ursache sein, dann ist eine erfolgreiche Behandlung phasenweise nur mit verschreibungspflichtigen Medikamenten möglich.
Was halten Sie vom Ratschlag, man solle bei Juckreiz – wenn überhaupt – dann lieber auf die entsprechende Stelle klopfen statt kratzen?
Ich würde es so sagen: Wofür man sich auch entscheidet, die Haut sollte nicht verletzt werden.