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Gesünder leben?

Gesünder leben?

Die Auswirkungen von Sozialen Medien auf das Körperbild junger Frauen

Die Wahrheit hinter den Bildern: Soziale Medien und ihr Einfluss auf das Körperbild junger Frauen. Psychologin Ronia Schiftan erklärt, wie bearbeitete Bilder auf sozialen Medien unsere Selbstwahrnehmung beeinflussen und warum es wichtig ist, unser Körperbild kritisch zu hinterfragen.

Ronia Schiftan, Sie beraten Menschen im Umgang mit sozialen Medien. Mit welchem Anliegen kommen diese zu Ihnen in Therapie?

Ronia Schiftan: Typischerweise sind es junge Frauen, die merken, dass ihnen die Bilder, die sie täglich auf ihrem Smartphone konsumieren, nicht guttun und sie den Blick für die Realität verlieren.

Inwiefern?

Ich hatte zum Beispiel eine Klientin, die in der Sauna war und über die nackten Körper erschrak, weil sie nicht mehr vor Augen hatte, wie Menschen wirklich nackt aussehen. Also ohne Filter.

Sie dachte, alle sehen aus wie auf Instagram?

Unterbewusst, ja. Denn unser Gehirn lernt durch Bilder. Indem wir unseren Körper, aber vor allem die von anderen sehen, speichern wir, was ein «normaler» Körper ist und wie er auszusehen hat.

Ihre Klientin sah aber ja auch Frauen in der realen Welt.

Da müssen wir uns fragen: Wen sehen wir denn wirklich? Nehmen wir zum Beispiel die Badi: Ist es repräsentativ, wer sich in der urbanen «Hipsterbadi» auf der Wiese tummelt? Oder wer auf Werbeplakaten und in Magazinen abgebildet ist? Auf Social Media ist die Flut an Bildern zudem extrem hoch und für das Gehirn gilt: Je mehr wir von etwas sehen, desto eher wird es zur Norm.

Was lösen denn bearbeitete oder geschönte Bilder bei den Betrachterinnen aus?

Da wir soziale Wesen sind, vergleichen wir uns ständig. Wo stehe ich? Bin ich normal? Gehöre ich dazu? Wenn wir das fast ausschliesslich mit vermeintlich perfekten Vorbildern machen, kann das unser eigenes Körperbild negativ beeinflussen.

Aber gerade jüngeren Menschen, die mit sozialen Medien vertraut sind, sollten doch wissen, dass viel getrickst wird.

Das Problem ist: Der Effekt geschieht auch, wenn wir uns dem bewusst sind. Nehmen wir an, wir lesen etwas in einer Boulevardzeitung. Zu Beginn wissen wir vielleicht, dass wir mit dem Inhalt kritischer umgehen müssen. Mit der Zeit vergessen wir aber die Quelle und später erzählen wir unseren Freundinnen: «Irgendwo habe ich mal gelesen, dass…» So bleiben auch Bilder einfach hängen.

Welche Konsequenzen hat ein schlechtes Selbstbild?

Wir verlieren den Bezug zu unserem Körper. Das macht uns anfälliger für Krankheiten wie Essstörungen oder Depressionen. Oder wir können in einen exzessiven Fitnesswahn verfallen.

(Fortsetzung weiter unten…)

Laut einer Studie leiden junge Frauen doppelt so häufig an Depressionen im Zusammenhang mit sozialen Medien wie Jungs. Woher kommt das?

Dazu gibt es viele Hypothesen. Eine ist, dass ihre Inhalte sich unterscheiden. Ich habe in verschiedenen Schulklassen gefragt, welchen Profilen die Schüler*innen folgen. Es zeigte sich, dass es bei jungen Männern viel eher um Geld, Status oder Autos ging, während bei Frauen Lifestyle, Mode und Beauty dominierten.

Das heisst, Männer sehen keine perfekten Körper?

Zumindest weniger, jedoch klar auch. Ein Bereich, wo sich die Geschlechter überschneiden, ist Fitness. Zudem stürzt sich die Beautyindustrie auch immer mehr auf junge Männer und zeigt ihnen, wo ihre «Defizite» liegen. Es kann deshalb auch für sie sehr belastend sein. Gerade in der Pubertät, wo die Unsicherheit besonders gross ist, weil es darum geht, herauszufinden, wer man ist, während sich der Körper stark verändert und die Hormone verrückt spielen.

Was können Eltern tun, um Jugendliche zu unterstützen?

In erster Linie sollten sie die Schuld nicht ausschliesslich bei den sozialen Medien suchen. Die können zwar mit ein Grund sein, in der Beratung reden wir aber oft auch über Prägungen aus der Kindheit. Viele meiner Klientinnen haben seit klein auf Sätze gehört wie «Zieh den Bauch ein» oder «Willst du das wirklich anziehen, das sieht nicht vorteilhaft aus». Oder sie haben beobachtet, wie ihre Mütter strenge Diäten hielten oder vor dem Spiegel nörgelten. Das macht etwas mit einem.

Wie können wir das ändern?

Wir alle müssen uns fragen, wie wir mit unserem Körper, aber auch mit Themen wie Essen oder Diäten umgehen wollen. Sehr oft sprechen wir darüber in einem negativen Kontext, etwa wenn es darum geht, dass unser Bauch zu dick ist oder wir wieder mal zu viel gegessen haben. Das kann man gut auch mit Freundinnen reflektieren: Wie reden wir eigentlich über unsere Körper? Wie viel Zeit verwenden wir, um über Diäten oder neue Fitnesstrends zu sprechen?

Zurück zur jungen Frau in der Sauna. Wie gelingt es ihr, den Bezug zur Realität wieder herzustellen?

Junge Frauen im Fokus

Das Sensibilisierungsprojekt «Spiegelbilder» zielt darauf ab, das Selbstwertgefühl sowie die psychische Gesundheit junger Frauen zu stärken und den Dialog mit und zwischen jungen Frauen anzuregen. Dazu stehen verschiedene Kommunikationsmittel kostenlos zur Verfügung, wie etwa ein Dokumentarfilm, ein Plakat und Postkarten sowie eine Informationswebseite. Das Projekt wird unterstützt vom Migros-Kulturprozent. Weitere Informationen auf: www.spiegelbilder.ch

Als erstes sollte sie ihre Social-Media-Kanäle ausmisten. Das sollten wir alle tun: Uns fragen, wem folgen wir da eigentlich? Würden wir diese Personen zu mir nach Hause einladen? Denn genau das machen wir, indem wir ihre Inhalte konsumieren. Als nächstes sollte sie unterschiedlichen Menschen folgen. So lernt ihr Gehirn, welche Vielfalt an Körpern und Lebensformen es gibt.

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von Deborah Bischof,

veröffentlicht am 13.09.2024


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