Lagern sich im Gewebe Wasser, Fette und weitere Stoffe ab, spricht man von einem Lymphödem. Angeschwollene Füsse, Hände, Arme oder Beine sind die Folge. Abhilfe gibt es mit der «Lymphologischen Physiotherapie», welche auch die Lymphdrainage umfasst.
«Ich wusste gar nicht, dass meine Beine so dünn sein können» – diesen Satz hört man nach der Behandlung oft. Die meisten Laien sprechen bei dieser Behandlung von «Lymphdrainage». Richtiger wäre aber «lymphologische Physiotherapie», denn die Lymphdrainage ist nur ein Teil der Therapie.
Es ist ganz normal, dass Wasser, Eiweiss, zerstörte Zellen und Fette im Gewebe landen. Normalerweise wird diese sogenannte Lymphe übers Lymphsystem abtransportiert und gelangt schliesslich in eine grosse Körpervene und somit wieder in den Blutkreislauf.
Funktioniert der Lymphabfluss nur ungenügend, so kommt es zum Lymphödem. Als Folge dessen schwillt die betroffene Hand, der Arm, der Fuss oder das betroffene Bein an. Der Fuss wird zum Beispiel allmählich immer dicker, die Extremität wird schwer und die Haut spannt. Begünstigt wird das Krankheitsbild des Lymphödems durch Übergewicht und Immobilität.
Das Lymphödem kann bereits angeboren sein oder beispielsweise durch die Entfernung von Lymphknoten entstehen. Eine operative Entfernung von Lymphknoten ist oft nötig, wenn Tumore metastasieren. Dann können bereits kleine Verletzungen wie beispielsweise ein «verknackster» Fuss ausreichen, damit ein Lymphödem entsteht.
Bei längerer Dauer des Lymphödems kann es zu Komplikationen kommen: Durch den Druck auf die Haut bilden sich kleine Hautausstülpungen (sogenannte Fisteln). Sie können aufreissen und als Eintrittspforte für Krankheitserreger dienen. Das kann schmerzhafte Infektionen hervorrufen. Vorbeugende, gute Hautpflege gehört deshalb zur Behandlung des Lymphödems, und auch hier berät die lymphologische Physiotherapeutin die Patientin.
Als weitere Folge verhärtet sich das Gewebe bei länger bestehendem Ödem zunehmend und die Haut fühlt sich nicht mehr weich, sondern derb an. Fachleute sprechen in einem solchen Fall von «fibrotischem» Gewebe.
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Leider ist das Lymphödem eine chronische Erkrankung, die nicht heilbar ist. Aber eine gute Behandlung hilft: Der Erfolg ist sehr schnell sichtbar, meist schon nach der ersten Probebehandlung. Dies ist der erste Schritt auf dem Weg zu schlankeren – und vor allem gesünderen – Beinen oder Armen. Die Behandlung umfasst zwei Phasen: die Intensivphase und die Erhaltungsphase.
Beim ersten Termin mit einer in Lymphologie ausgebildeten Physiotherapeutin wird die Patientin vor allem über die Erkrankung und die folgenden Behandlungen informiert. Zudem wird der Umfang der Extremität gemessen, um später den Erfolg der Therapie beurteilen zu können. Ebenso überprüft die Therapeutin, ob die Patientin die Behandlung vertragen wird und legt ihr eine komprimierende Probebandage an. Nimmt man diese am nächsten Tag wieder ab, ist der Unterschied frappant: Die Schwellung im bandagierten Bereich ist bereits sichtlich zurückgegangen.
Beim zweiten Termin beginnt die Intensivphase. Dazu erscheint die Patientin am besten in weiten Kleidern und Schuhen, in die man auch mit bandagierten Füssen noch hineinschlüpfen kann. Das Ziel der Intensivphase ist, mit Hilfe von gewickelten, elastischen Bandagen die Schwellung zurückzudrängen und den Umfang der betroffenen Extremität zu reduzieren.
In der ein bis zwei Wochen dauernden Intensivphase wird der vom Lymphödem betroffene Arm oder das Bein nun täglich neu eingewickelt. Die Patientin trägt die Bandage 24 Stunden, also bis zum nächsten Physiotermin.
Dann wird die Bandage wieder abgenommen, es folgt eine manuelle Lymphdrainage. Dabei wird die Lymphflüssigkeit mit verschiedenen Massagetechniken, beispielsweise Streichbewegungen, in Richtung des nächsten Lymphknotens befördert. Fibrotische Stellen werden massierend gelöst und so weicher. Damit der Effekt der manuellen Lymphdrainage anhält, muss wieder eine Kompression mittels Bandage erfolgen. Am Ende der Intensivphase misst die Therapeutin zur Erfolgsüberprüfung erneut den Umfang der Extremität.
Bewegung ist auch während der Intensivphase wichtig, denn die natürliche «Muskelpumpe» unterstützt den Abfluss der Lymphflüssigkeit zusätzlich. Deshalb sollten die Betroffenen auch mit der Bandage aktiv sein und sich möglichst viel damit bewegen. Das individuell zusammengestellte Heimprogramm von der lymphologisch geschulten Physiotherapeutin hilft dabei.
Nach ein bis zwei Wochen ist das Bein oder der Arm so weit entstaut, dass ein Orthopädietechniker einen massgeschneiderten Flachstrick-Kompressionsstrumpf anpassen kann. Nun beginnt die Erhaltungsphase. Bis der Strumpf eingetroffen ist, findet die Physiotherapie nur noch alle zwei Tage anstatt täglich statt, die Bandagen verbleiben somit 48 Stunden am Körper.
Sobald die Patientin den Strumpf erhält, werden nur noch Kontrolltermine geplant. Falls eine Muskelschwäche vorhanden ist, unterstützt die Physiotherapie nun auch den gezielten Muskelaufbau. Da der Kompressionsstrumpf alleine oft schwierig anzuziehen ist, gibt es Hilfsmittel. Die lymphologische Physiotherapeutin kennt sich damit aus.
Beim Kontrolltermin eine Woche später prüft sie den Sitz des Kompressionsstrumpfs: Komprimiert er allseits gut? Schneidet er irgendwo ein? Braucht es zusätzliche Polster an fibrotischen Stellen? Um einen Rückfall zu vermeiden, muss der Strumpf konsequent tagsüber getragen werden – und das klappt erfahrungsgemäss nur, wenn er gut passt.
Nach rund einem Jahr müssen die Strümpfe meist ersetzt werden, denn ihre Elastizität lässt nach – und dann beginnt ein neuer Zyklus mit Intensiv- und Erhaltungsphase. Über zwei, drei Jahre hinweg können die Beine oder Arme so immer schlanker werden. Wenn die Betroffene mit dem Resultat zufrieden ist, braucht es keine Intensivphase mehr. Der gleiche Strumpf kann dann einfach beim Orthopädietechniker nachbestellt werden.