Ein Enzym in Lebensmitteln könnte schuld daran sein. Forscher liefern plausible Argumente für diese Hypothese.
Dutzenderlei Faktoren werden verdächtigt, eine Glutenunverträglichkeit auslösen zu können: Virusinfektionen, Schwermetalle, Stress, Bauchoperation, Antibiotika … Sicher ist nur, dass die Zöliakie fast ausschliesslich bei Menschen mit bestimmten Genen auftritt.
Welche Umstände dazu führen, dass sie aber nur bei manchen von ihnen ausbricht und bei anderen nicht, ist noch ein Rätsel. Ein internationales Forscherteam zeigt nun auf, dass ein Enzym, das in vielen Lebensmitteln vorkommt, die Ursache sein könnte.
Seit vier Jahrzehnten werde bei der Lebensmittelherstellung zunehmend häufiger dieses von Bakterien produzierte Enzym namens «Transglutaminase» eingesetzt, mit jährlich zweistelligen Steigerungsraten. Parallel dazu sei auch die Häufigkeit von Erkrankungsfällen an Zöliakie gestiegen, geben die Wissenschaftler zu bedenken.
Das mikrobielle Enzym verbessert als «Eiweisskleber» sowohl die Festigkeit als auch die Elastizität und Haltbarkeit, teilweise auch den Geschmack. Es kann bei Backwaren sogar helfen, die Kalorienzahl zu reduzieren.
Eine breite Palette an Lebensmitteln – vom «Klebeschinken» über Fisch- und Gemüseprodukte bis zu Backwaren – enthält diesen Hilfsstoff. Das Problem: Die mikrobielle Transglutaminase ähnelt derjenigen, die auch in den Zellen der menschlichen Darmschleimhaut produziert wird.
Bei der Zöliakie ist die Aktivität dieses (menschlichen) Enzyms deutlich erhöht; es spielt eine massgebliche Rolle bei dieser Autoimmunerkrankung. Eine Studie konnte zeigen, dass das Immunsystem von Kindern mit Zöliakie aber auch Antikörper gegen mikrobielle Transglutaminase bildet, das heisst, dass es dieses Enzym erkennt und darauf reagiert. Das ist aber noch nicht alles.
Die bakteriellen Transglutaminasen könnten auch dazu führen, dass die Darmschleimhaut «undichter» werde und mehr fremde Substanzen in den Körper passieren lasse, die das Immunsystem quasi anstacheln können – auch solche, die bei der Glutenunverträglichkeit eine massgebliche Rolle spielen.
In der Schweiz müssen Fleisch- und Fischprodukte, die mit mikrobiellen Transglutaminasen hergestellt wurden, mit dem Vermerk «Für Personen mit Zöliakie nicht geeignet» gekennzeichnet werden, sofern sie nicht erhitzt wurden. Abgesehen davon sei es für den Verbraucher aber nicht erkennbar, wo diese mikrobiellen Enzyme überall enthalten seien, kritisieren die Wissenschaftler.
Sie betonen, dass es sich bisher nur um eine Hypothese handle – die sie allerdings mit einer Reihe von Argumenten stützen.
Quelle: «Frontiers in Pediatrics»