Oft erkennt man eine Schwangerschaftsvergiftung nur bei der ärztlichen Kontrolle. Bei frühzeitiger Behandlung lassen sich schwere Entwicklungen meist vermeiden.
Präeklampsie wird auch Schwangerschaftsgestose oder im Volksmund Schwangerschaftsvergiftung genannt. «Es handelt sich um eine sehr gefährliche Erkrankung, bei welcher der Blutdruck stark ansteigt und Eiweiss mit dem Urin ausgeschieden wird», erklärt Markus Hodel, Chefarzt der Geburtshilfe am Kantonsspital Luzern. Weiter könne es zu Gerinnungsstörungen kommen, die zu inneren Blutungen und im schlimmsten Fall zum Versagen von Nieren und anderen Organen führen können. Auch epilepsieähnliche Krampfanfälle (Eklampsie) sind möglich.
Die Komplikation entwickelt sich bei gut zwei Prozent der Schwangerschaften. In der Regel ist dies ab Mitte oder gegen Ende der Schwangerschaft der Fall – bei etwa zwei Dritteln nach der 34. Woche. Nicht selten entwickelt sich eine Schwangerschaftsvergiftung aber auch erst einige Tage bis zu sechs Wochen nach der Entbindung.
Die Beschwerden, die Frauen selbst feststellen, sind sehr unterschiedlich und oft unspezifisch, manchmal fehlen sie ganz. Die Krankheit kann sich zum Beispiel zeigen durch:
«Die meisten dieser Symptome sind während der Schwangerschaft aber auch ohne Entwicklung einer Präeklampsie häufig», betont Markus Hodel. Um die Krankheit möglichst früh zu erkennen, seien deshalb regelmässige ärztliche Kontrollen wichtig. Dabei werden unter anderem der Blutdruck gemessen, der Urin auf Eiweissausscheidung getestet und das Blut untersucht.
Seit einiger Zeit wird meist in der 12. Schwangerschaftswoche eine Risikoanalyse vorgenommen. Neben Ultraschalluntersuchung und Blutdruckmessung wird dabei der sogenannte Biomarker PIGF im mütterlichen Blut bestimmt. Zeigt sich ein erhöhtes Risiko, ist in der Regel eine Prophylaxe mit Acetylsalicylsäure angezeigt. Mit dem Präeklampsie-Screening konnte die Anzahl der Erkrankungen deutlich gesenkt werden.
Wieso es bei 1 bis 5 Prozent aller Schwangerschaften zu einer Präeklampsie kommt, ist nicht bekannt. Wahrscheinlich liegt die Ursache in einer Störung der Plazenta. Im Prinzip kann es bei jeder schwangeren Frau zu einer Präeklampsie kommen.
Ein erhöhtes Risiko besteht in folgenden Fällen:
Zeigt sich beim Präeklampsie-Screening ein erhöhtes Risiko, ist eine prophylaktische Einnahme von Acetylsalicylsäure (zum Beispiel in Aspirin enthalten ) angezeigt. Dadurch kann ein schwerer Verlauf in zwei Dritteln der Fälle vermieden werden. «Dies ist ein Meilenstein in der Bekämpfung dieser schweren Erkrankung und soll heute jeder Frau angeboten werden», betont Markus Hodel.
Wie eine Studie bei Frauen mit erhöhtem Präeklampsie-Risiko gezeigt hat, können zudem gewisse Nahrungsergänzungsmittel die Gefahr verringern. Den grössten Effekt zeigte der Proteinbestandteil L-Arginin, kombiniert mit antioxidativen Vitaminen (Vitamin B2, C und E).
Während der Routinekontrollen werden folgende Tests durchgeführt:
Bei erhöhtem Blutdruck und Protein im Urin werden weitere Untersuchungen durchgeführt, um schwere Komplikationen bei Mutter und Kind auszuschliessen. Dazu gehört etwa die Kontrolle:
Wie sich eine Präeklampsie entwickelt, ist schwer vorauszusagen. Bei einem schweren Verlauf steigt das Risiko einer Frühgeburt. Zudem kann es bei der betroffenen Frau, wie erwähnt, zu bleibenden Organschäden kommen. Schwere Komplikationen sind die Eklampsie und das HELLP-Syndrom.
Dabei handelt es sich um eine schwerwiegende Entwicklung einer Schwangerschaftsgestose, bei der es zu epilepsieähnlichen Krampfanfällen der Mutter kommt. Auch Nierenzellschädigungen können auftreten. In seltenen Fällen führen diese zu einer Niereninsuffizienz, die Dialyse notwendig macht.
Die fünf Buchstaben setzen sich aus den englischen Bezeichnungen der wichtigsten Laborbefunde zusammen:
Es handelt sich um ein Syndrom, das sich schnell verschlechtert und für Mutter und Kind lebensbedrohlich werden kann. Typischerweise zeigen sich dabei Übelkeit und Erbrechen sowie Schmerzen im rechten Oberbauch. Letztere kommen von der Leber, die anschwillt. In seltenen Fällen kann es zu einem Leberriss mit starker Blutung in den Bauchraum kommen. Das HELLP-Syndrom tritt selten spontan und ohne vorbestehende Präeklampsie auf.
Bei den Frauen: Nach einer Präeklampsie haben sie ein höheres Risiko für:
Beim Kind: Kam es zu einer natürlichen oder erzwungenen Frühgeburt, können beim Kind die üblichen Probleme auftreten – je nach Grösse und Reife bei der Geburt. Dazu gehören:
Aufgrund der medizinischen Fortschritte verbessern sich die Chancen von Frühgeborenen aber stetig.
Mit den spezifischen Untersuchungen in der 12. Schwangerschaftswoche lasse sich eine Präeklampsie heute gut voraussehen und Prävention betreiben, sagt Markus Hodel. Eine schwere Schwangerschaftsvergiftung könne damit in zwei Dritteln der Fälle vermieden werden. «So lässt sich mit kostengünstigen Massnahmen viel Leid verhindern. Das ist ein enormer Erfolg.»
Bei einer Schwangerschaftsvergiftung steigt der Blutdruck stark an und Eiweiss wird mit dem Urin ausgeschieden. Bei einem schweren Verlauf kann es zu Gerinnungsstörungen mit inneren Blutungen kommen und im schlimmsten Fall zu Nierenversagen und anderen Organschäden sowie epilepsieähnlichen Krampfanfällen.
Eine Präeklampsie wird meist bei der ärztlichen Kontrolle am hohen Blutdruck und Eiweiss im Urin erkannt. Manchmal äussert sich die Krankheit durch Beschwerden wie anhaltende Kopfschmerzen, Schwindel, Sehstörungen, allgemeine Abgeschlagenheit, Erbrechen, Wassereinlagerungen in den Beinen, in den Händen und im Gesicht sowie Oberbauchschmerzen.
Das ist sehr unterschiedlich. Manchmal verläuft eine Präeklampsie über Wochen hinweg ohne grosse Verschlechterungen, sodass betroffene Frauen zu Hause bleiben und den Blutdruck selbst messen können. Manchmal kommt es aber auch zu einem schweren Verlauf, der eine sofortige Spitaleinweisung nötig macht.
Ja. Dank Früherkennung und Prävention sterben in der Schweiz heutzutage nur noch sehr wenige Frauen an Präeklampsie.
Eine Einleitung der Geburt oder ein Kaiserschnitt sind bei einem schweren Verlauf nötig, wenn andere Behandlungsmöglichkeiten zu wenig gut wirken. In diesem Fall wägen Ärztinnen und Ärzte die Risiken einer Frühgeburt und Risiken im Zusammenhang mit der Präeklampsie gut gegeneinander ab.