Wer zu schnell oder zu tief atmet, kann Symptome bekommen, die zwar nicht gefährlich sind, aber grosse Angst auslösen. Die wichtigsten Tipps gegen Hyperventilieren.
Das Herz rast. Schwindel. Druck auf der Brust. Atemnot. Zittern – und Todesangst. Die Journalistin Silvia Aeschbach hat solche Attacken dutzendfach im Leben erlebt – und überlebt. Obwohl sie jedes Mal dachte, dass dies ihr Ende sei. Glücklicherweise war es aber «nur» eine weitere Panikattacke mit Hyperventilieren.
Sie tritt oft in Situationen auf, aus denen es – gefühlt – kein Entrinnen gibt: Zum Beispiel an einer Sitzung, im Klassenzimmer, bei einem wichtigen Termin, auf dem Bahnsteig mitten unter fremden Menschen oder im Zug.
Die Attacken können ganz harmlos beginnen. Ein wenig Schwindel, leichte Übelkeit oder ein anderes Symptom, dazu die bange Frage, ob das vielleicht etwas Ernstes sein könnte – und schon läuft das «Kopfkino» und die Angst kriecht hoch, mit Gedanken wie: «Bemerkt von den Umstehenden jemand, dass es mir nicht gut geht? Was, wenn ich gleich ohnmächtig werde? Könnte mir jemand helfen?»
Die Folge: Die oder der Betroffene atmet unwillkürlich schneller, hat das Gefühl, nicht genügend Luft zu bekommen, atmet noch mehr, spürt ein Kribbeln um den Mund, in den Fingern und Füssen, hyperventiliert stärker, die Angst steigert sich zur Panik, manchmal können sich sogar die Finger oder Zehen verkrampfen … So wird die Attacke zum Selbstläufer. Es ist, als würde mit den ersten Symptomen der erste Dominostein in einer Reihe angestossen, der alle weiteren mitreisst.
Der erste Schritt ist, zu erkennen, ob es sich um eine Panikattacke handelt. Viele, die so etwas zum ersten Mal erleben, suchen notfallmässig eine Ärztin oder einen Arzt auf.
Mit einer körperlichen Untersuchung, einer Blutanalyse und einem EKG lässt sich ausschliessen, dass Sauerstoffmangel, ein stark gestörter Blutzuckerspiegel oder eine andere, schwere körperliche Erkrankung der Grund für die Beschwerden ist. Zum Hyperventilieren kann es zum Beispiel bei stark erhöhtem Blutzuckerspiegel oder bei manchen Lungenerkrankungen kommen. Solche Ursachen lassen sich aber durch die Untersuchung ausschliessen.
Der häufigste Grund fürs Hyperventilieren ist Stress, starke Gefühle oder ein psychischer Konflikt, vor dem man am liebsten davonlaufen würde, aber nicht kann.
Typisch für dieses auch «Hyperventilationssyndrom» genannte Problem ist, dass die Ärztin oder der Arzt keine krankhafte, körperliche Veränderung findet. Trotzdem sind die Symptome nicht eingebildet, sondern ganz real.
Durch das tiefe und/oder rasche Atmen wird mehr Kohlendioxid ausgeatmet als sonst. Dadurch verändert sich zum Beispiel der pH-Wert des Blutes leicht, die Durchblutung im Gehirn wird ganz wenig gedrosselt, der Phosphatgehalt im Blut kann ein wenig sinken. All diese Veränderungen sind nicht gefährlich, aber sie werden als bedrohlich erlebt. Sobald die betroffene Person nicht mehr hyperventiliert, sondern wieder normal atmet, normalisieren sie sich rasch wieder. Frauen, insbesondere jüngere, sind etwas öfter vom Hyperventilationssyndrom betroffen als Männer.
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Panikattacken sind ein Teufelskreis. Häufig wiederholen sie sich in Abständen. Aber man kann dieses Hyperventilationssyndrom in den Griff bekommen.
Der zweite Schritt ist, das Hyperventilieren in den Griff zu bekommen. Dazu legt man eine Hand auf den Bauch und die andere auf den Brustkorb. Dann atmet man etwa vier Sekunden lang ein, macht eine kurze Atempause und atmet langsam rund acht Sekunden lang aus. Währenddessen spürt man, wie sich der Bauch und der Brustkorb bei den Atemzügen bewegen. Nach circa fünf Atemzügen beginnt die Angst meist schon nachzulassen, nach etwa zehn Atemzügen merkt man, wie allmählich wieder innere Ruhe einkehrt.
Hilfreich ist es, wenn sich die Menschen ringsum nicht von der Angst anstecken lassen, sondern Sicherheit vermitteln. So kann auch die Umgebung etwas beitragen zur Linderung der Panikattacke. Sich abzulenken und die Situation, welche die Panikattacke ausgelöst hat, zu verlassen, hilft ebenfalls oft.
Beim dritten Schritt geht es darum, wieder Vertrauen in den eigenen Körper zu fassen, dass er funktioniert. Sport treiben und sich zwischendurch anzustrengen helfen dabei. Durch die Bewegung baut der Körper Stresshormone ab. Gleichzeitig werden dabei «Glücks-Botenstoffe», zum Beispiel Endocannabinoide, im Gehirn freigesetzt. Sie wirken wohlig-entspannend.
Wer sich schwer damit tut, den dritten Schritt allein zu bewältigen, dem kann psychologische Unterstützung gut tun. Eine Panikattacke zu haben, bedeutet nicht, dass man psychisch krank ist. Treten sie aber gehäuft oder über längere Zeit auf, ist es sinnvoll, genauer hinzusehen, ob sich dahinter vielleicht ein seelischer Konflikt, eine Angsterkrankung oder eine Depression verbirgt. Denn auch sie können sich mit Hyperventilieren äussern.