Wann und wo treten Zecken wirklich auf? Wie schütze ich mich – und was ist zu tun, wenn ich gestochen werde? Eine Expertin beantwortet die wichtigsten Fragen zur alljährlichen Parasitenplage.
Sie gehören zu den unangenehmen Begleiterscheinungen der warmen Jahreszeit: Zecken. Steigen die Temperaturen, klettern die kleinen Biester aus dem Unterholz und machen uns das Leben schwer. Was wir dagegen unternehmen können, erklärt Dr. med. Barbara Oberholzer, Fachärztin für Innere Medizin FMH und Leiterin der Medbase Permanence Hauptbahnhof Zürich, in den Antworten auf die folgenden 10 Fragen.
Der Lebensraum der Zecken ist in hohem Gras, an Waldrändern, entlang von Waldwegen, auf Waldlichtungen. Die Spinnentiere können aber auch in Gärten vor allem in Waldnähe vorkommen. Die Zecken werden durch ihre Wirte – zum Beispiel Mäuse oder Rehe – im Garten verbreitet. Sie kommen auch in den Bergen vor – bis zu einer Höhe von 2000 Metern.
Zecken sind am Tag und in der Nacht aktiv, lieben Temperaturen von 14 bis 23 Grad und eine hohe Luftfeuchtigkeit. Da wegen des Klimawandels die Temperaturen steigen, kommen die Parasiten nicht mehr nur zwischen März und Oktober vor, sondern man kann praktisch das ganze Jahr von Zecken gestochen werden.
Wo kommen Zecken hierzulande vor? In der Schweiz haben sich die Gebiete, in welchen sich Personen mit dem FSME-Virus infiziert haben, ausgeweitet. Nur Genf und Tessin wurden bisher weitgehend verschont. Ansonsten gilt die ganze Schweiz als FSME-Risikogebiet.
Am besten hält man sich nicht im hohen Gras und Unterholz auf, denn die Zecken sind nicht wie früher geglaubt auf Bäumen und lassen sich fallen, sondern sie warten auf den Gräsern und lassen sich abstreifen, wenn das Opfer durch das Gras läuft. Auf befestigten Wegen ist das Risiko jedoch gering. Auch mit dem richtigen Outfit kann man sich vor Zecken schützen: zum Beispiel geschlossene Kleidung mit langen Ärmeln und Hosen, am besten die Socken über die Hosen ziehen. Helle Kleidung ist vorteilhaft, so lassen sich die Tiere besser erkennen. Auch Zecken abweisende Mittel können helfen. Weitere Infos zum Thema findest du ausserdem hier.
Achtung, Zecken beissen nicht, sie stechen. Die Tiere verfügen über einen Stechrüssel und ein scherenartiges Mundwerkzeug. Sobald sie die optimale Einstichstelle gefunden haben, schneiden sie mit dem Mundwerkzeug die Haut auf und piksen mit dem Stechrüssel in das Gewebe. Dann beginnen sie, Blut zu saugen. Die Tiere brauchen das Blut, um wachsen zu können. Bevorzugt geschehen die Stiche an weichen, gut durchbluteten und dünnen Hautstellen, wo sie unentdeckt bleiben. Besonders beliebt sind Kniekehlen, Leisten, Hoden, Achselhöhlen oder auch hinter den Ohren oder unter der Brust. Bei Kindern kommen die Parasiten auch häufig am Kopf vor.
Da Zeckenstiche und saugende Zecken nicht schmerzen, werden sie oft nicht entdeckt. Wichtig ist es deshalb, nach einem Spaziergang die Haut nach Zecken abzusuchen. Die Zecken haben in ihrem Speichel Substanzen, welche die Einstichstelle unempfindlich machen. Der Wirt soll möglichst nichts merken, da die Zecke mehrere Tage braucht, bis sie ihre Blutmahlzeit beendet hat. (Fortsetzung weiter unten...)
Sobald eine Zecke auf dem Körper entdeckt wird, sollte sie sofort entfernt werden. Dies kann entweder mit einer Pinzette, einer speziellen Zeckenzange, einer Zeckenkarte oder mit den Fingern geschehen. Aber keine Panik: Sollten Teile des Beissapparats in der Haut stecken bleiben, werden diese vom Körper abgestossen. (Fortsetzung weiter unten...)
Am besten ergreift man die Zecke möglichst an der Haut und hebt sie langsam an, so lässt sie sich am besten entfernen. Mit dem Verwenden einer Zeckenpinzette kann das Quetschen der Zecke verhindert werden. Dieses kann tückisch sein: Das Tier erbricht dann seinen Darminhalt in unser Blut und kann so Krankheitserreger übertragen.
Zecken können verschiedene Krankheiten auslösen. Zum einen die durch das FSME-Virus übertragene Frühsommer-Meningoenzephalitis, eine schwere Form von Hirnhautentzündung. Im Extremfall kann das Virus sogar tödlich sein. Besonders tückisch: Es gibt keine Therapie, der Körper muss mit dem Virus selber fertigwerden. Nach überstandener Krankheit können zudem Schluckbeschwerden und Lähmungen bestehen bleiben.
Die FSME-Impfung ist die einzige Möglichkeit zu verhindern, dass man schwer an dieser Krankheit erkrankt. Zum anderen können Zecken aber auch Bakterien übertragen, sogenannte Borrelien. Die daraus resultierende Krankheit wird Borreliose genannt. Im ersten Stadium entwickelt der Patient meist an der Stichstelle die sogenannte «Wanderröte». In diesem Stadium ist die Krankheit mit Antibiotika zu behandeln. Andernfalls werden im zweiten Stadium Organe befallen, Gelenke, das Nervensystem oder auch das Herz. Im dritten Stadium kann die unbehandelte Krankheit selten zu chronischen rheumatischen Beschwerden und Müdigkeit führen.
Eine weitere, etwas weniger bekannte durch Zecken übertragbare bakterielle Krankheit ist die Tularämie, auch Hasenpest genannt. Diese führt zu Hautveränderungen und geschwollenen Lymphknoten. Sie kann wie die Borreliose mit Antibiotika behandelt werden. (Fortsetzung weiter unten...)
Nach Entfernung der Zecke sollte die Stichstelle gründlich desinfiziert werden. Wird man nach einem Stich krank, sollte man eine Ärztin oder einen Arzt aufzusuchen. Auftreten können grippeähnliche Symptome, Fieber, Hautveränderungen, grösser werdende Rötungen an der Haut («Wanderröte»), Gelenkentzündungen und gar Lähmungen. Bei Unsicherheiten rund um die erwähnten Symptome empfiehlt es sich, einen Arzt aufzusuchen.
Ja, wichtig ist aber der Zeitpunkt. Eine Impfung direkt nach dem Zeckenstich kann eine Krankheit von dieser Zecke nicht mehr verhindern. Wichtig ist es deshalb, die FSME-Impfung gleich ganz zu Beginn der Saison zu machen. Diese kann zum Beispiel in der Permanence am Zürcher Hauptbahnhof, in den Medbase Medical Centern oder in sämtlichen Medbase Apotheken erledigt werden.
Nein. Am besten fasst man sie knapp über der Haut mit einer Pinzette, zwei Fingernägeln oder einer «Zeckenkarte» und zieht sie behutsam heraus. Danach die Stichstelle desinfizieren, mit einem Stift umranden und etwa sechs Wochen lang im Auge behalten. Wichtig ist, die Zecke rasch zu entfernen. Denn je länger eine sie haftet, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie Krankheitserreger überträgt.
Bitte nicht. Denn im Todeskampf kann die Zecke noch Krankheitserreger aus dem Darm oder den Speicheldrüsen übertragen. Auch ihren Bauch sollte man deshalb möglichst beim Herausziehen nicht quetschen.
Nein. Grund: Es handelt sich nicht um den Kopf der Zecke, sondern um einen Teil des Stechapparats. Wenn Teile ihres Stechapparats in der Haut verbleiben, ist das kein Grund zur Sorge. Einfach desinfizieren und zuwarten. Der Körper schafft diese Überbleibsel von allein heraus. Falls sie nach fünf Tagen noch immer in der Haut stecken, kann ein Arzt sie entfernen.
Eine kleine, punktförmige Rötung direkt an der Stichstelle ist fast immer eine harmlose Reaktion auf den Stich. Der Borreliose-Hautausschlag (die «Wanderröte») dagegen hat einen Durchmesser von mindestens fünf Zentimetern. Weil die Borreliose auch atypische Hautausschläge verursachen kann, sollte man im Zweifelsfall zum Arzt gehen.
Die meisten Zeckenstiche werden gar nicht bemerkt und haben auch keine Folgen. Von 100’000 Zeckenstichen führen in der Schweiz statistisch circa 1000 bis 5000 zu einer Borrelieninfektion – von der aber nur etwa 10 bis 50 Personen etwas bemerken. Noch seltener ist die FSME: Von 100’000 gestochenen Personen erkranken statistisch höchstens 300 bis 900 kurz an einem grippeähnlichen Infekt, der meist ausheilt. 30 bis 90 Personen aber – vor allem ältere – bekommen noch einen zweiten, schweren Krankheitsschub.