Nach dem Essen werden wir meist müde und träge. Sollen wir uns nach dem Essen eher hinlegen oder uns bewegen? Die Medizin gibt differenzierte Antworten, wie iMpuls zeigt.
«Nach dem Essen sollst Du ruh'n oder 1000 Schritte tun»: Diese «Lebensweisheit», von Kindsbeinen an vermittelt, ist allerdings schwierig zu deuten. Was denn nun? Ist nach dem Essen Ruhe oder Bewegung angesagt?
Aus eigener Erfahrung wissen sicher die meisten, dass eine grosse körperliche Leistung, vor allem kurz nach einem üppigen Mahl, gar nicht möglich ist. Spitzensportler würden nie auf die Idee kommen, sich vor einem Ernstkampf noch den Bauch mit Fettigem vollzuschlagen.
Der Grund liegt darin, dass der Körper nach dem Essen auf Verdauung umschaltet. Die Verdauung ist eine anstrengende Angelegenheit, die quasi auf Kosten anderer Organe geht. Weil die Verdauungsorgane für die Zerlegung des Nahrungsbreis und der Aufnahme von Nährstoffen durch den Dünndarm besser durchblutet werden, fehlt dieses Blut in anderen Regionen des Körpers, insbesondere dem stark durchbluteten Gehirn. Die Folge: Wegen der geringeren Sauerstoffzufuhr machen wir schnell einmal schlapp. Ebenso sinkt die Konzentrationsfähigkeit. (Fortsetzung weiter unten...)
Die Müdigkeit nach dem Essen ist eine völlig normale Reaktion und hat nichts mit einer chronischen Müdigkeit oder Erschöpfungszuständen zu tun. Es erübrigt sich daher, einen Arzt zu konsultieren. Eine Ausnahme besteht, wenn die Müdigkeit lange anhält (was eventuell auf ein Problem mit der Schilddrüse hindeutet) oder wenn die Müdigkeit auch nach dem Verzehr leichter Lebensmittel wie Salaten oder Früchten auftritt.
Wer nach einem üppigen Mahl trotzdem joggen geht und dann feststellt, dass ihn plötzlich die Kräfte verlassen, hört automatisch auf und ruht sich aus. Beim Schwimmen geht das nicht unbedingt, deshalb ist bei dieser Sportart besondere Vorsicht geboten: Wer einen vollen Magen hat und gleichzeitig noch Energie zum Schwimmen braucht, riskiert einen Schwächeanfall. Akute Ertrinkungsgefahr droht, wenn sich das rettende Ufer nicht mehr rechtzeitig erreichen lässt.
Es gibt also schon einen triftigen Grund, warum Eltern ihren Sprösslingen unermüdlich eintrichtern (sollten), dass sie nach dem Essen eine gewisse Zeit warten müssen, bevor sie sich wieder ins kalte Nass stürzen. Je fettiger das Essen, desto länger die Wartezeit. Empfohlen werden eine bis zwei Stunden.
Gegen einen Verdauungsspaziergang nach dem Essen ist aber nichts einzuwenden, im Gegenteil. Eine mässige körperliche Betätigung und frische Luft regen die Darmtätigkeit an. Oder um es mit den Worten eines Mediziners auszudrücken: «Bewegung unterstützt die Peristaltik des Verdauungstraktes». Leichte Bewegung empfiehlt sich vor allem nach einer leichten Mahlzeit.
Nach einem üppigen Mahl fehlt aber oft schon jeder kleinste Bewegungsdrang. Man möchte sich nur noch hinlegen, was allerdings direkt nach dem Essen nicht ratsam ist. Oder um es differenzierter auszudrücken: Gegen Ruhen ist nichts einzuwenden, aber Ruhen sollte nicht mit Hinlegen gleichgesetzt werden. Nach einem ausgesprochen üppigen Mahl ist es besser, sich zuerst ein paar Minuten im Sitzen oder Stehen zu entspannen.
Der Grund ist darin zu suchen, dass der Nahrungsbrei im Magen bei der Verdauung die Magensäureproduktion anregt. Wenn wir liegen, kann die Säure in die Speiseröhre zurückfliessen, wodurch bei einigen Menschen Sodbrennen ausgelöst wird. Das ist nicht nur unangenehm, sondern auch gesundheitsschädigend. Wer dieses Problem aus eigener Erfahrung nicht kennt, darf sich nach dem Essen dagegen sofort ein Nickerchen gönnen.