Er bringt Gefühle tiefer Zufriedenheit, aber zeigt sich lediglich, wenn wir uns einer Tätigkeit ganz hingeben: der Flow. Warum sich gerade Sport gut eignet, um uns in diesen Zustand zu versetzen, hat mehrere Gründe.
Wie fühlen sich die Momente an, in denen wir am zufriedensten sind, und was tun wir dabei gerade? Der ungarische Psychologe Mihaly Csikszentmihalyi hat Tausenden von Menschen diese Frage gestellt. Die Antworten reichten von Kreuzworträtsel lösen über Komponieren, Operieren und Diskutieren bis hin zu Motorradfahren oder Yoga.
So unterschiedlich die Aktivitäten sind, so ähnlich wurde jeweils das Gefühl beschrieben, das damit einhergeht: Eine Art Fliessen, das einen mühelos mitzuziehen scheint, ein Getragensein, selbstvergessen und eins mit sich und der Welt.
Flow, wie Csikszentmihalyi den Zustand schliesslich nannte, das klingt nach sich treiben lassen – doch das Gegenteil ist der Fall: Selten stellt sich das Flow-Gefühl beim Scrollen durch die Twitter-Timeline oder andere Aktivitäten ein, die dem Menschen nicht allzu viel an Konzentration und Durchhaltewillen abverlangen. Flow entsteht nur, wenn wir ganz und gar vertieft sind in das, was wir gerade tun und dabei alles um uns herum vergessen. Vielleicht fühlt sich die Tätigkeit nicht einmal besonders angenehm an, während wir sie gerade ausüben, und wir merken erst im Nachhinein, wie bereichernd das Erlebte war.
Sportliche Herausforderungen etwa sind geradezu geschaffen dazu, uns in diesen Zustand zu versetzen. Ob Basketball, Wettlauf oder Flamenco, sie alle bringen die grundlegenden Voraussetzungen mit, damit Flow überhaupt aufkommt: Wir haben ein klares Ziel, sei es, das nächste Spiel zu gewinnen, uns selbst zu übertreffen oder der Tanzauftritt in drei Monaten; es gibt klare Regeln, wir wissen, welche Fähigkeiten wir uns aneignen müssen und erhalten umgehend die Rückmeldung, ob uns das auch gelungen ist. (Fortsetzung weiter unten...)
Es müssen jedoch nicht unbedingt offizielle Wettkämpfe oder klar definierte Sportarten sein, damit Bewegung zu Flow führen kann. Selbst ein Spaziergang lässt sich so gestalten, dass er Bewusstsein und Aufmerksamkeit vollständig fesselt, wie Csikszentmihalyi in seinem Buch «Flow – The Psychology of Optimal Experience» schreibt.
Vielleicht nehmen wir uns vor, auf dem Weg jedes Mal eine neue Pflanzenart zu entdecken oder suchen nach der besten Abkürzung; vielleicht versuchen wir möglichst bewusst zu atmen oder passen das Schritttempo so an, dass wir nie an einem Rotlicht stehen bleiben müssen. Doch egal, was es ist, wichtig ist, dass wir die Tätigkeit um ihrer selbst willen ausführen. Wer nur Körbe wirft, um den Gegner zu besiegen, wer nur läuft, um seine Schenkel zu straffen, wird nie ganz aufgehen, in dem, was er gerade tut.
In seiner Forschung geht es Csikszentmihalyi, der einst an der Universität Chicago promoviert und dort lange das Psychologische Institut geleitet hatte, aber nicht in erster Linie darum, dass wir einfach körperlich aktiver sind, sondern um das Leben an sich: Dieses halte mit grosser Wahrscheinlichkeit für jeden Enttäuschungen und Unwägbarkeiten bereit, die ausserhalb seiner Kontrolle lägen, schreibt der Wissenschaftler. Wenn wir uns deshalb ausschliesslich im Bemühen verstricken, die äusseren Umstände zu ändern, wenn wir den Blick stets auf die Zukunft richten, im Glauben, das Gute komme erst noch, gerät irgendwann ausser Acht, dass wir letztlich nur über unser Bewusstsein selbst bestimmen können. Darüber, wie wir die Gegenwart sehen und gestalten, und ob wir selbst in widrigen Situationen noch etwas finden, dem wir uns ganz hingeben und an dem unsere Fähigkeiten wachsen können.