Wandern ist in der Schweiz äusserst beliebt. Doch nicht alle verstehen das Gleiche darunter. Grund genug, eine Typologie der Wanderer zusammenzustellen, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.
Wandern ist seit Langem en vogue. 57 Prozent der Schweizer Bevölkerung wandern. Das zeigt die Sekundäranalyse von «Sport Schweiz 2020» und die Befragung von Wandernden in verschiedenen Wandergebieten. Was macht es so attraktiv? Wanderer wollen aktiv etwas für ihre Gesundheit tun und die Natur erleben. Das hält «Der deutsche Wandermarkt 2014» fest. Stressabbau und Selbstbesinnung sind nach innen gerichtete Motive, welche sich der Durchschnittswanderer – übrigens 52 Jahre alt – von der Bewegung draussen wünscht. Wie das genau geschehen soll, ist individuell.
Das Wandern beglückt auch den Körper: Selbst wer nur kurze Strecken von 90 Minuten Dauer wandert, fördert die Gesundheit, wie Studien zeigen. Allerdings nur, wenn Koordinations- und Lockerungsübungen integriert werden. Effekt: Das Körpergewicht sinkt, der Body-Mass-Index verbessert sich und der Blutdruck bewegt sich ebenfalls gegen unten.
Man hört sie schon von Weitem. In geselliger Runde wandern sie plaudernd und lachend gemächlich bergan. Rucksack und allenfalls Stöcke gehören dazu, doch lautet das Motto nicht Picknick am Hang, sondern Einkehrschwung in die nächste Beiz. Und davon gibts viele – falls nicht, hat der Organisator die falsche Wanderung gewählt und muss zur Strafe am Abend eine Runde ausgeben.
Alleine oder zu zweit unterwegs, möchten diese Wanderer in eine alpine Gegenwelt zum Alltag eintauchen. Die Routen sind so gewählt, dass sie möglichst wenigen Leuten begegnen. Der Rucksack ist leicht, aber mit allem, was nötig ist, professionell gepackt. Die Ausrüstung ist der Wanderung angepasst. Häufig bei Sonnenaufgängen auf Gipfeln anzutreffen. (Fortsetzung weiter unten …)
Turnschuhe, kurze Sporthose, Trinkflasche und Energieriegel im Gurt kennzeichnen sein Äusseres. Der Sportwanderer rennt den Berg hinauf, den Blick konzentriert auf den felsdurchsetzten Weg gerichtet. Murmeltier, Gämse und Kuh sind unbemerkte Kulisse, im Fokus steht das Training für den nächsten Jungfrau-Marathon.
Häufig aus Deutschland zugezogen, entdecken diese Wanderer mit Freude die Bergwelt der Schweiz. Zu zweit oder in Gruppen unterwegs, unterscheiden sie sich von den Genusswanderer dadurch, dass sie jünger sind, schneller wandern und lieber picknicken als einkehren. Häufig gehörter Satz: «Es ist so schön hier». Die englischsprachige Variante unterhält sich unterwegs über die nächsten Charity-Aktionen.
Ihr Ding sind mehrtägige Touren als Selbstversorger ohne Kontakt zur Zivilisation. Sie möchten weit weg von allem in der Natur abschalten. Äusseres Merkmal sind die prall gefüllten 55-Liter-Rucksäcke (Verpflegung, Zelt, Schlafsäcke müssen mit), Bergschuhe, Karten und ein langsamer Gang. Der schwere Rucksack fordert seinen Tribut. Sieht man sie nach einer Woche im gleichen T-Shirt wie am ersten Tag, besteht kein Grund zur Sorge. Es wurde sicher mehrere Male mit abbaubarem Waschmittel in Bergbächen gewaschen.
Ihr ursprüngliches Habitat ist das Alpsteingebiet, doch sind sie seit dem ersten Auftreten auch in anderen Regionen der Schweiz anzutreffen. Sie erinnern an die Fortsetzung der FKK-Bewegung in Wanderschuhen. Ihr Fokus liegt dabei auf dem Erleben der Natur, zu dem auch das eigene Nacktsein gehört. Das sei nicht nur bequem, sondern vermittle auch ein Gefühl der Freiheit, sagten die Nacktwanderer vom Alpstein vor Jahren dem Time Magazine. Das titelte 2009: «Another Reason to Visit Switzerland: Hiking in the Nude».
Mit Smartphones und Selfie Sticks bewaffnet, strömen sie aus den Bergbahnen und machen Selfies und Gruppenselfies vor der imposanten Bergkulisse. Wanderschuhe sind dafür nicht nötig, auf erschlossenen Gipfeln wurden auch schon Stöckelschuhe gesichtet. Doch die Begeisterung der Besucher aus dem Ausland wiegt alles auf.