An andere denken, ihnen Gutes tun, etwas schenken – das wirkt auch positiv auf uns selbst. Egal, ob wir Geld spenden oder Zeit schenken.
Warum spenden wir? Wieso tun es die einen leichter als andere? Warum sind wir gerade während der Weihnachtszeit sehr grosszügig? Diese Fragen treiben Forscher seit Jahren um. Inzwischen haben sie auch Antworten auf alle die Fragen gefunden.
Klar scheint: Wenn man rein ökonomisch denkt, macht grosszügiges Verhalten «eigentlich keinen Sinn», sagt Soyoung Park, Professorin für Sozialpsychologie und Neurowissenschaft an der Uni Lübeck. «Aber ein solches Verhalten ist sehr wichtig für unser Überleben und wesentlich für das Funktionieren einer Gesellschaft.» Wissenschafter der Universitäten Zürich und Erfurt fanden zum Beispiel heraus, dass, je häufiger sich die Mitglieder einer Gruppe grosszügig und altruistisch verhielten, desto grösser der Überlebensvorteil der ganzen Sippe war.
So liesse sich auch erklären, warum wir gegenüber nahestehenden Personen freigiebiger sind als gegenüber Unbekannten. Selbstaufopferung nutzt nach dieser Theorie zwar nicht dem einzelnen Individuum – wohl aber der Gemeinschaft.
Doch auch jeder Einzelne kann unmittelbar davon profitieren, einem Blutspende-Aufruf zu folgen oder der betagten Nachbarin die Einkäufe in den zweiten Stock zu tragen. «Wenn wir uns grosszügig verhalten, macht uns das glücklich», weiss Soyoung Park.
Die enge Verknüpfung zwischen Geben und Glück zeigt sich sogar im Gehirn, wie die Forscherin zusammen mit Kollegen in einem Experiment herausgefunden hat. Den Ergebnissen zufolge aktiviert grosszügiges Verhalten ein Hirnareal, das eng mit unserem Belohnungszentrum verknüpft ist.
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Dieser Zusammenhang könnte auch erklären, wieso Menschen doch immer wieder bereit sind, selbst Wildfremden zu helfen – etwa durch Geld für Organisationen, die in der Dritten Welt tätig sind. Oder durch eine Organspende.
Tatsächlich reicht oft schon die feste Zusage, sich grosszügig zu verhalten, um das Gefühl der Zufriedenheit zu spüren. Expertin Park: «Spannenderweise macht Geben sogar glücklicher als die Selbstbelohnung.»
Bleibt die Frage, warum sich manche Menschen sozialer verhalten als andere. Ein Grund dafür könnten auch unsere Erbanlagen sein. Forscher um Martin Reuter, Professor für Psychologie an der Uni Bonn, identifizierten ein bestimmtes Gen, das wohl das Erleben positiver Emotionen beeinflusst. Je nach Variante dieses Gens spendeten Probanden in einem Versuch mehr oder weniger Geld für einen wohltätigen Zweck.
Auch die Hirnstruktur scheint auf den Grad unserer Selbstlosigkeit zu wirken. Wirtschaftswissenschafter der Uni Zürich fanden heraus, dass die Menge an grauer Substanz an einer bestimmten Stelle des Denkorgans Einfluss darauf hat, wie altruistisch wir uns verhalten. Die gleiche Region scheint auch zuständig zu sein für die Verarbeitung von Mitgefühl. (Lies unten weiter...)
Die Forscher gaben Probanden Geld, das sie zwischen sich und einem anonymen Spielpartner aufteilen sollten. Dabei wurde ihre Gehirnaktivität aufgezeichnet. Die Tests konnten zeigen, dass die besagte Hirnregion immer dann aktiv war, wenn Menschen an die Grenzen ihrer Grosszügigkeit kamen – bei den eher Geizigen genügten dazu schon kleine Summen.
Da ist es tröstlich, dass die Gabe zu geben nicht nur von der Biologie bestimmt wird. Menschen werden vor allem von sozialen Normen, Werten und Moralvorstellungen geprägt. Das Umfeld entscheidet mit darüber, wie grosszügig wir handeln – das belegen zahlreiche Studien.
Altruismus ist demnach ein erlerntes Verhalten, das die Gesellschaft erwartet und honoriert. Und das auch von Traditionen beeinflusst wird. So ist es kaum verwunderlich, dass im Dezember viel mehr gespendet wurde als in den anderen Monaten des Jahres.
Doch handelt es sich wirklich um echten Altruismus, wenn wir rund um Weihnachten plötzlich alles und jeden beschenken? Ja. «Prosoziales Verhalten, also Verhaltensweisen, die anderen Menschen nutzen und uns etwas kosten, zeichnet sich schliesslich nicht dadurch aus, dass es uns keine Freude bereiten darf», meint dazu Anne Böckler-Raettig, Psychologieprofessorin an der Universität Würzburg. Wann immer wir Zeit und Kraft oder unser Hab und Gut teilen, ist es eine Investition, die mit einer doppelten Dividende lockt: dem Glück für andere und sich selbst.