Ein Schweizer Shootingstar der veganen Küche erzählt im Interview, wie Rezepte auch ohne tierische Produkte überzeugen und gibt Tipps für vegane Leckerbissen.
Es ist Freitagnachmittag kurz vor halb fünf. Philip Hochuli bereitet in der Küche der Migros Klubschule Oerlikon seinen veganen Kochkurs vor – und kann das Highlight des Abends bereits voraussagen: ein «Kokos-Schoko-Traum», der ebenso gut aussieht, wie er auch schmeckt. 2010 hat der Ökonom mit Jahrgang 1991 aus ethischen Gründen auf eine vegane Ernährung umgestellt und dabei unverhofft seine Passion fürs Kochen entdeckt. Inzwischen begeistert Philip Hochuli als Autor von Kochbüchern wie «Vegan Chocoholic» und «Vegan: Die pure Kochlust» ein breites Publikum.
Philip Hochuli: Für mich steht der Spass am Kochen im Vordergrund, nicht etwa ideologische oder gesundheitliche Aspekte: Ich möchte Leute mit dem Kulinarischen begeistern. Meine Rezepte sind unkompliziert, alltagstauglich und bestehen zu 98 Prozent aus Zutaten, die in jeder Migros erhältlich sind. So können auch Berufstätige und Vielbeschäftigte super einfach mit geringem Zeitaufwand ein tolles Kocherlebnis erzielen.
Einerseits hat in den letzten Jahren sicherlich eine kulinarische Entwicklung stattgefunden. Andererseits tragen auch prominente Persönlichkeiten zum neuen Image der veganen Küche bei, indem sie Klischeevorstellungen und dogmatischen Positionen widersprechen. Man muss nicht streng nach dem Motto «entweder 100% vegan oder gar nicht» leben. Vielmehr stehen Spass und Lifestyle im Vordergrund und ermöglichen einen pragmatischeren Zugang: Es geht auch darum, Neues kennenzulernen und mal anders zu kochen, die vegane Küche ist diesbezüglich ein echtes Highlight!
Viele sind erstaunt, dass man klassische Rezepte vegan – und sehr genüsslich – kochen kann. Ein einfaches Rezept, das sich bewährt hat, sind etwa vegane Schinkengipfeli. Die meisten sind begeistert, wenn sie merken, dass vegane Schinkengipfeli ebenso gut oder sogar besser schmecken können als die klassische Variante. (Lies unten weiter...)
Anstatt Butter: Margarine verwenden.
Anstatt Rahm: Als Grundlage nehme ich Sojamilch, fürs Aroma kommt Mandel- oder Cashewmus dazu. Nüsse haben in der veganen Küche einen hohen Stellenwert als Geschmacksträger.
Anstatt Eier: Eier haben verschiedene Funktionen, da gibt es kein 1:1 Ersatzprodukt. Bindefunktion kann man leicht mit Maisstärke erreichen. Zum Aufgehen braucht es mehr Backpulver oder Natron. Aber das Entscheidende: Etwas Essig lässt Gebäcke schön locker werden. Der säuerliche Geschmack verfliegt beim Backen! Solange man kein Kräuteressig verwendet, merkt man vom Essig nach dem Backen nichts mehr.
Tatsächlich ist Tofu sehr vielseitig einsetzbar. Es gibt nur eine Regel: Nie einfach so in einen Naturtofu beissen! Das lohnt sich geschmacklich nicht. Bereits einfache Tricks wie würzige Marinaden machen aber den grossen Unterschied aus.
Die traditionelle Schweizer Küche ist eher gewürzarm. Nach Salz, Pfeffer, Petersilie, Schnittlauch und vielleicht etwas Muskatnuss hört es mit der Vielfalt schon bald auf. Vergleichsweise nutze ich beim Kochen eine grosse Vielfalt an Gewürzen: Etwa kommen Zimt, Kreuzkümmel oder Koriander oft zum Einsatz, aber auch italienische Kräuter spielen für mich eine sehr wichtige Rolle.
Zuerst einmal: Ich liebe Süsses über alles! Wäre es nicht möglich, so gut und einfach auch vegane Süsspeisen wie Cakes, Muffins und co zuzubereiten, hätte ich mich wohl nicht so lange als Veganer gehalten. Meiner Erfahrung nach gibt es nur zwei bis drei Süssspeisen, die nicht auch vegan super gut gelingen. Das betrifft vor allem Desserts, die fast ausschliesslich aus Ei bestehen wie etwa Soufflé oder Meringue. Alles Übrige wird mit dem richtigen Know-How auch ohne tierische Produkte köstlich: Und zwar von der Sachertorte übers vegane Schokoladenmousse bis zur Streusel-Wähe. Das fasziniert mich noch immer!
Eine vegane Spaghetti Carbonara schmeckt ausgezeichnet, damit habe ich schon zahlreiche Gäste überrascht. Die Sauce braucht vielleicht etwas Übung. Aber das ist ganz allgemein mein Tipp für alle, die die vegane Küche entdecken wollen: Erstens sollte man sich zu Beginn möglichst exakt an die Rezepte halten bis man etwas das Gefühl für Zutaten entwickelt hat, bei mir hat dies damals zwei bis drei Monate gedauert. Ausserdem nicht gleich nach dem ersten Mal aufgeben, manchmal braucht es eben einen zweiten Anlauf!