Normalerweise verkauft Ralf seinen Kunden Gleitsichtbrillen, jetzt braucht er selber eine. Wie es ihm ergeht, sehen Sie im Video. Erfahren Sie zudem mehr über Augenflimmern, wem welche Brille steht und den McGurk-Effekt.
Ralf ist 43 Jahre alt und Vater von «zwei bezaubernden kleinen Mädchen». Solange er denken kann, trägt er schon eine Brille. «Dass ich nicht gut in die Ferne sehe, weiss ich. Deshalb trage ich ja eine Brille. Aber seit einiger Zeit sehe ich auch in die Nähe nicht mehr gut», klagt er.
Das Problem liegt ihm auf dem Magen. «Mich treibt die Befürchtung um, dass ich eine Gleitsichtbrille brauche», erzählt er. «Das Verrückte an der Sache ist: Ich bin Augenoptiker und verkaufe seit über 20 Jahren selber Gleitsichtbrillen. Ich sage jedem Kunden, er müsse sich nicht davor fürchten. Jetzt, wo ich in der gleichen Situation bin, ist mir nicht ganz wohl.»
Mit Hilfe von Misenso geht Ralf das Thema an. Wir zeigen seine Erfahrungen im Video.
Ob sich mit Gleitsichtbrillen auch am Bildschirm arbeiten lässt, wie unsere Augen eigentlich aufgebaut sind und was es mit Augenflimmern auf sich hat, können Sie unten nachlesen. Testen Sie zudem Ihr Wissen runds ums Sehen in unserem Quiz und erfahren Sie auch, wie Sehen und Hören zusammenhängen – und welche Brille zu welchem Gesicht passt.
Hans-Dieter Haas, Leiter Vertrieb und Training bei MiSENSO AG, gibt Auskunft.
Eine Gleitsichtbrille ist am Computer grundsätzlich ein Kompromiss, da die Nutzungsflächen aufgrund der Vielzahl der Korrekturen im Glas deutlich kleiner sind. Im Anfangsstadium ist das gut vertretbar. Jedoch ist ein Arbeitsglas von Beginn weg immer die bessere Wahl, da mit diesem Glas gezielt auf die erforderlichen Entfernungen eingegangen wird, die der Optiker mit dem Kunden im Gespräch bestimmt hat. Das heisst, das Glas berücksichtigt sämtliche Sehzonen, was einen bequemen Arbeitsablauf erlaubt. Mit zunehmendem Alter und grösserer Differenz in den Sehbereichen Ferne und Nähe ist es fast unvermeidlich, dass man auf das Computerglas ausweicht. In der Regel betrifft das Menschen ab 45 Jahren.
Das wichtigste Kriterium neben der passenden Stärke und der exakten Bestimmung der Arbeitsdistanz ist der Blaulichtfilter. Dieser schont die Augen im Arbeitsalltag, weil durch ihn schädliches UV-Licht nur reduziert ins Auge gelangt.
Nein, doch nach den neuesten Studien reizt das kurzwellige blaue Licht die Netzhaut etwas stärker. Das wiederum kann eine erhöhte Reizung der Horn- und Lederhaut zur Folge haben, was für das Auge unangenehm werden kann. Da es medizinisch erwiesen ist, dass UV-Licht schädlich für die Augenlinse ist und zum Beispiel zu einem früheren Einsetzen des Grauen Stars führen kann, wird hier mit dem Blaulichtfilter eine Schutzfunktion erreicht.
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Am Computer empfiehlt sich die Brille. Mit Kontaktlinsen lässt sich meistens nur auf eine einzige Distanz optimal auskorrigieren. Zudem trocknen Kontaktlinsen durch die stark reduzierte Lidschlagfrequenz eher aus. Dadurch werden sie schnell unbequem. Auch Oberfläche und Optik der Kontaktlinsen verändern sich. Erschwert wird diese Situation im Zusammenhang mit Klimaanlagen und Heizen im Winter. Brillen hingegen lassen sich auf alle Arbeitsdistanzen optimal einstellen und auskorrigieren. Auch bei Brillenträgern, die Brillen auf unterschiedlichste Distanzen benötigen.
Beim Arbeiten am Monitor sollte sich – bei bequemer Kopfhaltung – die oberste Textzeile unterhalb der Augenhöhe befinden. Liegt diese Blickrichtung deutlich höher, können dadurch Nackenverspannungen entstehen. Das kann zu Schmerzen führen und auch die Durchblutung am und im Kopf grundsätzlich erschweren. Um angenehm arbeiten zu können, sollte man auch Spiegelungen auf der Oberfläche des Bildschirms dringend vermeiden. Die gebräuchlichste Arbeitsentfernung zum Computer liegt zwischen 60 und 80 cm.
«Augenflimmern wird oft beklagt. Meistens ist es allerdings nicht gefährlich. Trotzdem muss es augenärztlich abgeklärt werden», sagt János Weber, eidg. dipl. Facharzt für Augenheilkunde und Standortleiter Medbase Kriens Mattenhof. Flimmern ist jedoch nicht gleich Flimmern. Hier die wichtigsten Informationen zu den verschiedenen Arten.
Eine «Bildstörung» ist noch kein Grund, in Panik zu verfallen. «Das gehört meist zu den Anzeichen einer Migräne mit Aura», so János Weber. «Oft kennen die Patientinnen und Patienten die Symptome, da sie immer gleich ablaufen. Häufig ist ein tiefer Blutdruck bekannt. Schwindel, Reisekrankheit und kalte Extremitäten passen typischerweise dazu. Betroffene können auch schlecht einschlafen.»
Die Bildstörungen bei Migräne werden als Flimmerskotome bezeichnet und können individuell sehr verschieden ausfallen. Manche der Geplagten sehen eine bogenförmige, flirrende Zickzack-Linie, in der Fachsprache Fortifikation genannt. Fortifikationen beginnen in einem kleinen Areal, werden hell-zackig grösser und wandern in die Peripherie. Nach spätestens 20 Minuten ist der Spuk vorbei und wird häufig von einem dumpfen Gefühl abgelöst – teilweise auch von einer ausgewachsenen Migräneattacke.
Beim negativen Skotom erkennt man auf einmal stellenweise keine Strukturen mehr. Beim positiven Skotom sieht man mehr Struktur, als effektiv da ist. Möglich ist auch, dass man auf der einen oder anderen Seite die Wahrnehmung ganz verliert und nur noch einen weissen Fleck sieht (Veranschaulichungen finden Sie in unserer Bildergalerie).
Tritt ein Flimmerskotom zum ersten Mal auf, kann das für die betroffene Person erschreckend sein. Arbeiten am Bildschirm, am Bahnhof den Fahrplan lesen, eine Nachricht am Handy schreiben, Auto fahren, die Präsentation im Meeting zu Ende bringen – nichts geht mehr, weil man nicht mehr fokussieren kann.
Typisch bei all diesen Flimmerstörungen ist: Sie gehen auch dann nicht weg, wenn man die Augen schliesst. Das liegt daran, dass sie nicht von aussen wahrgenommen werden, sondern in der Sehbahn – also in einem Teil der Verbindung zwischen Auge und Gehirn. Die Ursache ist wie bei der klassischen Migräne immer noch nicht restlos geklärt. Es wird angenommen, dass Blutgefässe, die sich plötzlich verengen und dann wieder erweitern, die Phänomene auslösen.
All diese Skotome können aber auch bei anderen Erkrankungen als Migräne vorkommen. Deshalb stellt die Diagnose eine Ausschlussdiagnose dar. Das heisst, alle anderen möglichen Erkrankungen, die Augenflimmern auslösen, müssen erst ausgeschlossen werden. Erst dann wird die Diagnose Migräne mit Aura gestellt.
Eine Sonderform, die ebenfalls Augenflimmern verursacht, ist die Augenmigräne. Bei dieser verengen sich Gefässe im Auge selbst. In der Folge kommt es zu einem meist einseitigen Flimmern, das Sekunden oder höchstens ein paar Minuten anhält. Meist ist es auf ein Auge beschränkt. Danach tritt kein Kopfweh auf.
Nimmt man solche Beschwerden wahr, ist es ratsam, das augenärztlich abklären zu lassen. Denn nur ein Arzt kann beurteilen, ob das Augenflimmern zu einer Migräne mit Aura gehört oder ob etwas anderes dahintersteckt.
Dauern Bildstörungen an, sollte man aufmerksam werden und umgehend ärztliche Hilfe suchen. «Es können nicht reversible Erkrankungen wie Durchblutungsstörungen am Auge, eine Makuladegeneration oder gar ein Tumorleiden dahinterstecken», erklärt János Weber.
Bei der Makuladegeneration, die mit zunehmendem Alter auftritt, geht auf der Netzhaut der Bereich unseres schärfsten Sehens zugrunde. Dadurch sieht man verschwommen und verzerrt, im späten Stadium erscheint mitten im Bild ein Fleck. Die Krankheit lässt sich nicht heilen, aber verzögern, sofern sie früh erkannt wird und medizinische Massnahmen ergriffen werden. Ansonsten droht der irreversible Sehverlust.
In seltenen Fällen kann Augenflimmern auch auf eine Schwangerschaftsvergiftung oder auf Bluthochdruck hinweisen.
Nimmt man plötzlich Lichtblitze wahr, ist das ein Alarmzeichen. «Denn das sind typische Zeichen der Glaskörperabhebung mit Zug an der Netzhaut, und es besteht die Gefahr einer Netzhautablösung», sagt János Weber. Deswegen müssen die Augen innert 48 Stunden durch eine Augenärztin oder einen Augenarzt beurteilt werden.
Wenn ein Riss oder ein Loch in der Netzhaut ein Blutgefäss verletzt, kann sich das durch «Russregen» bemerkbar machen. Dabei «regnet» es schwarze Punkte, die den roten Blutzellen, die in den Glaskörper sickern, entsprechen. Grössere Blutungen im Auge können den Glaskörper und damit die Sicht mit «Schwaden» trüben. «Das kann man sich so vorstellen, als ob man Tinte in Wasser giesst», sagt János Weber. Auch in diesem Fall heisst es umgehend ab zum Arzt.
Hat man den Eindruck, man habe einzelne Mücken vor dem Auge, deutet das auf sogenannte «Mouches volantes» hin. Dabei handelt es sich um winzige Klümpchen in der Glaskörper-Flüssigkeit, die Schatten auf die Netzhaut werfen. Nahezu alle Menschen erleben das Phänomen. Hier handelt es sich nicht um einen Notfall. Trotzdem ist es gut, die Augen durch eine Augenärztin oder einen Augenarzt beurteilen zu lassen, da man selber die Ursache nicht erkennen kann.
Gerade bei Menschen, die viel am Computer arbeiten, kann Augenflimmern eine Ankündigung dafür sein, dass sie eine Sehhilfe benötigen – oder dass die Brille oder die Linsen, die sie benutzen, nicht mehr gut auf ihre Bedürfnisse abgestimmt sind. In diesem Fall lohnt es sich, einen Termin beim Optiker oder beim Augenarzt zu vereinbaren.
Auch Alkohol, zu wenig Schlaf oder Stress können Augenflimmern begünstigen. Daher setzen Betroffene am besten auf viel Wasser und eine gute Nachtruhe und beugen Stress mit Techniken wie Qi Gong, Tai Chi, Meditation, Yoga, autogenem Training, progressiver Muskelentspannung oder anderen Entspannungstechniken vor.
Massagen, besonders im Bereich von Rücken und Nacken, können ebenfalls helfen. «Nackenverspannungen sind ein häufiger Auslöser von Augenflimmern und Migräne», sagt János Weber.
Insbesondere bei Frauen können auch Hormonschwankungen oder die Einnahme der Pille entsprechende Beschwerden verursachen. Daher kann eine Abklärung bei einer Gynäkologin oder bei einem Gynäkologen angezeigt sein, nachdem der Augenarzt die Diagnose gesichert hat.
«Ist der Auslöser ein tiefer Blutdruck, helfen Kompressionsstrümpfe», so János Weber weiter. Ausserdem empfiehlt er, nicht von morgens bis abends in der gleichen Position zu verharren. «Legen Sie während langer Autofahrten oder bei Bildschirmarbeit regelmässig Pausen ein.» Von Ärzten ebenfalls häufig bei Migräne verschrieben: die Einnahme von Magnesium. «Es erhöht die Reizschwelle bei der Weiterleitung von Nervenimpulsen und entspannt so die Muskulatur.»
Hier finden Sie noch weitere Experten-Tipps rund ums Sehen sowie Anregungen für Augenübungen.
Wir hören Lippen und sehen Stimmen: Zu diesem Schluss kamen 1976 der britische Sprachforscher Harry McGurk und sein Kollege John MacDonald. Sie wiesen nach, dass das, was wir von Lippen ablesen, manchmal das «übertönt», was eigentlich effektiv zu hören ist.
Bei ihrer Studie führten sie Versuchspersonen einen Film vor, in dem eine sprechende Frau in Grossaufnahme zu sehen war. Im ersten Versuch legten ihr die Wissenschaftler die Silbe «ba» in den Mund, wenn sie eigentlich «ga» aussprach. Die meisten Teilnehmer gaben an, sie hätten die Silbe «da» gehört. Im zweiten Versuch wurde «ba» in der Tonspur durch «ga» ersetzt. Die Mehrheit hörte in diesem Fall «bagba» oder «gaba».
Hörten sich die Probanden nur die Tonspur des Films an oder schauten die Originalaufnahme, an der nichts verändert wurde, nahmen sie «ba» und «ga» korrekt wahr.
Das seither als McGurk-Effekt bekannte Phänomen beweist: Das Sehen beeinflusst, wie wir Sprache wahrnehmen. Überhaupt ergänzen sich alle unsere Sinne. Sie arbeiten pausenlos zusammen, damit wir sinnvoll interagieren und uns möglichst sicher in der Welt bewegen können. Deshalb ist es wichtig, Beeinträchtigungen frühzeitig zu erkennen, allenfalls durch einen Seh- oder Hörtest.