Wenn der Toilettengang zur Mühsal wird: Hinter Beschwerden beim Wasserlassen steckt bei Männern oft eine Prostataerkrankung. Bei welchen Symptomen eine Untersuchung beim Urologen angezeigt ist und was Mann dabei erwartet.
Die Prostata ist wohl das meist tabuisierte Organ im männlichen Körper. Sie befindet sich eng unterhalb der Blase und ähnelt in Grösse und Form einer Walnuss. In ihr wird ein Sekret gebildet, das bei der Ejakulation in die Harnröhre fliesst und den Samenerguss flüssiger macht.
Prostataerkrankungen sind ein spezifisch männliches Leiden. Sie treten nach dem 50. Lebensjahr gehäuft auf und werden mit fortschreitendem Alter immer häufiger. In der Altersgruppe der über 70-Jährigen sind bis zu 70 Prozent betroffen. Frauen haben keine Prostata; allerdings konnten aktuelle Studien auch bei Frauen teilweise vorhandenes Prostatagewebe nachweisen. Bereits 300 v. Chr. wurde die weibliche Prostata durch Herophilos von Chalkedon umschrieben, im 19. Jahrhundert wurde der Begriff in Skene-Drüsen umgewandelt. Diese Areale sind jedoch klein und keine exakte Entsprechung zur männlichen Prostata. Äusserst selten kommt es vor, dass Prostatazellen bei einer Frau gesundheitliche Probleme verursachen.
Finden Sie anhand eines einfachen Fragebogens heraus, ob bei Ihnen ein Gang zum Arzt angezeigt ist.
Zu den typischen Anzeichen einer Prostataerkrankung gehören:
Beim Auftreten entsprechender Symptome sollte deshalb eine Ärztin bzw. eine Fachärztin oder ein Facharzt für Urologie aufgesucht werden.
Doch wie läuft so eine Untersuchung ab? Als Erstes findet ein gegenseitiges Kennenlernen statt. Hierbei wird über das allgemeine Wohlbefinden, allfällige Beschwerden, die medizinische Vorgeschichte, Risikofaktoren und Medikamente gesprochen. Danach ermittelt der Urologe mit einem Messgerät die Urinflusskurve. Als Nächstes folgt die Tastuntersuchung durch den Mastdarm, fachsprachlich digitale rektale Untersuchung (DRU) genannt. Sie geschieht schnell, einfach und schmerzlos. Auf diese Weise macht sich die Ärztin ein Bild über die Grösse und Beschaffenheit der Prostata.
Auch eine Blutanalyse gehört standardmässig zur Untersuchung, genauso wie ein Ultraschall. Das Verfahren liefert genaue Bilder von der Prostata und ihrer Umgebung und ist ebenfalls absolut schmerzlos, sofern keine schmerzhaften Veränderungen im Untersuchungsgebiet vorliegen. Auffällige Veränderungen wie Sekretstau, Zysten und Verkalkungen in der Prostata werden so sichtbar. Auch eine gutartige Vergrösserung der Prostata kann so festgestellt werden. Eine gutartige Vergrösserung der Prostata ist in den meisten Fällen harmlos und hat nichts mit Prostatakrebs zu tun. Ein Prostatakarzinom sollte jedoch unbedingt vorher ausgeschlossen werden.
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Bei der gutartigen Vergrösserung der Prostata, fachsprachlich Prostatahyperplasie, kommt es zu unterschiedlichen Beschwerden. Dies je nachdem, in welche Richtung das Wachstum der Drüse erfolgt. In den meisten Fällen steht die erschwerte Entleerung der Blase im Vordergrund. Warum die Prostata überhaupt grösser wird, ist nicht vollständig geklärt. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Veränderung des Hormonhaushalts mit fortschreitendem Alter. Wachstum und Funktion der Prostata werden vom männlichen Geschlechtshormon Testosteron gesteuert. Mit den Jahren kann der männliche Organismus mehr Testosteron und Östrogen produzieren, was das Wachstum der Prostata fördert. Darüber hinaus können entzündliche Prozesse beteiligt sein.
Je nach Schweregrad einer Prostatavergrösserung kommen verschiedene Behandlungsoptionen in Frage. Die Therapie ist darauf ausgelegt, eine chronische Überdehnung der Harnblase, Harnblasenentzündungen oder eine Schädigung der Nieren durch Rückstau zu vermeiden. Nach dem Prinzip «so wenig Aufwand wie möglich, so viel wie nötig» ist bei einer geringen Vergrösserung meist ein pflanzliches Präparat das Mittel der Wahl. In einem zweiten Schritt folgt ein chemisches Präparat. Erst in einem dritten Schritt wird ein Eingriff empfohlen. Auch hier existiert wieder eine ganze Reihe von Möglichkeiten.
Neben dem Goldstandard TUR-P ist eine Behandlung mittels Rezum-Wasserdampf-Therapie besonders schonend. Hierbei gibt der Arzt mithilfe einer Sonde mehrere kurze und wohl dosierte Dampfstösse in die Prostata ab. Die im heissen Wasserdampf enthaltene Energie lässt das gewucherte Gewebe absterben. Die abgestorbenen Gewebezellen werden dann im Laufe der kommenden Wochen vom Körper allmählich abgebaut. Nach rund drei Wochen spürt der Patient schon eine deutliche Linderung seiner Beschwerden. Der gesamte Heilungsprozess dauert etwa drei Monate. Die Behandlung selbst dauert nur zwischen 5 und 20 Minuten und ist äusserst wirksam und komplikationsarm. Ihr grosser Vorteil: Es ist kein operativer Schnitt durch die Harnröhre nötig. Auch eine zusätzliche Medikamentengabe ist nicht erforderlich.
Dem Anschwellen der Prostata kann auch eine Prostatitis – eine Prostataentzündung – zugrunde liegen. Bis zu 15 Prozent der Männer erkranken mindestens einmal in ihrem Leben daran. Das Risiko für diese Krankheit steigt ab 40 Jahren deutlich an. Medizinisch wird die Prostatitis in zwei Formen eingeteilt: die bakterielle und die abakterielle Prostatitis.
Zu den typischen Anzeichen einer Prostataentzündung gehören:
Bei einem Verdacht auf eine Prostatitis lässt der Arzt Blutproben und Urinproben auf Bakterien untersuchen. Häufigste Auslöser sind Darmbakterien wie Escherichia coli. Aber auch Klebsiellen oder Enterokokken können die Infektion verursachen. Manchmal spielen auch Erreger von Geschlechtskrankheiten eine Rolle, wie Chlamydien oder Gonokokken (Tripper, Gonorrhö). Behandelt wird eine bakterielle Prostatitis häufig mithilfe eines Antibiotikums. Spielen Bakterien als Auslöser keine Rolle, liegt eine abakterielle Prostatitis vor. Dabei handelt es sich meist um ein chronisches pelvines Schmerzsyndrom (chronisches Beckenbodenschmerzsyndrom, kurz CPPS), das oft eine langwierige Behandlung erforderlich macht.
Dr. med. Sergej Staubli ist Facharzt für Urologie und hat eine eigene Uroversum-Praxis in Wallisellen.