In manchen Bereichen der Medizin kommen Männer zu kurz. Sieben Punkte, die sich Männer, aber auch ihre Liebsten, merken sollten.
Probleme allein lösen, selbständig sein, Schmerzen aushalten – viele Männer sind noch in diesem Geist erzogen worden. «Sich Rat und Hilfe zu holen, passt nicht zu diesem Bild von Mann. Aber es ist völlig in Ordnung», sagt Frank Luck, Professor für Pflegewissenschaft an der Katholischen Hochschule Freiburg im Breisgau. Luck befasst sich seit Jahren mit dem Thema Männergesundheit, hat auch ein Fachbuch darüber geschrieben und ist Dozent im Weiterbildungsstudiengang «Sex- and Gender-Specific Medicine». Gegenwärtig wandle sich das Bild vom «Mann sein» in unserer Gesellschaft, stellt er fest. So könnten Männer für ihre Gesundheit profitieren:
Männer nehmen weniger an Vorsorgeuntersuchungen teil und konsultieren bis ins höhere Alter seltener einen Arzt oder eine Ärztin. Krebserkrankungen treten bei ihnen häufiger auf und sind tödlicher, verglichen mit Frauen. Einen der Gründe dafür besang schon Herbert Grönemeyer: Männer werden «als Kind schon auf Mann geeicht». Zum Selbstbild gehört für viele, stark und unabhängig zu sein und keine Schwäche zu zeigen. Krankheit aber wird oft als Schwäche empfunden. So kommt es, dass viele Männer zwar Warnzeichen wahrnehmen, aber keine Fachperson konsultieren.
Bis zu 20 Prozent der Männer über 50 Jahre brechen sich im Lauf ihres weiteren Lebens wegen Osteoporose einen Knochen. Wenn es passiert, ist die Prognose schlechter als bei einer Frau, weil die Osteoporose beim Mann meist weiter fortgeschritten ist. Fast ein Drittel der Hüftbrüche betrifft Männer – trotzdem gilt die Osteoporose als typische Frauenkrankheit. Rauchen zum Beispiel erhöht das Risiko für Osteoporose. Auch das wäre ein Grund, um damit aufzuhören.
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Auf die Frage «Wie gehts?» antworten Männer öfter «gut», verglichen mit Frauen. In Befragungen berichten Männer zum Beispiel von weniger Schlafstörungen, weniger Nervosität, weniger Schwächegefühl und mehr Energie als Frauen. Ob es den Männern aber wirklich besser geht, steht auf einem anderen Blatt.
«Wenn der Arzt oder die Ärztin nachfragt, mit welchen Herausforderungen der Mann gerade konfrontiert ist, dann kommen oft Dinge zur Sprache, die ihn stark beschäftigen», sagt Frank Luck. Es brauche zwei, damit ein Mann etwas von sich preisgebe, und dazu gehöre eben auch eine Person, die nachfrage, ohne dabei die Männlichkeit in Frage zu stellen. «Männer haben immer schon über sich gesprochen», sagt Luck. «Aber sie brauchen teilweise mehr Zeit, um die Dinge, die sie innerlich bewegen, zur Sprache zu bringen.» «Suchen Sie sich Fachleute, die sensibel für das Thema Geschlecht in der Kommunikation sind», rät Frank Luck.
«Männer weinen heimlich …» sang Herbert Grönemeyer, und da ist was dran. Depressionen werden bei Männern nur halb so oft diagnostiziert wie bei Frauen. Dazu trägt unter anderem bei, dass sich diese Erkrankung bei Männern anders zeigt: Sie managen ihre Sorgen öfter mit Alkohol, wirken aggressiv anstatt deprimiert oder kommen mit (scheinbar) körperlichen Symptomen zum Arzt, die dann umfangreich abgeklärt werden – dabei liegt das wahre Problem woanders. Auch Essstörungen werden bei Männern seltener erkannt.
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Vom Jugendalter bis über 75 Jahre ist ein grösserer Anteil der Männer übergewichtig, verglichen mit den Frauen. Bei der gesunden Ernährung hingegen dürften viele noch etwas zulegen: Nur 63 Prozent der Männer gaben in der Schweizerischen Gesundheitsbefragung von 2017 an, auf gesundes Essen zu achten, gegenüber 73 Prozent bei den Frauen. Mehr Gemüse und Früchte und weniger Fleisch auf dem Teller senken zum Beispiel das Risiko für Darmkrebs, dem dritthäufigsten Krebs bei Männern.
Gewichtszunahme und Baby-Blues – das betrifft nicht ausschliesslich die Mutter, sondern oft auch ihren Partner. «Die Geburt eines Kindes ist eine Herausforderung für beide Eltern. Das kann ein kritisches Lebensereignis sein», sagt Luck. Etwa einer von zehn Vätern fällt nach der Geburt in ein psychisches Loch, schätzt der Verein Postpartale Depression Schweiz. Angehörige und Freunde der Familie sollten sich deshalb nicht nur nach dem Befinden der Mutter erkundigen, sondern immer auch den Vater fragen, wie es ihm geht. Auf der Website postpartale-depression.ch/de/ finden Betroffene Informationen.
Mehr Manneskraft stellt die Werbung in Aussicht, wenn Mann das Geschlechtshormon Testosteron nimmt. Etwa 95 Prozent der Erektionsstörungen lassen sich mit Testosteron jedoch nicht beheben, weil sie andere Ursachen als einen Hormonmangel haben. Übergewicht zum Beispiel ist einer der Gründe für tiefe Testosteronspiegel. Ein echter Testosteronmangel ist selten: In einer Studie betraf er nur zwei von 100 Männern unter 80 Jahren. Wer denkt, dass er Testosteron braucht, sollte sich zuerst bei einer seriösen Fachperson untersuchen lassen.