Wespen- und Bienenstiche können bei Allergikern eine gefährliche Immunreaktion auslösen. Doch eine Therapie kann helfen.
Wespen ernähren sich eigentlich von Nektar und anderen Insekten, sie kosten auch gerne mal unser Grillfleisch oder landen im Sirupglas. Vertreiben wir sie mit hektischen Bewegungen, stechen sie schnell mal zu.
Schätzungsweise drei bis vier von 100 Personen in der Schweiz haben eine Insektenstichallergie, fast immer gegen Bienen- oder Wespengift. Bei ihnen kommt es zu einer ausgedehnten Rötung und Schwellung um die Stichstelle herum (lokale Reaktion) oder zu Symptomen, die den ganzen Körper betreffen (systemische Reaktion). Im schlimmsten Fall kommen Atmung und Kreislauf zum Stillstand. Doch warum löst das Insektengift bei manchen nur eine kleine Rötung aus, bei anderen einen Kreislaufkollaps?
Die entscheidende Rolle spielt das individuelle Immunsystem. Eine Schwellung nach einem Insektenstich ist normal. Sie entsteht, weil unser Immunsystem mit Abwehr auf die Substanzen reagiert, die mit dem Stich ins Blut gelangen. Von einer allergischen Reaktion spricht man erst, wenn das Immunsystem überreagiert und auf das Insektengift mit nesselartigem Hautausschlag, Schwellungen oder Juckreiz ausserhalb der Stichregion reagiert. Dann drohen nicht nur akut schlimmere Folgen. Jeder weitere Stich könnte zu schweren allergischen Reaktionen bis hin zu Atem- und Kreislaufproblemen führen.
Die gestochene Hand oder den Fuss hochlagern und bei Bedarf anti-allergische Tabletten oder Tropfen einnehmen und/oder rezeptfrei erhältliche Hydrocortison-Creme aufstreichen. Im Normalfall entzündet sich nur die Stelle rund um den Einstich. In diesem Fall hilft es, die Stelle zu kühlen, Kortisoncreme aufzutragen oder ein Antihistaminika-Präparat einzunehmen. Die Tabletten wirken erst nach rund 30 Minuten.
Wenn die Rötung spätestens am dritten Tag nicht zurückgeht, die Stelle sehr heiss und rot wird oder wenn sich das betroffene Areal über zwei oder mehr Gelenke ausdehnt. Denn ein Insektenstich kann sich, zum Beispiel durchs Kratzen, auch einmal infizieren und muss dann anders behandelt werden. Nach einer starken allergischen Reaktion sind eine Abklärung beim Allergologen und eventuell eine Immuntherapie (Desensibilisierung) sinnvoll. Sie schützt zu 80 bis 100 Prozent vor erneuten schweren allergischen Reaktionen gegen Bienen- oder Wespenstiche.
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Alle gefährdeten Menschen bekommen ein Notfallset. In der Stichsaison sollten sie es immer griffbereit haben. Denn allergische Reaktionen treten minutenschnell auf.
Das Set enthält je ein Antihistaminikum sowie eine kortisonartige Substanz. Diese Mittel genügen bei Hautreaktionen. Gegen schwere Reaktionen gibt es eine Adrenalin-Fertigspritze. Sie wird seitlich in den Oberschenkelmuskel injiziert. Im Zweifel sollte man nicht zögern, sie anzuwenden, und dann sofort den Notarzt rufen.
Bei einer schweren allergischen Reaktion kann sich der Betroffene innert Minuten in Lebensgefahr befinden. Mögliche Symptome sind: Starke Schwellungen im Gesicht, im Mund oder im Hals, brennendes Gefühl im Mundbereich oder im Rachen, Heiserkeit, Atemnot oder pfeifende Atemgeräusche, Engegefühl im Hals oder im Brustkorb, Nesselfieber, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrämpfe, Durchfall, tiefer Blutdruck, Schweissausbruch oder Kollaps. Rufen Sie bei solchen Symptomen sofort die Telefonnummer 144. Das gilt auch bei einem Bienen- oder Wespenstich im Mund. Lutschen Sie wenn möglich bis zum Eintreffen des Arztes Eiswürfel. Falls der Betroffene eine Notfallspritze mit Adrenalin besitzt, sollte sie verabreicht werden.
Nicht immer ist ein Wespen- oder Bienenstich vermeidbar. So können Sie das Risiko senken.
Experten empfehlen Erwachsenen mit Insektengiftallergie an einer spezifischen Immuntherapie (Hyposensibilisierung) teilzunehmen. Das Prinzip: Betroffene erhalten winzige Mengen des Allergens unter die Haut gespritzt. Dank der geringen Dosis lernt das Abwehrsystem nach und nach, angemessen auf das Insektengift zu reagieren.
Da die Therapie anfangs auch allergische Reaktionen auslösen kann, verbringen die Patienten die ersten Tage der Behandlung im Spital. Alle vier Wochen müssen sie sich zunächst spritzen lassen, später alle sechs bis acht Wochen.
Die Therapie dauert im Normalfall drei bis fünf Jahre – je nachdem, wie stark die Allergie war. Der Aufwand lohnt sich: Die Erfolgsrate der Therapie gegen Wespengift beträgt rund 95 Prozent, bei Bienengift 85 bis 90 Prozent.