PCR, Antigen-Test, Antikörper-Test: Wie gut sind die verschiedenen Tests? Wann nützt welcher? Und wo sollte man aufpassen?
Dieser Artikel gibt den Stand der Erkenntnisse vom August 2021 wieder.
Es gibt PCR-Tests, Antigen-Tests und Antikörper-Tests. Die PCR-Tests finden sowohl ansteckungsfähige Sars-CoV-2-Viren als auch nicht mehr ansteckende Reststückchen von ihnen. Die Antigen-Tests entdecken nur aktive Viren. Und die Antikörper-Tests zeigen, dass sich das Immunsystem bereits mit den Viren auseinandergesetzt hat. Denn in der Regel bildet der Körper im Verlauf einer Infektion Abwehrstoffe (eben die Antikörper).
Für die PCR- und die Antigen-Tests nimmt man in der Regel Abstriche von der Nasen- oder Rachenschleimhaut oder Auswurf (beim Husten). Möglich, aber weniger gut ist der Nachweis im Stuhlgang oder im Blut. Auch Speicheltests sind möglich. Für den Antikörper-Test benötigt man eine Blutprobe. Gegenwärtig sind Dutzende von Tests bereits erhältlich oder in Entwicklung.
Er sucht nach charakteristischen Teilen aus dem «Erbgut» der neuen Coronaviren. Ob diese Viren noch infektiös oder vom Immunsystem bereits zerstört sind, kann der PCR-Test nicht beweisen. Dazu müsste man prüfen, ob sich die Viren in der Probe noch vermehren lassen, aber das wird im Allgemeinen nicht gemacht. Ein «positiver» PCR-Test bedeutet also nicht in jedem Fall, dass die Person ansteckend ist.
Der PCR-Test kann helfen, um den Verdacht auf Covid-19 zu erhärten oder um möglichst viele Menschen zu finden, die eventuell ansteckend sein könnten. Dieser Test kann ein bis zwei Tage vor dem Beginn der Symptome und bis zu drei Monate danach «positiv» ausfallen – dann sind die Betroffenen aber längst nicht mehr ansteckend.
Bei Personen ohne Symptome, die mit einer ansteckenden Person Kontakt hatten, empfiehlt das Bundesamt für Gesundheit den PCR-Test am fünften Tag nach dem erstmaligen Kontakt. Dann ist die Wahrscheinlichkeit, Viren zu finden, am grössten. Hat jemand Covid-19, kann die Virenkonzentration schwanken. Das liegt daran, dass auch die Immunabwehr einem Rhythmus im Tagesverlauf folgt. Es kann auch vorkommen, dass ein PCR-Test an einem Tag «negativ» ausfällt, also nichts findet, und am nächsten Tag fällt er «positiv» aus – oder umgekehrt.
Unter idealen Laborbedingungen findet der Test die gesuchten Virenteilchen mit fast hundertprozentiger Sicherheit. In der Praxis aber hängt das Ergebnis von vielen weiteren Faktoren ab: dem Krankheitsstadium, der Virenkonzentration im Rachen, ob der Abstrich richtig gemacht wird, ob die Probe korrekt transportiert und verarbeitet wird – all das spielt eine Rolle. In verschiedenen Studien fiel der PCR-Test im Durchschnitt bei 88 von 100 mit Sars-CoV-2 infizierten Personen positiv aus. In bis zu zwölf von 100 Fällen verpasste er die Infektion also.
Nein. Ein negativer PCR-Test ist nur eine Momentaufnahme, die sich Stunden später schon ändern kann. In verschiedenen Studien fielen zwei bis 29 von 100 PCR-Tests falsch-negativ aus. Das heisst: Die untersuchten Personen trugen zwar die Viren in sich, aber der Test fand sie nicht. Bei typischen Symptomen sollte man sich deshalb trotz negativem PCR-Test so verhalten, als wäre man ansteckend, und zwar bis 24 Stunden über das Ende der Symptome hinaus. Gegebenenfalls kann es sinnvoll sein, den Test noch einmal zu wiederholen.
Nicht unbedingt. Ein Mass sind auch die sogenannten «Amplifikationszyklen». Bei jedem Zyklus wird die Probe nach einem festgelegten Programm kurzzeitig erhitzt. Je mehr solche Zyklen im Labor gemacht werden, umso «sensibler» wird der Test. Er kann dann winzigste Spuren nachweisen, die aber im Alltag keine Bedeutung haben, weil diese Virenschnipsel kaum zu einer Übertragung führen werden. Die Entwickler des ersten Sars-CoV-2-PCR-Tests empfahlen 45 Zyklen, das ist mehr als sonst üblich.
Im Sommer 2020 waren in der Schweiz zeitweise weniger als 5 von 1000 PCR-Tests positiv. Das spricht laut den Experten dafür, dass die Rate an falsch-positiven Ergebnissen sehr klein ist. Andere verweisen darauf, dass diese Rate auch davon abhänge, wie häufig die Erkrankung in der Bevölkerung vorkommt.
Es gibt keinen hundertprozentig verlässlichen Test. Jeder Labortest kann auch einmal falsch ausfallen. Ist das Resultat falsch-positiv, dann suggeriert das eine Ansteckung oder Erkrankung, die nicht vorhanden ist. Der Betroffene ist folglich zu Unrecht beunruhigt und trifft vielleicht Vorkehrungen, die unnötig wären. Ist das Testergebnis dagegen falsch negativ, dann erkennt der Test die Erkrankung nicht, der Betroffene wiegt sich in falscher Sicherheit und steckt unwissentlich womöglich weitere Menschen an.
Ein Test soll idealerweise alle kranken (oder ansteckenden) Personen erkennen und alle gesunden (oder nicht-ansteckenden) als gesund deklarieren. Labormediziner benützen dafür die Begriffe «Sensitivität» und «Spezifität». Auf diese «Eckdaten» eines Tests sollte man achten, sie sollten möglichst hoch sein. Der PCR-Test beispielsweise hatte in verschiedenen Studien eine Sensitivität von 71 bis 98 Prozent, das heisst: Von 100 Personen, die Viren oder Virenschnipsel in sich trugen, erkannte der Test diese bei 71 bis 98 Personen – und bei zwei bis 29 verpasste er sie. Eine Spezifität von 90 Prozent bedeutet, dass der Test bei 90 von 100 gesunden Menschen nicht anschlägt und zehn gesunde Personen werden fälschlicherweise als krank oder ansteckend angezeigt.
Und wie! Angenommen, von 1000 Personen haben zehn die gesuchte Krankheit und 990 nicht und der Test hat eine Sensitivität sowie eine Spezifität von jeweils 90 Prozent. Dann wird er neun kranke Personen erkennen und von den Gesunden fälschlicherweise 99 als krank einstufen. Das heisst: Von allen «positiven» Testresultaten sind dann nur acht von 100 richtig. Sind aber von 1000 Personen 300 krank, dann erkennt der Test 270 richtig und 70 Gesunden «dichtet» er die Krankheit an. Von allen «positiven» Testergebnissen sind in diesem Fall 79 von 100 richtig – ein grosser Unterschied.
Lässt man sich ohne Covid-19-Symptome und ohne engen Kontakt zu Erkrankten testen, steigt das Risiko für falsch positive Testergebnisse.
PoC steht für «point of care» und heisst «am Ort, wo man sich um den Patienten kümmert». Ein PoC-Test muss – anders als der PCR-Test – also nicht erst in ein Labor geschickt werden. Beim PoC-Test liegt das Resultat nach meist 15 bis 30 Minuten vor. Bei einem PCR-Test, der erst ins Labor muss, dauert es in der Regel einen bis zwei Tage. (Lesen Sie unten weiter...)
Der Antigen-Test sucht nach viruseigenem Eiweiss. Dieses ist nur vorhanden, wenn genügend aktive Viren da sind. Dann fällt der Antigen-Test positiv aus. Sobald der Körper die Erreger «gebodigt» hat, wird der Antigen-Test wieder negativ.
Möchte man wissen, ob man ansteckend ist, kann dieser Test eine Orientierung bieten. Er liefert innerhalb von 15 bis 30 Minuten ein Resultat, gilt aber als weniger «findig» als der PCR-Test. Innerhalb der ersten vier Tage nach Symptombeginn weisen die in der Schweiz offiziell anerkannten Antigen-Tests im Durchschnitt bei 87 von 100 infizierten Personen das Viruseiweiss nach – 13 Infektionen werden also verpasst. Personen, die als besonders gefährdet gelten und solche, die im Gesundheitswesen arbeiten, sollten daher keinen Antigen-Schnelltest, sondern immer den (empfindlicheren) PCR-Test machen lassen. Der Antigen-Schnelltest sagt nur etwas über den Zustand an dem Tag aus, an dem er gemacht wird.
Das deutsche Bundesamt für Arzneimittel hat eine Liste der Tests erstellt, welche die Mindestanforderungen erfüllen. Dort werden aber nur die Herstellerangaben zur Testqualität genannt. Diese Angaben stimmen aber nicht immer mit der Wirklichkeit überein. Deshalb lohnt es sich, noch eine zweite Liste anzuschauen (Link auf Englisch). Hier stehen die Ergebnisse von hersteller-unabhängigen Studien, bei denen die Tests auf die Probe gestellt wurden. Diese Liste wird laufend aktualisiert.
Fachleuten zufolge kam es vor, dass einzelne Chargen von Antigen-Schnelltests durchwegs positive Ergebnisse lieferten, obwohl die betreffenden Personen nachher negative PCR-Tests hatten. Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene warnt deshalb vor zu hohen Erwartungen an solche Schnelltests.
Auch dieser Test ist nur eine Momentaufnahme, die Stunden später schon anders ausfallen könnte. Bestehen Symptome, aber der Antigen-Test ist negativ, sollte man sich so verhalten als wäre er positiv und gegebenenfalls noch einen PCR-Test machen lassen, falls die Beschwerden fortdauern oder schlimmer werden.
Antikörper sind bestimmte Eiweissstoffe, die dem Immunsystem helfen, eingedrungene Erreger dingfest zu machen. Sie zeigen an, dass eine Infektion stattgefunden hat. Sind im Blut Antikörper gegen die neuen Coronaviren zu finden, ist das ein Zeichen, dass sich das Immunsystem mit den Viren auseinandergesetzt hat und Abwehrstoffe (eben die Antikörper) dagegen gebildet hat. Solange genügend sogenannte «neutralisierende» Antikörper vorhanden sind, ist es unwahrscheinlich, dass man sich wieder ansteckt.
Die für Labore bestimmten Tests können die Konzentration von Antikörpern im Blut bestimmen. Die Menge der Antikörper ist ein Mass dafür, wie gut der durch die Antikörper vermittelte Schutz mutmasslich ist. Die Schnelltests hingegen, die zum Beispiel im Internet angeboten werden, funktionieren ähnlich wie ein Schwangerschaftstest: Verfärbt sich der Teststreifen, heisst dies, dass Antikörper gegen die neuen Coronaviren vorhanden sind – falls der Test zuverlässig ist und das Ergebnis korrekt.
Nein, bei Infektionen spielen verschiedene Typen eine Rolle. Sie werden abgekürzt mit IgG, IgM und IgA. Die meisten Antikörper-Tests suchen nach IgM und IgG. IgM-Antikörper sind die «Sofortantwort» auf eine Infektion: Sie erscheinen typischerweise als Erste und verschwinden nach dem Infekt wieder. Die IgG und IgA-Antikörper dagegen bleiben länger erhalten. Bei diesen Antikörpern gibt es sogenannte neutralisierende Antikörper, welche die Viren bei einem erneuten Kontakt geradewegs schachmatt setzen, und nicht-neutralisierende, die das nicht tun. Die meisten Antikörper-Tests können das aber nicht unterscheiden. Anfang November liess die US-Behörde FDA den ersten Antikörper-Test zu, der neutralisierende Antikörper nachweist.
In der Anfangsphase waren sie teilweise so schlecht, dass man genauso gut eine Münze hätte werfen können. Bevor Tests breit eingesetzt werden können, müssen sie zuerst «validiert» werden. Dazu werden möglichst viele Proben von Personen geprüft, bei denen man sicher weiss, dass sie die betreffende Erkrankung hatten oder sicher nicht hatten. Dann zeigt sich, was ein Test unter Laborbedingungen taugt. Als Referenz dient der PCR-Test. Viele Antikörper-Tests wurden aber nicht solide validiert. Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat Schätzungen zur Sensitivität und Spezifität diverser Antikörper-Tests zusammengestellt, soweit bislang bekannt.
Das kommt drauf an: In Studien erkannten diese Tests von 100 infizierten Personen 18 bis 100 – die Bandbreite ist also sehr gross. Den schlechten Tests kann die sogenannte «Kreuzreaktivität» in die Quere kommen. Das heisst: Sie können nicht unterscheiden, ob ein Betroffener wirklich Covid-19 hatte oder eine Erkältung durch andere, altbekannte Coronaviren.
Ja – vorausgesetzt, das Ergebnis ist wirklich verlässlich.
Nein. Denn erstens kann es sein, dass der Test zu früh gemacht wurde. Zweitens kann es vorkommen, dass bei einer leichten Erkrankung nur wenige Antikörper gebildet werden, die der Test nicht findet. Drittens kann es sein, dass die Infektion zu lange zurückliegt und der Antikörperwert bereits unmessbar tief gesunken ist. Viertens kann der Test oder die Durchführung mangelhaft gewesen sein. Und fünftens ist es möglich, dass jemand zum Beispiel IgA-Antikörper hat, aber der Test sucht nur nach IgG.
Das Immunsystem braucht etwas Zeit, um die Antikörper zu bilden. Bei manchen Personen sind IgM- und IgG-Antikörper etwa ab der zweiten Erkrankungswoche nachweisbar. Ungefähr ab dem zehnten Tag findet man bei der Mehrheit der Betroffenen Antikörper und ab der dritten Woche haben mehr als neun von zehn Covid-19-Erkrankten welche. Wenn überhaupt, ist ein Test auf IgG-Antikörper also erst zu diesem Zeitpunkt sinnvoll.
Im Allgemeinen ist die Hälfte der IgM-Antikörper bereits nach wenigen Tagen abgebaut. Bei den IgG-Antikörpern ist es noch ungewiss, wie lange sie nachweisbar sein werden. Im Blut von Menschen, die 1918 die «Spanische Grippe» erlebt hatten, fanden Forscher fast 90 Jahre später noch neutralisierende Antikörper gegen die Viren von damals. Was sich bisher bei Covid-19 zeigt, ist, dass diejenigen, die schwer daran erkrankten, meist mehr Antikörper bilden als Personen, die nur leichte Symptome hatten.
Die Erreger müssen mehrere Hürden überwinden. Die Hautbarriere, Schleim in den Atemwegen, saurer Magensaft und anderes setzen den Viren zu und machen viele von ihnen unschädlich. Des Weiteren produziert das Immunsystem Substanzen, die ihnen im übertragenen Sinn «einheizen». Dazu kommen in der Regel Antikörper, welche die Viren abfangen. Und schliesslich gibt es Abwehrzellen, welche die Viren unschädlich machen können. Wenn also keine Antikörper entdeckt werden, heisst dies nicht automatisch, dass man dem Virus schutzlos ausgeliefert wäre.
Fast alle Menschen, die sich von Covid-19 erholt haben, hatten 25 Tage nach der Diagnose Antikörper im Blut. In einer isländischen Studie fanden die Forscher bei über 90 von 100 genesenen Personen Antikörper. Um diese zu detektieren benützten sie allerdings mehrere Antikörper-Tests.
Darüber zerbrechen sich auch Fachleute die Köpfe. Es macht auch einen Unterschied, ob ein Test gebraucht wird, um den Verlauf der Pandemie zu verfolgen, um die Ansteckungsfähigkeit zu ermitteln oder um bei Symptomen zu einer Diagnose zu kommen. Bevor man also womöglich selbst Geld ausgibt für einen Test, sollte man sich gut überlegen, was man sich davon erhofft und ob der Test diese Hoffnungen überhaupt erfüllen kann.
Quellen: Bundesamt für Gesundheit, FDA, «BMJ Evidence-Based Medicine»,«Euro Surveillance», «NEJM», «Cochrane Database of Systematic Reviews», «BMJ», «Swiss Medical Forum», «Deutsches Ärzteblatt», «Open Forum Infectious Diseases», «Deutsche Ärzteblatt»
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