Weniger soziale Kontakte, Homeoffice, Angst vor Ansteckung, trübes Wetter: Das Coronavirus setzt uns zu. Was tun, wenn uns die Decke auf den Kopf zu fallen droht? Tipps für den Umgang mit dem Virus.
Sich treffen, neue Menschen kennenlernen, ob beim Ausgehen oder beim Vereinssport: Für Jugendliche und junge Erwachsene sind soziale Kontakte enorm wichtig. Wenn der Austausch mit Gleichaltrigen zu kurz kommt, leiden sie, und das mehr als andere Altersgruppen.
Deshalb: Machen Sie Ihrem Nachwuchs bewusst, dass die Qualität der Beziehungen wichtiger ist als die Quantität und er diese pflegen soll. Das heisst, er darf sich durchaus noch mit der besten Freundin, einem guten Kollegen oder in kleinen Gruppen treffen. Unter der Voraussetzung, dass er sich an die Abstandsregeln hält.
Den Einschränkungen kann man auch etwas Positives abgewinnen: Der Druck, dem Teenager und junge Erwachsene oft ausgesetzt sind, fällt weg. Die Reduktion auf wenige Beziehungen kann entspannend wirken.
Fällt das Fussball- oder Volleyballtraining aus, können Sie stattdessen eine Velotour, einen Spaziergang oder eine Joggingrunde vorschlagen. Nehmen Sie es aber nicht persönlich, wenn den jungen Menschen die Lust dazu fehlt. Beim Mannschaftssport ist der Kontakt zu den anderen jungen Leuten meist wichtiger als das Trainingsprogramm an sich.
Gestalten Sie neue Spielräume. Verbringen Sie bewusst Zeit mit Ihren Kindern, schauen Sie gemeinsam einen Film an oder tun Sie etwas anderes, was Sie sonst nicht tun würden. Gamen Sie eine Runde, wenn das erwünscht ist. Basteln sie zusammen an einem Töffli oder lassen Sie sich schminken.
Wenn es zu heftigem Streit kommt: Befreien Sie sich von Schuldgefühlen. Konflikte sind normal – gerade wenn die räumliche Enge zusetzt. Sie sind nicht allein damit, es liegt weder an Ihnen noch an Ihrem Nachwuchs.
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Und schon sind wir zurück im Homeoffice oder arbeiten in einem fast leeren Büro. Sitzungen finden online statt, das Gespräch vor der Kaffeemaschine fällt weg und das spontane zusammen Lachen fehlt auch.
Der informelle Austausch ist wichtig und muss bei der Zusammenarbeit auf Distanz bewusst geschaffen werden. Deshalb: Treffen Sie sich regelmässig zu virtuellen Kaffeepausen. Reden Sie darüber, wie es Ihnen geht. Was Ihre Herausforderungen sind und welche Lösungen Sie gefunden haben.
Wenn Sie im Homeoffice arbeiten: Machen Sie Pausen und planen Sie diese fix ein. Teilen Sie den Tag in verschiedene Abschnitte ein. Definieren Sie für sich klare Anfangsund Schlusszeiten. Legen Sie den Laptop beiseite, wenn Sie fertig sind.
Trennen Sie Arbeits- und Lebensbereich auch räumlich. Wenn Sie das nicht schon längst gemacht haben, richten Sie sich ein Büro oder eine Arbeitsecke ein, wo Sie nicht gestört werden. Wenn das nicht geht: Nehmen Sie sich am Nachmittag zwei Stunden Zeit für die Kinder und arbeiten Sie dafür am Abend nochmals zwei Stunden.
Kommunizieren Sie, wann Sie erreichbar sind, indem Sie zum Beispiel Ihren Kalender teilen, und informieren Sie, wenn Sie nach einem atypischen Rhythmus arbeiten, eine «Nachteule» oder eine «Lerche» sind. Wenn Sie merken, dass es zu Missverständnissen kommt, teilen Sie das rasch mit. Wenn man Menschen nicht physisch, sondern nur per Video-Chat vor sich hat, ist das Deuten von Körpersprache und Mimik schwieriger oder gar nicht möglich.
Schliessen Sie den Tag mit kleinen Ritualen ab: Setzen Sie sich nach Arbeitsschluss für 20 Minuten aufs Sofa und trinken Sie einen Tee. Oder gehen Sie noch eine Runde spazieren oder laufen, um den Kopf freizubekommen. Das funktioniert übrigens auch bei Regenwetter!
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In Quarantäne mit Kindern, das ist eine grosse Herausforderung. Was tun? Schaffen Sie klare Tagesstrukturen, für Mahlzeiten, Arbeiten, Spielen und auch für Auszeiten.
Sorgen Sie für sozialen Austausch beispielsweise mit den Grosseltern via Zoom oder über Videobotschaften für Gspänli.
Auch kleine nette Überraschungen helfen. Familie oder Freunde, die die Einkäufe vor die Tür stellen, können mal ein Rätselheft zu den Einkäufen legen.
Wichtig ist Bewegung. Stellen Sie in der Wohnung ein Trampolin auf oder einen Hindernisparcours. Auf Begehren von Kinderschutz Schweiz hat das BAG die Richtlinien so angepasst, dass Kinder in Quarantäne ohne Symptome mit einem Elternteil an die frische Luft dürfen – ohne Kontakt zu anderen Personen. Ein «Durchatmen» im Freien hilft, Konflikten vorzubeugen.
Noch nicht möglich ist dies, wenn ein Kind in Isolation ist. Die Isolationsempfehlungen sind jedoch nicht kindgerecht. Je nach Alter sind sie gar unmöglich oder nicht angebracht. Lassen Sie gesunden Menschenverstand walten und prüfen Sie, was dem Kind guttut.
Auch dem Kind gegenüber hilft Offenheit. Thematisieren Sie, dass Kindergeburtstage nicht stattfinden können. Nehmen Sie die Enttäuschung des Kindes auf und suchen Sie gemeinsam nach kreativen Lösungen. Der Samichlaus könnte dieses Jahr per Video kommen oder das Christkind draussen im Wald.
Um positiv zu bleiben, helfen Rituale. Fragen Sie zum Beispiel abends: Was hat heute Freude bereitet? Und leider bleibt im Moment nichts anderes übrig: Akzeptieren Sie die Dinge, die man nicht ändern kann.
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Anders als im Frühling zählen nicht mehr einfach alle über 65-Jährigen pauschal zur Risikogruppe. Für Seniorinnen und Senioren unter 80 und ohne Vorerkrankung ist es durchaus möglich, Enkelkinder zu hüten oder Freiwilligenarbeit im erlaubten Rahmen zu leisten. Treffen Sie den Entscheid gemeinsam mit Ihrem Umfeld.
In jedem Fall gelten auch im engsten Familienkreis Hygiene und Distanzregeln. Dazu gehört auch, eine Maske zu tragen.
Treffen in der Familie oder mit Bekannten sind durchaus möglich. Sagen Sie nicht einfach alles im Vorhinein ab. Hierbei ist es wichtig, Quarantänebestimmungen genau einzuhalten. Aber: Wägen Sie das persönliche Risiko immer wieder ab, und sprechen Sie über Bedenken bei einem Treffen oder auch beim Hüten früh genug. Besser ist es, zu vorsichtig zu sein.
Für Menschen über 80 Jahre, mit Vorerkrankungen oder einem stark geschwächten Immunsystem gilt wieder besondere Vorsicht. Damit der Rückzug zu Hause nicht zu einer zu grossen Belastung wird, ist die Solidarität aller gefragt. Zur Versorgung gibt es mehrere Angebote, etwa Hauslieferdienste. Beispielsweise diverse Nachbarschaftshilfen oder Mahlzeitendienste.
Gegen Einsamkeit helfen ein Schwatz am Fenster, tägliche Gespräche am Telefon oder über Skype. Richten Sie möglicherweise wie früher in der Schule eine Telefonkette ein, die Sie jede Woche durchführen. Grosseltern können ihren Enkeln über Zoom Vorlesen oder beim Kopfrechentraining helfen. So entsteht nicht nur ein Austausch, sondern auch Vorfreude auf das nächste Telefonat.
Sorgen Sie für genügend Bewegung, mit Turnübungen zu Hause oder einem Spaziergang im Wald. Damit Ihnen die Decke nicht auf den Kopf fällt, können Sie sich mit Basteln, Malen, Lesen, Online-Spielen, Fotobüchern oder virtuellen Besuchen im Zoo beschäftigen. Und singen oder musizieren Sie. Das befreit und lenkt ab. Und im Notfall empfiehlt es sich, professionelle Hilfe, beispielsweise bei Pro Senectute, anzurufen.
Quellen: Thomas Brunner, Leiter Beratungen, Pro Juventute; Professor Andreas Krause, Dozent Arbeit und Gesundheit, Fachhochschule Nordwestschweiz; Regula Bernhard-Hug, Geschäftsleiterin Kinderschutz Schweiz; Pro Senectute Schweiz