Hochsaison für Erkältungsviren: Um uns herum wird mal wieder geniest und geschnupft. Aber warum bekommen wir eigentlich einen Schnupfen? Und warum ist er meist nach etwa fünf bis sechs Tagen wieder verschwunden?
Die Nase fliesst, die Schleimhäute sind angeschwollen, wir bekommen wenig Luft durch die Nase und schmecken auch nichts mehr. «Das ist eine natürliche Reaktion unseres Immunsystems auf die Erkältungsviren, die sich in der Nase einnisten wollen», erklärt Patrick Dörig, Oberarzt der HNO-Klinik im Universitätsspital Basel. Das schaltet eigentlich die meisten Infektionserreger so effektiv und geräuschlos aus, dass wir es oft noch nicht mal bemerken. Aber durch die Kälte im Winter ist seine Funktion bei vielen Menschen herabgesetzt. Deshalb haben die Eindringlinge jetzt ein leichteres Spiel als im Sommer.
Sind die in der Nase angekommen, lässt unser körpereigenes Abwehrsystem die Schleimhaut anschwellen, um die darunterliegende Zellschicht zu schützen. Es wird auch mehr Schleim abgesondert, um die Viren gleich wieder loszuwerden. «Mit dem Schnupfensekret versucht der Körper, sie sozusagen herauszuwaschen», sagt der Hals-Nasen-Ohren-Arzt. Dabei hilft auch das Niesen, bei dem ebenfalls die Erreger aus dem Nasenraum herausgeschleudert werden.
Dazu kommt: «Im Schnupfensekret befinden sich Interferone, Proteasen und Antioxidantien, die die Schädlinge angreifen können.» Der für uns lästige Schnupfen ist also nichts anderes als die erste Massnahme unseres Abwehrsystems, mit den krankmachenden Erregern möglichst schnell fertigzuwerden. Diese Sofortaktion ist nur möglich, weil es ständig eine Anzahl von Immunzellen zum Beispiel in der Nase gibt.
Auch anatomisch ist die Nase darauf ausgerichtet, uns vor einer Erkältung zu schützen: Die innenliegenden Nasenmuscheln vergrössern die Oberfläche der Nasenschleimhaut und funktionieren quasi wie ein Radiator. Sie erhöhen die Wärmeabstrahlung. Die Atemluft wird also erst einmal vorgewärmt, bevor sie in die Lunge einströmt. Die feinen Härchen in der Nase wirken wie ein Filter und die Schleimhäute befeuchten zudem die Luft.
Während sich die erste Stufe des Abwehrmechanismus in Form von Schnupfen und einer verstopften Nase äussert, läuft gleichzeitig schon Phase zwei des Immunsystems an: Um die Krankheitserreger aufzuspüren, schwirren weisse Blutzellen durch den ganzen Körper. Sie treffen sich in den Lymphknoten, der Milz und dem Thymus, um miteinander zu kommunizieren und eine spezifische Immunantwort zu entwickeln, um die schädlichen Viren zu eliminieren. Das dauert etwa fünf Tage. Also eine bemerkenswert schnelle Reaktion, um mit Infektionserregern, die der Körper vielleicht noch nie gesehen hat, fertigzuwerden. Deshalb dauert ein Schnupfen auch in der Regel fünf bis sieben Tage. (Lesen Sie unten weiter...)
Patrick Dörig: «Viele unserer Patienten fragen dann übrigens nach einem Antibiotikum. Das wirkt aber nur gegen Bakterien, nicht aber gegen Erkältungsviren». Da hilft also nur Tee oder viel Wasser trinken und abwarten.
Und was ist mit Nasentropfen, um die Schleimhäute abschwellen zu lassen? «Die kann man natürlich nehmen. Aber ist es sinnvoll, die natürlichen Abwehrmechanismen des Körpers gegen die Eindringlinge zu torpedieren?», fragt der HNO-Spezialist.
Was in asiatischen Ländern wie Südkorea und Japan längst Usus ist, wirkt in Europa immer noch gewöhnungsbedürftig: einen Mundschutz in öffentlichen Verkehrsmitteln zu tragen. Dabei ist das tatsächlich eine gute Schutzmassnahme! Denn die Schnupfenviren werden durch feinste Tröpfchen übertragen, die beim Niesen in die Umgebung geschleudert werden. «Man schafft durch einen Mundschutz einfach eine Barriere», so Patrick Dörig: «Auch wenn es etwas seltsam aussieht: Helfen würde es schon!»
Übrigens: Wissenschaftler haben errechnet, dass wir im Laufe eines Lebens gut viereinhalb Jahre mit Schnupfen zubringen – bei durchschnittlich drei Erkältungen pro Jahr, die jeweils eine Woche andauern.