Psoriasis ist eine belastende Hautkrankheit, die die Lebensqualität erheblich beeinträchtigt. Während herkömmliche Behandlungen oft nur begrenzt wirken, bieten neue Medikamente seit etwa zehn Jahren effektive Hilfe und verhindern Folgeschäden.
Schuppenflechte ist die umgangssprachliche Bezeichnung für eine Hautkrankheit, die in der Fachsprache Psoriasis heisst. Der Begriff ist jedoch irreführend: Die Ausschläge werden nicht von einer Flechte im biologischen Sinn verursacht, sondern es handelt sich um einen Entzündungsprozess, der mit einer Wucherung der Hautzellen einhergeht:
«Während manche Betroffene nur einige kleinere, leicht gerötete Stellen aufweisen, treten bei anderen grossflächige, stark schuppende Ausschläge auf», sagt Ingo Haase, Dermatologe im zürcherischen Opfikon. In Einzelfällen kann fast die gesamte Haut betroffen sein.
An den Psoriasis-Herden können schmerzende oder brennende Risse und Blutungen auftreten. «Ein Teil der Betroffenen ist stark von Juckreiz geplagt», sagt Ingo Haase. «Das Kratzen kann zur Entstehung neuer Herde führen.» Häufig leide auch die Schlafqualität unter dem Juckreiz. Manchmal weitet sich die Krankheit auch auf die Finger- und Fussnägel aus. Es entstehen kleine Dellen, Verfärbungen und Verdickungen, bis hin zur vollständigen Zerstörung der Nägel.
Die ständige Entzündung der Haut steigert zudem das Risiko für Herzkreislauferkrankungen wie Schlaganfall und Herzinfarkt. Auch Übergewicht, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck und entzündliche Darmerkrankungen treten bei Menschen mit Schuppenflechte häufiger auf als bei anderen. Bei etwa 30 Prozent der Erkrankten kommt es zusätzlich zu einer Psoriasis-Arthritis mit schmerzhaften Entzündungen an den Gelenken, unter anderem an der Wirbelsäule. Diese können zu einer dauerhaften Gelenkschädigung führen.
Eine verbreitete Begleiterscheinung sind zudem psychische Probleme, denn die Krankheit ist sehr belastend. Menschen mit mittelstarker bis schwerer Psoriasis an gut einsehbaren Stellen erfahren oft Distanzierung und Ablehnung durch andere Menschen. Sie empfinden Scham und vermeiden Badeanstalten oder Saunas. «Ihre Lebensqualität ist deutlich eingeschränkt», weiss Haase. «Viele leiden unter Partnerschaftsproblemen oder gar Depressionen.»
Die Erkrankung kann schon bei Kindern auftreten. Am häufigsten zeigen sich die ersten Symptome jedoch in der Adoleszenz oder kurz vor dem 60. Lebensjahr. Insgesamt sind zwischen ein und drei Prozent der Bevölkerung betroffen.
Der Schweregrad kann anhand von verschiedenen Skalen angegeben werden, die sowohl den Prozentsatz der betroffenen Hautfläche sowie die Ausprägung der Symptome und die psychosozialen Auswirkungen berücksichtigen. Die gängigste darunter ist der international verwendete PASI-Score (Psoriasis Area and Severety Index). «Der Wert ist relevant, um einen allfälligen Anspruch auf Kostenübernahme bei teuren Behandlungen zu ermitteln», erklärt der Dermatologe Ingo Haase.
Beide Hautkrankheiten gehen mit ähnlichen Symptomen einher, weshalb sie selbst von Hausärztinnen und – ärzten manchmal verwechselt werden:
Während Schuppenflechte eine überschiessende Abwehrreaktion darstellt, ist Neurodermitis meist die Folge einer eingeschränkten Barrierefunktion der Haut, welche die Verdunstung von Wasser und das Eindringen von Allergenen erleichtert. Daher neigen Neurodermitis-Betroffene schon im Kindesalter stärker zu Hauttrockenheit und zur Entwicklung von Heuschnupfen und allergischem Asthma.
Am häufigsten treten die Herde an diesen Körperstellen auf:
Breiten sich die Plaques über den ganzen Körper aus, spricht man von einer psoriatischen Erythrodermie.
Nein. Früher wurden Betroffene aus Angst vor Ansteckung jedoch oft aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Denn bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war der Unterschied zwischen Psoriasis, Lepra und Krätzen wahrscheinlich unbekannt. Heute weiss man, dass Psoriasis nicht übertragbar ist.
Etwa 95 Prozent der Betroffenen leiden an der gewöhnlichen Plaque-Psoriasis.
Bei rund einem Drittel der Patientinnen und Patienten sind im Laufe der Zeit auch die Finger- und Zehennägel involviert. Seltener ist eine ausschliesslich an den Nägeln auftretende Psoriasis. Dabei kommt es bei einzelnen oder mehreren Nägeln zu unschönen Wucherungen und gelblich bis rotbraunen Verfärbungen, manchmal sogar zu einer schmerzhaften Ablösung oder Zerkrümelung der Nagelplatte. Nicht selten treten Entzündungen der Fingerendgelenke auf.
Bei mehr als der Hälfte aller Psoriasis-Betroffenen ist die behaarte Kopfhaut beteiligt. Doch die schuppenden Herde können auch ausschliesslich auf der Kopfhaut auftreten – an einzelnen Stellen oder in schlimmen Fällen auf der gesamten behaarten Kopfhaut.
Diese relativ häufige Form äussert sich durch hell- bis dunkelrote Hautveränderungen, die in den Körperbeugen und Hautfalten auftreten, also in den Achselhöhlen, der Gesässfalte, den Leisten, im Genitalbereich, bei Frauen unter den Brüsten oder bei Übergewichtigen in der Bauchfalte. Wegen der Feuchtigkeit an diesen Stellen bilden sich meist keine Schuppen, jedoch juckende, schmerzende und nässende Flecken.
Dabei handelt es sich um eine Sonderform, die sich bei genetischer Neigung zu Psoriasis nach einem bakteriellen oder viralen Infekt zeigen kann. Sie tritt gehäuft bei Kindern und Jugendlichen auf und äussert sich durch zahlreiche wenige Millimeter grosse Hautläsionen, vor allem am Oberkörper und an den Extremitäten.
Auch die pustulöse Form ist selten, kann jedoch sehr gefährlich sein. Dabei bilden sich eitrige Blasen auf entzündeten Hautstellen. Bei schweren Verläufen kommt es zu Fieber, Gelenkschmerzen und stark reduzierten Allgemeinzustand, was eine Behandlung im Spital erfordert.
Bei rund 30 Prozent der Menschen mit Psoriasis sind mit der Zeit auch die Gelenke betroffen. Die rheumatische Erkrankung tritt an den Händen, Knien, am Sprunggelenk des Fusses, an den Zehen, aber auch im Nacken und am unteren Rücken auf und äussert sich durch nächtliche Rückenschmerzen, Morgensteifigkeit, Schwellungen der Finger und Zehen sowie reduziertem Greifvermögen. Unbehandelt nehmen die Gelenke auf die Dauer erheblichen Schaden.
Es handelt sich um eine Art Autoimmunerkrankung, bei der genetische Faktoren eine Rolle spielen, die auch vererbt werden können. Oft sind in einer Familie mehrere Personen betroffen. Endgültig geklärt sind die Ursachen jedoch nicht. Die einzelnen Schübe können von diversen Gegebenheiten ausgelöst werden, wie etwa:
Dabei werden in der Haut körpereigene Entzündungshormone (so genannte Interleukine) ausgeschüttet, die zur Entwicklung der krankhaften Hautveränderungen führen. Bei der Psoriasis spielen besonders Interleukin-17 und Interleukin-23 eine wichtige Rolle.
Je nach Art und Ausprägung der Psoriasis sind verschiedene Behandlungsansätze angezeigt, wobei bei keinem davon eine endgültige Heilung zu erwarten ist. «Eine sorgfältige Abklärung durch einen Dermatologen ist deshalb unumgänglich», sagt Ingo Haase. Folgende Methoden kommen in Frage:
Eine sorgfältige Pflege der Haut ist für Psoriasis-Betroffene essenziell. Vorbeugend ist es vor allem wichtig, keine Produkte zu verwenden, welche die Haut reizen oder austrocknen – also keine gewöhnliche Seife, sondern rückfettende, alkalifreie Duschmittel. Zur Behandlung der Plaques selbst eignen sich Salben, Lotionen, Pflaster und Shampoos mit Salicylsäure, Harnstoff, Vitamin D, Kortison und anderen Wirkstoffen.
Warme Bäder mit Öl- und Salzzusätzen fördern das Ablösen der Schuppen an befallenen Stellen. Bevor andere Therapien zur Verfügung standen, pilgerten viele Psoriasis-Betroffene ans Tote Meer, um im extrem salzhaltigen und magnesiumreichen Wasser zu schwimmen. «Diese Kuren sind wirkungsvoll», sagt Ingo Haase. «Der Effekt hält aber meist nicht sehr lange an.»
In Kombination mit anderen Methoden profitieren Betroffene oft von Phototherapie. Die Behandlung erfolgt vorwiegend mit UV-B-Licht. Sie wird in der Regel mehrmals pro Woche in einer dermatologischen Praxis oder einer Klinik durchgeführt, in der ein spezielles Bestrahlungsgerät mit einer Wellenlänge von 311 Nanometer zur Verfügung steht. In Einzelfällen können kleinere Hautflächen mit speziellen Lampen zuhause behandelt werden. Von ausgedehnten Sonnenbädern ist wegen des Krebsrisikos abzuraten.
Patientinnen und Patienten mit Psoriasis wird oft zu einer entzündungshemmenden Ernährung geraten. Dazu gehören viel Gemüse, ausreichend Proteine und hochwertige Öle mit Omega-3-Fettsäuren, hingegen wenig Zucker, Weizenprodukte, Schweinefleisch und Wurstwaren. Diese Tipps sind sicher nicht falsch, weil sie den allgemeinen Empfehlungen für gesunde Ernährung entsprechen und einfach umsetzbar sind. Allerdings gebe es im Hinblick auf den Verlauf einer Psoriasis keine ausreichende wissenschaftliche Datenbasis, sagt Ingo Haase. «Eine glutenfreie Ernährung bringt bei Psoriasis keinen Vorteil, ausser bei einer nachgewiesenen Glutenunverträglichkeit (Zöliakie)», stellt der Dermatologe zudem klar. Dagegen gelte es als gesichert, dass Übergewicht und Alkohol die Symptome verstärken.
Früher wurden häufig Kortisonpräparate in hoher Dosierung verschrieben. Diese können zu diversen Nebenwirkungen führen:
Andere Medikamente aus der Gruppe der Zytostatika oder Immunsuppressiva verursachen oft Übelkeit, Bauchschmerzen und weitere Beschwerden. Zudem schädigen sie langfristig Leber und Niere und erhöhen die Infektionsgefahr. Die Wirksamkeit dieser herkömmlichen Mittel ist zudem durchzogen.
Seit 2011 ist eine neue Gruppe an Medikamenten auf dem Markt, welche die Behandlung von Menschen mit Schuppenflechte geradezu revolutioniert hat (National Library of Medicine, 2024). Die Wirkstoffe binden die entzündlichen Botenstoffe im Immunsystem (unter anderem Interleukin 17 und 23), die bei Psoriasis eine wichtige Rolle spielen.
Dies, obwohl gemäss einer Studie von 2023 die Wirksamkeit am besten ist bei möglichst kurzer Krankheitsdauer. Bei frühem Einsatz seien zudem insgesamt weniger von den kostspieligen Spritzen erforderlich, gibt Ingo Haase zu bedenken. Die potenten Medikamente würden zudem sehr gut gegen Symptome einer Psoriasis-Arthritis wirken: «Der hohe Preis steht einem sehr grossen Nutzen gegenüber.»
Im Internet und unter Betroffenen kursieren zahlreiche Tipps, wie die chronische Erkrankung mit komplementären Heilverfahren kuriert werden kann. Dazu gehören etwa:
Der grosse Durchbruch gelinge mit derartigen Ansätzen meist nicht, stellt Ingo Haase klar. Im Gegenteil: «Sie führen oft zu einem beträchtlichen Zeitverlust, der das Ansprechen auf eine wirksame schulmedizinische Therapie verschlechtern kann.»