Die Bevölkerung ächzt unter steigenden Gesundheitskosten. Abhilfe schaffen könnten smarte Maschinen und neue Versorgungsmodelle.
Auch du kannst mithelfen, Gesundheitskosten einzusparen. Ein gutes Beispiel ist Medi+. Das ist der digitale Medikamenten-Assistent der Online-Apotheke Zur Rose, den mehrere Krankenkassen ihren Versicherten gratis anbieten. Medi+ unterstützt dich bei der täglichen Handhabung deiner Medikamente und erinnert dich per SMS oder
E-Mail an die richtige Einnahme. Dadurch werden Arztpraxen entlastet. Zudem kannst du mit dem Generika-Sparpotenzial-Rechner die eigenen Kosten reduzieren. Weitere Informationen findest du hier.
Das Schweizer Gesundheitssystem ist eines der besten der Welt. Kein Wunder, werden wir immer älter. Und der medizinische Fortschritt entwickelt sich rasant weiter.
Damit gehen aber auch Herausforderungen einher. Die Alterung der Gesellschaft und neue Technologien treiben die Gesundheitskosten in die Höhe – deutlich spürbar an den ständig steigenden Krankenkassenprämien.
Was tun? Viel Einsparpotenzial sehen Expertinnen und Experten im konsequenten Einsatz digitaler Systeme. Gemeint ist damit in erster Linie die Künstliche Intelligenz (KI). Schon heute helfen die selbstlernenden Algorithmen bei der Verbesserung von Einsatzplänen in Spitälern oder beim Erstellen von Rechnungen.
Mithilfe von KI lassen sich auch die sprunghaft anwachsenden Gesundheitsdaten schneller und präziser erschliessen. Dadurch wird der Weg frei für medizinische Erkenntnisse und neue Behandlungsformen.
Ein wichtiger Baustein für tiefere Gesundheitskosten ist aber die Früherkennung von Krankheiten. Auch hier leistet KI wertvolle Arbeit, indem sie die Auswertung von Röntgenbildern oder CT-Scans unterstützt. Dahinter stecken neuronale Netze, die mit Datensätzen von Patientinnen und Patienten trainiert worden sind, um winzigste Anomalien zu erkennen.
Nach dem gleichen Prinzip lässt sich aus der Art und Weise, wie jemand spricht oder sich bewegt, eine Parkinson-Erkrankung identifizieren – teilweise Jahre vor Auftreten der ersten Symptome.
KI wird auch eingesetzt, um psychische Probleme zu lindern. Wer unter Symptomen von Depressionen oder Angststörungen leidet, kann sich heute speziellen Chatbots anvertrauen. Das sind Computerprogramme, mit denen man per Texteingabe kommuniziert. Die Bots erkennen negative Stimmungen, reagieren mitfühlend und bieten Unterstützung an.
Einer der bekanntesten Chatbots dieser Art ist Woebot. Er wurde 2017 von der Forschungspsychologin Alison Darcy mit Unterstützung des KI-Pioniers Andrew Ng entwickelt. «Wir haben Woebot als einen Begleiter im Alltag konzipiert», sagt sie. Bei psychischen Beschwerden führt die App Schritt für Schritt durch ein therapeutisches Programm, das sich an Methoden und Daten aus der kognitiven Verhaltenstherapie orientiert.
Laut Darcy soll Woebot die Arbeit von Therapeutinnen und Therapeuten ergänzen. «Durch die sofortige Verfügbarkeit kann die App genau in jenen Situationen helfen, in denen die Symptome auftauchen.» Dies sei umso wichtiger, als es derzeit grosse Engpässe und lange Wartezeiten in der psychotherapeutischen Versorgung gebe. Zudem koste es viele Leute Überwindung, zu einem Therapeuten zu gehen.
Damit eröffnen KI-basierte Gesundheitsanwendungen die Chance, die ambulante Versorgung psychischer Erkrankungen zu unterstützen und das Gesundheitssystem zu entlasten.
Manuel Trachsel, Leiter der Abteilung Klinische Ethik am Universitätsspital Basel und an den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel, sieht in solchen Apps ein Potenzial für Menschen, die sonst kaum Zugang zu therapeutischen Angeboten haben. «Allerdings wissen die Nutzerinnen und Nutzer oft nicht, wie die Algorithmen funktionieren.» Dieses Black-Box-Phänomen schränke die Autonomie ein.
Und: In die Algorithmen könnten Vorurteile der Programmierer oder unausgewogene Trainingsdaten eingeflossen sein, die zu Ungerechtigkeiten in der Behandlung führen. «Natürlich sind auch menschliche Therapeuten nicht frei von Vorurteilen, aber ihre Arbeit wird durch Qualitätskriterien wie regelmässige Fortbildungen oder Supervision laufend überprüft.»
(Fortsetzung weiter unten…)
Apps wie Woebot oder HelloBetter bringen ihr Know-how zu den Menschen nach Hause. Dass sich die vertraute Umgebung positiv auf einen Krankheitsverlauf auswirken kann – dieses Prinzip macht sich auch ein neues Versorgungsmodell zunutze: «Hospital at Home». Dabei werden Behandlungen, die sonst stationär durchgeführt werden, in die eigenen vier Wände der Patientinnen und Patienten verlagert.
Wer zum Beispiel unter einer akuten Lungenentzündung leidet oder eine intensivierte Schmerztherapie benötigt, erhält zu Hause eine vergleichbare Behandlung wie im Spital. Mindestens einmal täglich findet eine Arztvisite statt – je nach Bedarf auch regelmässige Besuche durch Therapeuten- oder Pflegeteams. Bei schwereren Fällen werden Atemfrequenz, Puls oder Sauerstoffsättigung des Bluts via App überwacht.
«Hospital at Home ist ein Puzzleteil bei der integrierten Versorgung», sagt Severin Pöchtrager. Der Leitende Arzt an der Klinik Arlesheim BL setzt sich dafür ein, dass das Versorgungsmodell bald in der ganzen Schweiz verfügbar ist. Dazu haben er und seine Mitstreiterinnen kürzlich die «Swiss Hospital at Home Society» gegründet, gefördert vom Migros-Pionierfonds.
Am 9. Juni 2024 kommen gleich zwei Gesundheitsvorlagen vors Volk: Die Prämienentlastungsinitiative der SP und die Kostenbremse-Initiative der Mitte. Im Vorfeld zu den Abstimmungen beleuchtet das Migros Magazin die Gesundheitskosten in der Schweiz: Wie können uns Innovationen dabei helfen, Kosten zu sparen? Wie kann jede und jeder selbst mit einer guten Vorsorge beitragen? Was sagt die Politik – und was Vertreterinnen aus dem Gesundheitssystem? Eine Serie von Artikeln liefert wichtige Antworten und neue Einblicke.
Aktuell wird das Modell von den Kantonen Baselland, Zürich und Waadt in Pilotprojekten getestet. Damit es eines Tages in der ganzen Schweiz verfügbar ist, müsste die Finanzierung neu geregelt werden. Bisher übernehmen die Kantone und Krankenkassen die Behandlungskosten nur dann, wenn sie bei einem stationären Aufenthalt in einem Spital anfallen.
Für Pöchtrager ist «Hospital at Home» eine wichtige Massnahme gegen den Kostenanstieg im Gesundheitswesen. Einsparpotenzial sieht er vor allem bei den Folgekosten. «Patienten, die nach unserem Modell behandelt werden, benötigen so gut wie nie eine Anschlusstherapie.» Da sie sich zu Hause zehnmal mehr bewegen würden als stationäre Patienten, blieben sie eher mobil und selbständig. Weitere Vorteile: weniger Stürze, weniger Schlafstörungen, keine Infektion durch multiresistente Keime. «Dadurch sparen wir viel Geld.»