Alkohol ist für den Körper ein Gift. Mit regelmässigen Auszeiten verschafft man ihm etwas Erholung und reduziert das Risiko, unbemerkt in eine Abhängigkeit abzudriften.
Ein guter Tropfen Wein zu einem feinen Essen, ein Glas Sekt zum Apéro oder ein Feierabendbier – in unserer Kultur gehört Alkohol in vielen Situationen einfach dazu. Mit Mineralwasser oder Orangensaft anzustossen, scheint unpassend.
Der Haupteffekt einer Alkoholpause ist zu realisieren, dass es auch gut ohne geht – oder vielleicht sogar besser. In Grossbritannien zum Beispiel nehmen rund vier Millionen Menschen jährlich am empfohlenen alkoholfreien Januar, dem «Dry January» teil. Dies nahmen Forschende zum Anlass, eine Studie zum subjektiv empfundenen Wohlergehen durchzuführen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer stellten einen besseren Schlaf fest, hatten abgenommen, fühlten sich fitter und hatten schönere Haut.
Die starke gesellschaftliche Verankerung des Alkohols macht es schwierig zu erkennen, wo das genussvolle, unbedenkliche Trinken aufhört und wo Abhängigkeit und gesundheitliche Gefährdung beginnen. Eine regelmässige Pause kann helfen, nicht in die Risiko-Zone abzurutschen.
Wenn man in der nüchternen Zeit keine Mühe hat zu verzichten, ist das Trinkverhalten wahrscheinlich unproblematisch. Während der nüchternen Wochen kann man auch den gesellschaftlichen Umgang üben: Wie man Nein sagt, wenn einem Alkohol angeboten wird. Zudem lernt man alkoholfreie Getränke kennen und schätzen. Der temporäre Verzicht ist auch eine effektive Massnahme, um einer schleichenden Entwicklung eines problematischen Konsums oder einer Abhängigkeit vorzubeugen und den Organen regelmässig eine Erholungszeit zu gewähren.
Auch wenn sich ein paar Promille im Blut gut anfühlen: Für den Körper ist Alkohol ein Gift, das so ziemlich alle Organe angreifen kann. Im Magen zum Beispiel wird mehr Säure gebildet. Ist dies häufig der Fall, kann sich die Magenschleimhaut entzünden. Auch das Herz reagiert stark auf Alkohol. Es kann zu Rhythmusstörungen oder Herzrasen kommen. Die Leber ist zuständig für die Entgiftung des Körpers und den Alkoholabbau. Bei ständigem grösserem Konsum wird sie stark beansprucht. Das Einlagern von Alkohol in Form von Fett kann zu einer Fettleber führen. Auch das Nervensystem – dazu gehört auch das Gehirn – wird vom Alkohol angegriffen und das Risiko für alle Arten von Krebs steigt schon bei kleinen Mengen leicht an.
Bei der Magenschleimhaut: Ja. Sie erholt sich schnell wieder. Die Schäden an Herz, Leber und Nervensystem dagegen entstehen langsam über die Jahre, wenn man zu viel trinkt. Diese Organe erholen sich auch erst langsam wieder. Ein paar Wochen Pause wie beim «Dry January» oder «Sober October» bringen zwar eine gewisse Entlastung, aber keine vollständige Heilung. Das Krebsrisiko hingegen wird von einem Verzicht kaum beeinflusst. Hier ist die Gesamtmenge über das Leben hinweg entscheidend.
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Zwar ist der Alkoholkonsum in den letzten 20 Jahren stetig zurückgegangen. Doch die Trinkmenge ist sehr ungleich verteilt: Die Hälfte des Alkohols wird von nur 11 Prozent der Bevölkerung konsumiert. Gemäss Umfragen weist etwa jede 20. Person in der Schweiz einen risikoreichen Umgang mit Alkohol auf oder ist sogar schwer abhängig.
Für Frauen empfehlen Ärztinnen und Ärzte lediglich 12 Gramm reinen Alkohol pro Tag. Dies entspricht einem Deziliter Wein oder einem kleinen Bier. Für Männer gilt die doppelte Menge – also zwei Deziliter Wein oder ein grosses Bier. Wenn es am Wochenende oder an besonderen Anlässen mal zwei oder drei Gläser Wein oder Bier werden, ist das aber noch nicht tragisch, solange es sich nicht um Exzesse handelt. Wichtig ist, danach einige Tage ganz ohne Alkohol einzulegen. Ein gutes Schema ist: zwei bis drei Tage pro Woche ganz ohne, an den anderen Tagen genuss- und massvolles Trinken. Den Organen bringt dies mehr als eine längere Alkoholpause.
Der Name Arud steht für Arbeitsgruppe für risikoarmen Umgang mit Drogen. Die Organisation ist aus dem Drogenelend Anfang der 90er-Jahre hervorgegangen und engagiert sich in der Prävention und Behandlung aller Arten von Suchtkrankheiten.
Die Sober-Curious-Bewegung (zu Deutsch «nüchtern-neugierig») ist in den USA entstanden und hat unterdessen auch in Deutschland Fuss gefasst. Das Ziel ist, sich gegenseitig dabei zu unterstützen, ein nüchternes Leben zu führen. Das Angebot an alkoholfreien Partys und Lokalen sowie attraktiven Getränke-Alternativen soll wachsen – zum Beispiel durch sogenannte Mocktails (alkoholfreie Cocktails, die nicht wie Kindersirup schmecken).
In der Schweiz hat der Trend erst wenige Anhänger:innen. Im Internet entstehen aber allmählich entsprechende Communitys. Auf Facebook zum Beispiel sucht die Gruppe happy Sobriety Schweiz nach Mitgliedern, und auch auf der Plattform Ronorp findet ein Austausch statt.
Unterstützung bieten zudem die zahlreichen Sucht-Beratungsstellen. Die Integrierte Suchthilfe Winterthur führt regelmässig Online-Kurse durch für Menschen, die weniger trinken wollen.
Und auch die Webseite der Solothurnerin Maria Brehmer, die bis vor Kurzem selber oft über den Durst trank, ist eine gute Anlaufstelle.