Fühlen Sie sich von der hohen Arbeitslast manchmal gestresst? Oder stressen Sie andere Kollegen, der Chef? Schwirren selbst nach Feierabend noch Gedanken an die Arbeit in Ihrem Kopf? Unser Live-Chat widmete sich dem Thema «Stress». Lesen Sie hier noch einmal die interessantesten Fragen und Antworten nach.
Stress-Coach
Einfacher ist es, wenn Ihr Vorgesetzter (allenfalls Mitarbeiter) über Ihre Krankheit informiert sind. Dann kann man allenfalls mit dem «Vorgesetzten» ein Codewort abmachen. In einem solchen Fall weiss der Chef, dass es Ihnen gerade zuviel ist und Sie jetzt dringend eine Pause oder eine kurze Auszeit (z.B. in Form von frische Luft schnappen, durchatmen etc.) oder ein Gespräch brauchen. Dann muss man sich auch nicht immer erklären. Solche Massnahmen sind übrigens auch für den Betrieb längerfristig hilfreich. Es ist besser, wenn Sie kurz abwesend sind statt sich durchbeissen und dann wieder krankheitsbedingt mehrere Tage auszufallen.
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Falls Sie am Computer arbeiten, ist oft das Problem, dass man zu lange zu angestrengt in der gleichen Körperhaltung verharrt bleibt. Es zeigt sich, dass regelmässige Bewegung, zum Beispiel aufstehen und zum Drucker gehen oder Lockerungsübungen machen, hilfreich sind. Präventiv sind Pausen mit «Kontrastprogramm» wichtig. Statt in der Pause am Natel zu sein, lieber spazieren gehen. Das Problem liegt aber meistens beim Verstand, der einem sagt: «Dafür habe ich jetzt keine Zeit». Dann rackert man sich ab und hat am Abend Kopfschmerzen.
Arbeitspsychologin und Stressexpertin
In Ihrer Situation ist es wichtig zu ergründen, was genau Sie an den Mitmenschen stört und unter welchen Symptomen Sie deswegen leiden. Versuchen Sie, auch herauszufinden, ob Ihre eigenen Wertevorstellungen und Glaubenssätze dazu beitragen können, die Situation zu entschärfen. Notieren Sie am besten über einen längeren Zeitraum Ihre Erfahrungen. Sollten Sie zu sehr unter diesen Umständen leiden, sprechen Sie zeitnah mit Ihrem Vorgesetzten darüber. Versuchen Sie, die Arbeit im Grossraumbüro trotzdem als "Chance" zu sehen und gehen Sie möglichst unvoreingenommen an die neue Situation heran.
Arbeitspsychologin und Stressexpertin
Versuchen Sie zu definieren, worunter Sie am meisten leiden. Einerseits bei der Tätigkeit: z.B. zu hohe Arbeitslast, zu grosser Verantwortungsbereich, Zeitdruck, Zusammenarbeit mit Arbeitskollegen etc., andererseits gegenüber Ihrem Vorgesetzten: z.B. unklare Kommunikation, zu viel Druck, zu wenig Wertschätzung, widersprüchliche Anforderungen etc. Notieren Sie sich alle Punkte und gewichten Sie diese nach Priorität. Versuchen Sie, das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten möglichst sachlich zu führen und kommunizieren Sie aus der "Ich"-Perspektive, d.h. greifen Sie ihn nicht an, sondern teilen Sie ihm lediglich mit, wie Sie sich fühlen bzw. wie sein Verhalten auf Sie wirkt. Versuchen Sie im Vorfeld auch zu notieren, was Sie sich von ihm wünschen und teilen Sie ihm dies mit. Wenn Sie so vorbereitet an das Gespräch gehen und Engagement zeigen, wird Ihr Vorgesetzter dies sicher zu schätzen wissen.
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Für viele ist es hilfreich, wenn sie Zuhause gleich Duschen gehen und die Kleider wechseln. So kann man das «Arbeitskleid» auch energetisch besser abstreifen. Wenn man sich dann dabei ertappt, dass man trotzdem immer wieder an die Arbeit denkt, seinem Verstand sagen: «Ok, das sind jetzt wieder Arbeitsgedanken, ich habe jetzt Freizeit». Gut ist auch, wenn man sich bewusst etwas anderem zuwendet und sich voll und ganz auf eine Tätigkeit konzentriert. Egal ob ich meditiere, ein Bad nehme, Sport mache oder koche. Wenn man konzentriert eine Freizeit-Tätigkeit macht, dann sind auch die Gedanken nicht mehr so stark bei der Arbeit.
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Das ist eine wichtige Frage, gerade in Hinblick auf die «Weihnachtstage». Vermutlich kommt man nicht darum herum, dies direkt anzusprechen als immer nur deeskalierend vorzugehen. Am Besten spricht das eine Person aus der Familie an, die noch einen guten Draht zu der «schwierigen» Person hat. Allerdings nicht vor der ganzen Familie, sondern unter 4 Augen. Indem man mitteilt, was genau störend ist und was man sich wünschen würde. Möglichst konkrete Beispiele bringen und nicht mit Vorwürfen überhäufen. Vermutlich wird das kein einfaches Gespräch und die betroffene Person wird das als kränkend interpretieren. Auf der anderen Seite kann sie vielleicht dadurch ihr Verhalten auch ändern.
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Sich jetzt grosse Gedanken zu machen, warum Sie so reagieren, bringt wenig. Es geht jetzt nur darum, dass Sie produktiv und wirksam ins Handeln kommen. Die Motivation nimmt ab, je weniger Sie machen und nimmt mit jeder geschriebenen Seite zu. Hilfreich kann sein, dass Sie bereits am Vorabend alles bereitstellen und planen, was Sie am nächsten Tag machen wollen. Wichtig ist, sich hier realistische Ziele zu setzen. Zum Beispiel, dass Sie dieses Kapitel heute schreiben oder dass Sie 4 Seiten schaffen. Dabei auch alle Störfaktoren (Natel, TV etc.) eliminieren. Wenn Sie es dann geschafft haben, dürfen Sie sich belohnen. Diese Erfolgserlebnisse helfen, dass es Ihnen am nächsten Tag einfacher fällt.
Arbeitspsychologin und Stressexpertin
Das ist ein verbreitetes Problem. Hilfreich ist es, die Planung für den nächsten Tag am Vorabend vorzunehmen und gegebenenfalls kurz zu notieren. Sollte man trotzdem wach werden, kann man so seinen Verstand einfacher beruhigen. Sollten Sie länger als eine halbe Stunde wach liegen, stehen Sie auf und beschäftigen Sie sich mit einer Tätigkeit, die Ihren Verstand beruhigt (z.B. Lesen, Atem-Übungen) und legen Sie sich wieder hin, sobald sich Ihre Gedanken beruhigt haben. Generell helfen folgende Tipps beim Durchschlafen: 1) Bewegen Sie sich am Tag möglichst viel an der frischen Luft, dies fördert das Schlafhormon Melatonin. 2) Essen Sie keine grossen Mahlzeiten nach 20 Uhr und als Abendessen nichts Schwerverdauliches (eher kohlenhydrat anstatt eiweissbetonte Mahlzeiten), um Ihre Verdauung in der Nacht zu entlasten. 3) Führen Sie 1 bis 1,5 Stunden vor dem Schlafengehen nur noch entspannende Tätigkeiten aus, damit sich der Körper auf den Schlaf vorbereiten kann. 4) Stärken Sie Ihre Fähigkeit, zu entspannen mit einer systematischen Entspannungsübung (z.B. regelmässige Kurzmeditation, autogenes Training).
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Man kann zum Beispiel bewusst Mail-Zeiten etablieren. z.B. von 8:00 bis 10:00 Uhr beantworte ich Mails. Wenn ich mir solche Deadlines setze, dann beantworte ich nicht so wichtige Mails kürzer. Zeit sparen kann man auch, wenn man telefoniert statt Mails verschickt. Eine gute Methode ist, die Unterscheidung in «dringend», «nicht dringend», «wichtig», «nicht wichtig». Alles, was von den To-Do's und Mails dringend und wichtig ist, sofort machen. Wenn etwas nicht dringend und nicht wichtig ist, dann sein lassen.
Arbeitspsychologin und Stressexpertin
Nein zu sagen ist wichtig und will gelernt sein. Vielen Menschen fällt es nicht leicht, Nein zu sagen. Häufig steckt dahinter, dass man andere nicht enttäuschen will oder es fällt schwer, für seine eigenen Bedürfnisse einzustehen weil man z.B. nicht auffallen möchte. Versuchen Sie herauszufinden, was bei Ihnen die Beweggründe sind, weshalb Sie nicht gerne Nein sagen. Sie können Ihren Kollegen mit gutem Gewissen absagen auch ohne, dass Sie einen Grund nennen oder sich rechtfertigen müssen. Seien Sie mutig und versuchen Sie es bei der nächsten Gelegenheit.
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Atemübungen und Sport alleine helfen tatsächlich wenig, wenn ich es einfach so als Technik mache, aber wenig damit anfangen kann. Wenn mir das passiert, dann sage ich mir innerlich: «Ok, ich spüre jetzt immer noch Stress in mir, obwohl ich eigentlich loslassen könnte. Entspannung erzwingen bringt wenig. Ich sitze jetzt einfach da, lese das Buch und akzeptiere, dass ich mich halt jetzt nicht gerade so entspannt fühle, wie ich das gerne hätte». Paradoxerweise führt das manchmal dazu, dass, wenn ich die Anspannung akzeptiere statt dagegen anzukämpfen, ich nach 10 Minuten auf einmal entspannter werde.
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Vermutlich haben Sie mit dem «Boreout» recht. Wir Menschen brauchen eine für uns sinnvolle Arbeitstätigkeit. Je weniger wir zu tun haben und je weniger wir gefordert sind, desto träger und müder werden wir. Spannende Tätigkeiten machen uns aktiv, träge Tätigkeiten machen uns träge. Was kann man dagegen tun? Eine herausforderndere und für Sie sinnvollere Arbeit zu suchen wäre natürlich naheliegend. Aber das ist einfacher gesagt als getan. Ich kenne einen Chauffeur, der verbringt 80% der Zeit mit Warten und litt auch lange unter «Boreout». Es ist besser geworden, seit er in einem Buchklub ist und in der Wartezeit Bücher liest, die ihn intellektuell herausfordern. Wenn man die «tote» Zeit aber nicht mit etwas für einem Sinnvollen nutzen kann, dann sollte man bewusst in der Freizeit etwas Interessantes und Forderndes machen. Zum Beispiel am Abend mit Freunden Schach spielen, Sport treiben, Kochkurs machen oder was auch immer Sie gerne tun. Da Sie den Tag durch monoton auf Bildschirme schauen, ist es wichtig, dass in der Freizeit nicht auch noch das gleiche machen und sinnlos TV schauen.
Arbeitspsychologin und Stressexpertin
Schlafstörungen können zahlreiche Ursachen haben. Der Umstand, dass Sie in den Ferien besser schlafen, kann ein Hinweis sein, dass mit dem Schlafplatz etwas nicht in Ordnung ist. Ihr Schlafplatz sollte folgende Kriterien erfüllen: kühl (idealerweise 18 Grad), frische Luft, ganz dunkel, ruhig, keine Strahlenquellen, anatomisch orthopädisch richtiges Schlafsystem etc. Versuchen Sie, diese Kriterien einzuhalten und prüfen Sie, ob Sie damit eine Verbesserung erreichen. Falls nicht, prüfen Sie Folgendes: Achten Sie auf genügend Bewegung (mindestens 40 Minuten pro Tag), essen Sie abends nichts Schwerverdauliches und nicht zu spät, machen Sie auch während dem Tag trotz Doppelbelastung immer kurze Pausen, um durchzuatmen und Ruhe zu finden. Häufig braucht es eine Zeit, bis sich der Schlaf anpasst. Seien Sie geduldig und machen Sie sich diese Tipps zur Gewohnheit, dann wird sich Ihre Schlafqualität bestimmt verbessern.
Arbeitspsychologin und Stressexpertin
Resilienz oder psychische Widerstandsfähigkeit kann auf jeden Fall trainiert und optimiert werden. Systematische Entspannungsübungen haben einen grossen Effekt und sind wissenschaftlich erforscht und gut belegt. Klassische Entspannungsmethoden sind das Autogene Training, die Progressive Muskelrelaxation (PMR), die Meditation und das Biofeedback. Bei diesen Methoden wird eine psychomotorische Routine eingeübt, damit nach einer gewissen Lernphase die gewünschte Entspannung zuverlässig und schnell herbeigeführt werden kann. Wichtig ist, die Methoden regelmässig anzuwenden. Finden Sie eine Methode, die Ihnen Freude bereitet und die Sie auch über einen längeren Zeitraum regelmässig durchführen möchten und Sie werden von den Ergebnissen überrascht sein. Viel Erfolg beim Trainieren.
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Daniela Walser (rechts) studierte Angewandte Psychologie im Bereich der Arbeits- und Organisationspsychologie und ist bei fit im job (by medbase) tätig. Die fit im job AG ist Spezialistin für nachhaltiges betriebliches Gesundheitsmanagement und bietet Seminare zum Thema Stressumgang an.
Marc Stoll ist Psychotherapeut und Coach mit eigener Praxis in Meilen und ebenfalls für Medbase tätig. Er verfügt über eine langjährige Coaching Erfahrung im Umgang mit Stress.