Joggen in der Gruppe, tanzen mit Hunderten, skaten auf der Autobahn – Massenveranstaltungen halten Einzug in Sport und Freizeit. Sie verbinden Fitness mit Fun – und häufig mit Familie.
Wir leben im Zeitalter des Individualismus. Das Ich ist die Richtgrösse. Und dann das: Auf den Strassen schliessen sich viele Ichs zu einem Wir zusammen. Laufsport-Events, Yoga en masse im Park oder Veranstaltungen wie «slowUp» zeigen: Bewegung zusammen mit anderen macht anscheinend noch mehr Spass.
Es muss etwas Besonderes sein, Schulter an Schulter, im Rhythmus mit Tausenden zu laufen und den Atem des Nachbarn zu hören. Sportliche Anlässe mit Erlebnischarakter für jedermann boomen schon mehrere Jahre. Beispielsweise der slowUp-Event: ursprünglich als Einzelveranstaltung organisiert, treffen sich Biker, Skater und Fussgänger jährlich an rund 20 Anlässen in der ganzen Schweiz. Und langsam haben sich auch in unserem Land die Freiluftfestivals für Yoga-Begeisterte etabliert.
«Fitness und aktiver Lebensstil liegen im Trend. Die sportliche Betätigung ist heute eine Philosophie, für manche gar ein Religionsersatz. Und wie bei der Religion auch braucht es die Gemeinschaftserfahrung», erklärt die Forschungsleiterin am Gottlieb-Duttweiler-Institut, Karin Frick. Frick selbst läuft Marathon und weiss: «Auch Individualsportler haben einen Hang zur Zusammengehörigkeit, lieben zwischendurch das Gruppenerlebnis. Solche Grossevents stillen unser aller Bedürfnis nach Sozialem.» (Fortsetzung weiter unten …)
Seeüberquerungen, Laufsportanlässe oder autofreie Sonntage wie für die slowUp-Events sprechen ein breites Publikum an. Natürlich sind die Anforderungsprofile der Anlässe ganz unterschiedlich. So haben Lauf- oder Walking-Events durchaus einen Leistungsaspekt. Jedoch für die meisten Veranstaltungen braucht es meist keine oder nur eine moderate Trainingsvorbereitung. Es geht mehr ums Starten als ums Siegen, denn Fitness macht Spass und das gerne auch mit der ganzen Familie.
Ueli Sandmeier war schon am ersten Zürcher slowUp mit dabei: «Ich fand die Idee cool und nutzte die abgesperrte Strecke damals für mein Training», erinnert sich der Triathlet. «Heute ist der slowUp für uns ein Familien-Event mit Bewegung draussen: Velofahren und Inlineskaten auf schönen Strecken mit einem guten Belag. Die losgelöste Stimmung ist toll und dabei tun wir etwas für die Muskelkraft», sagt Sandmeier, der in einem Informationstechnologieunternehmen tätig ist.
Läuft es sich in der Menge anders? Kann die Gruppe die Leistung des Einzelnen generell beeinflussen? «Die Gruppe kann einen anspornen, länger dabei zu bleiben. Man ist motivierter, auch weil der zeitliche und örtliche Rahmen schon abgesteckt ist. An grossen Events sieht jeder, wenn man nachlässt. Das ist sicher ein Faktor, der einen pusht, mitzuhalten», sagt Sportpsychologin Romana Feldmann.
Interessant ist nicht nur der Vorteil des längeren Dranbleibens. Bei gewissen Aktivitäten ohne Wettkampfcharakter, konkret beim Yoga, weiss man, dass ein Gruppentraining tatsächlich effektiver ist. «Beim Mantrasingen wirken die Klänge der Menge stärker, der Konzentrations- und Entspannungseffekt steigt», erklärt Feldmann, die Athleten aus dem Breiten- und dem Spitzensport betreut.