Hauptberuflich ist er Banker, daneben gibt Fabian Capaul Kurse für Achtsamkeit. Wie die Technik ihm geholfen hat, den Alltag leichter und unbeschwerter zu meistern.
Da war dieser Artikel im Time-Magazin, der die Vorteile von Achtsamkeit beschrieb, dazu eine Anleitung: Setzen Sie sich hin, atmen Sie ein und aus, zählen Sie dabei bis zehn und beginnen Sie wieder von vorne.
Ich dachte: «Das kann ja jeder.» Eins, zwei – und schon liess ich mich von meinen Gedanken ablenken. Dieses Gedankenkarussell dreht sich ständig. Es hindert uns daran, im Hier und Jetzt zu sein. (Fortsetzung weiter unten...)
Im Kurs trainieren wir gemeinsam, meditieren viel. Wir üben im Sitzen und Liegen. Auch draussen im Gehen. So erlernen wir die wichtigste Voraussetzung für Achtsamkeit. In einem ruhigen Umfeld gelingt das einfacher. Wer routiniert ist, meditiert mühelos im vollen Zugabteil.
Erst geht es darum, seine Gedanken, Körperempfindungen und Emotionen wahrzunehmen und zu akzeptieren. Vor wichtigen Präsentationen bin ich nervös und angespannt. Früher habe ich versucht, dieses Unbehagen zu ignorieren und mich dafür verurteilt, dass ich in solchen Situationen angespannt bin.
Ich nehme die Gedanken und Gefühle wahr, akzeptiere sie. In solchen Momenten also, wenn ich angespannt und nervös bin.
Nein, gar nicht. Es ist dieser Moment zwischen Impuls und Reaktion. Gerade in schwierigen Situationen reagieren wir automatisch, wenden unsere erlernten Muster an. Es geht darum, diese Gewohnheiten zu hinterfragen. Ist es wirklich gut, wenn ich im Konflikt weglaufe oder laut werde? Welche Alternativen habe ich? Wenn ich mich ärgere, nehme ich mir einen Moment Zeit. Ich versuche meine Gedanken und Impulse wahrzunehmen – erst dann reagiere ich. So schaffe ich mir Raum, um besser zu handeln. (Fortsetzung weiter unten...)
Es ist ja nicht alles schön und lustig im Leben, das kann ich nicht ändern. Doch meinen Umgang damit, den kann ich trainieren. Es geht auch darum, negative Gedanken oder Gefühle wahrzunehmen, wie auch den inneren Kritiker. Diese Stimme, die manchmal sagt: «Das schaffst du nicht». Achtsamkeit hilft mir, dass ich toleranter mit mir selbst bin. Also, dass ich mir mehr Freund als grösster Kritiker bin.
Nein, das ist es tatsächlich nicht. Stress gehört zum Leben, auch zu meinem. Achtsam sein heisst, zu erkennen: Jetzt bin ich gestresst. Wenn ich viel zu tun habe, ist meine Stressreaktion «Reinstürzen in die Arbeit». Dieses Muster läuft automatisch und ist nicht immer hilfreich. Durch Achtsamkeit nehme ich das wahr. Auch wenn ich eine Pause brauche. Diese Zeit nehme ich mir dann.
Achten Sie auf Ihre Atmung, das merkt keiner. Achtsamkeit gelingt sogar in Meetings: Konzentrieren Sie sich ganz auf Ihre Füsse und Beine. Oder eben auf Ihre Atmung, wenn auch nur für einige Sekunden.
Diese Zeit verbringen wir schweigend in der Gruppe. Ich leite einige Meditationsübungen an, wir essen gemeinsam. Unsere Smartphones rühren wir nicht an und ja, wir schweigen. Das klingt nach Entspannung. Doch glauben sie mir, das ist richtige Arbeit – innere Arbeit.
Der Kurs ist das eine, doch genauso wichtig ist das Üben zuhause, am besten täglich. Diese Zeit braucht es. Und die Teilnehmenden sollten psychisch stabil sein. Der Kurs ersetzt keine Therapie, dafür gibt es Fachpersonen.
Natürlich nicht! Wenn ich müde heimkomme und meine Kinder quengeln und schreien, dann klappt das auch bei mir bei weitem nicht immer. Schön wäre es in solchen Situationen, denn meine Ruhe überträgt sich auch aufs Gegenüber. Wo es mir gut gelingt, ist auf dem Weg zur Arbeit. Ich geniesse den Fussweg zum Bahnhof – und lasse mich nicht ablenken, weder von anstehenden Terminen noch von To-do-Listen. Ich bin und ich gehe. Das ist Achtsamkeit.