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Stress kann auch gesund sein

Stress macht krank, so die gängige Meinung. Entscheidend ist aber vielmehr, wie wir ihn bewerten. Ein gewisses Mass an Anspannung hält uns sogar gesund.

Die Gefahr lauert scheinbar überall. Zum Beispiel im Job, wo Arbeitsverdichtung die Luft nimmt und ständige Unterbrechungen Konzentration unmöglich machen. Bis zu 60 Mal täglich checkt ein Büroarbeiter im Schnitt seine E-Mails.

Doch selbst die Freizeit bietet kaum noch Erholung, hier läuft die digitale Schleife weiter. Die Folgen: Erschöpfung, Burn-out, Depressionen, Herzinfarkt.

Wie wirkt sich Stress auf unser Gedächtnis aus?

Bilden wir uns den ganzen Stress also nur ein? Zumindest sein einseitig schlechtes Image halten Forscher für hausgemacht. «Stress hat viele positive Wirkungen», sagt der Psychologe Oliver T. Wolf, Professor an der Uni Bochum. Etwa auf das Gedächtnis. Unter Stress merkt man sich bestimmte Dinge besser.

Doch zeigt sich schon hier die zwiespältige Natur von Stress: «Er führt auch zu Gedächtnisblockaden», erklärt Wolf. Vor allem, was noch nicht fest verankert ist, lässt sich schlechter abrufen. Wer sich kurz vor einer Prüfung noch jede Menge Fakten ins Hirn presst, vergisst diese unter Anspannung leicht.

Stress beeinflusst aber nicht nur das Gedächtnis. «Er lässt uns emotional stärker empfinden, macht leistungsfähiger und konzentrierter݁, sagt Professor Tim Hagemann, Arbeitspsychologe der Fachhochschule für Diakonie in Bielefeld. «Wir brauchen Stress», davon ist Hagemann überzeugt. Damit wir gesund bleiben, muss unser Stresssystem öfter mal auf Touren kommen. «Nicht anders als bei einem Auto», so der Arbeitspsychologe. Steht es nur in der Garage, fährt es irgendwann nicht mehr. (Fortsetzung weiter unten...)

Kurzzeitiger Stress aktiviert das Immunsystem

Zumindest in Massen aktiviert Stress Abwehrsysteme. Zwar weiss man, dass das Stresshormon Kortisol das Immunsystem langfristig schwächt. Doch ist das wieder nur die eine Seite. In Tests entwickelten Mäuse unter UV-Licht seltener und später Hautkrebs, wenn sie gestresst waren. «Kurzzeitiger Stress stimuliert die Aktivität des Immunsystems», fasst Wissenschaftler Firdaus Dhabhar von der Universität Stanford (USA) das Ergebnis seiner langjährigen Forschung zusammen. Das erhöhe den Immunschutz etwa vor einer Operation oder nach einer Infektion.

Kann Stress auch positiv für unsere Psyche sein?

Auch für unsere Psyche bedeutet Stress nicht ausschliesslich eine Belastung. Er ist der Motor für inneres Wachstum, ein Kitzel, den viele sogar freiwillig suchen, wenn sie in Achterbahnen zittern oder sich in Horrorfilmen gruseln. Unser Körper reagiert dabei blitzschnell. Der Adrenalinspiegel schiesst in die Höhe. Das Herz schlägt schneller, die Lungen fliegen. Das Blut sammelt sich in Muskeln und Gehirn. Alles ist bereit zu kämpfen oder zu fliehen – denn dafür war die Reaktion einst gedacht. Als Vorteil im Kampf ums nackte Überleben. «All das ist nicht schädlich», betont Hagemann.

Wann wird Stress zum Problem?

Doch wenn das stimmt – wie kommt Stress zu seinem miesen Image? Die Antwort lautet: Stress ist nicht gleich Stress. Der Unterschied liegt zunächst einmal in der Dauer. Wer jeden Tag Situationen erlebt, in denen der Blutdruck in die Höhe schnellt, wird davon nicht krank. Doch muss man sich davon erholen. Ist das über längere Zeit nicht möglich, kann das krank machen. Der Kortisolwert sinkt dann selbst nachts nicht mehr. Der Gestresste liegt grübelnd im Bett, fühlt sich morgens erschöpft und ermattet – was zusätzlich stresst.

Hält die Negativspirale an, schadet das dem Körper auf vielfältige Art: Blutzucker und Blutdruck neigen dazu, krankhaft anzusteigen. Die Anfälligkeit für Infekte nimmt zu. Am Bauch sammelt sich leichter Fett an, was das Risiko für Stoffwechselstörungen erhöht. (Fortsetzung weiter unten...)

Ist Stress auch Kopfsache?

Stress ist aber auch Kopfsache. Mehrere Studien zeigen nämlich: Die Bewertung von Stress, das sogenannte Mindset, entscheidet offenbar mit über dessen Wirkung.

Falsche Vorstellungen gibt es zudem über Stressquellen. Am Pranger steht oft allein die Arbeitsbelastung. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. «Die höchsten Stresswerte, die ich je ermittelte, hatten Langzeitarbeitslose», berichtet Hagemann. Was uns stresst, ist nicht so sehr die Arbeitsmenge. Die Wurzel liegt auch oft im menschlichen Miteinander. Ein unfairer Chef, lästernde Kollegen, Kunden, die nur meckern. All das zehrt an den Nerven.

Die Hauptquelle von Stress erweist sich aber auch als sein Gegenmittel. Soziale Unterstützung ist einer der besten Stresspuffer. Dahinter steckt vermutlich das Hormon Oxytocin. Es wird ausgeschüttet, wenn man sich in der Nähe eines Menschen wohlfühlt, und hemmt offenbar die Wirkung des Stresshormons Kortisol. Stress macht also nicht nur aggressiv – er macht auch sozialer.

Hilfreiche Tipps zur Stressbewältigung

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von Sonja Gibis,

veröffentlicht am 07.06.2018, angepasst am 10.11.2023


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