Eine nachhaltige Veränderung der Essgewohnheiten beginnt im Kopf. Verbote und Diäten helfen nicht, wenn es ums Abnehmen geht. Stattdessen sollten wir uns Gedanken darüber machen, warum wir essen, wie wir essen. Wir liefern das nötige Denkfutter dafür.
«Wir sind das, was wir wiederholt tun», meinte Aristoteles. Und wer genau hinschaut und ehrlich zu sich ist, wird feststellen, dass der griechische Philosoph recht hat. Gewohnheiten prägen unseren Alltag – und uns selbst. Woher sie kommen, ist oft schwer zu ergründen. Und dass wir es sind, die sie am Laufen halten, ist uns meist nicht klar.
Hin und wieder nehmen wir den Kampf auf: Strikte Regeln, ein klares Ziel, es kann doch nicht so schwer sein. Ist es aber. Der Versuch abzunehmen scheitert, die Joggingschuhe vergilben unbenutzt. Nur in der Chipstüte herrscht Bewegung. Die alten Muster haben längst wieder das Ruder übernommen, und wir halten uns für Versager – willkommen in der Gewohnheitsfalle mit Frustgarantie!
«Die meisten Leute machen sich keine Gedanken über sich selbst und ihre Gewohnheiten, bevor sie eine Diät beginnen», sagt Ursina Häne, Präsidentin des Berufsverbands Ernährungs-Psychologische Beratung Schweiz.
«Der Leidensdruck ist gross, und viele Diäten locken mit schneller Gewichtsreduktion. Mit Disziplin und Verboten gelingt es auch oft abzunehmen. Sobald man aber wieder normal isst, stellt sich meistens der Jo-Jo-Effekt ein: Das Gewicht steigt an, man wiegt häufig sogar mehr als vor der Diät.»
Mit Versagen hat das nicht das Geringste zu tun – es ist das Erbe der Evolution, Teil jenes eigentlich genialen Programms, das uns bei knappem Nahrungsangebot das Überleben sichert. Nur ist es jetzt, wo wir weder Mammuts erlegen noch mühsam essbare Wurzeln suchen müssen, eher hinderlich.
Diäten bringen also bestenfalls kurzfristige Erfolge und bergen zudem die Gefahr, ins Gegenteil umzuschlagen, was dann den nächsten Versuch und das nächste Scheitern provoziert. Ein teuflischer Kreislauf mit verheerenden Folgen für Körper und Seele. «In meiner Praxis erlebe ich Tag für Tag verzweifelte Menschen, die mehrere Diäten hinter sich haben», berichtet Ursina Häne. «Sie plagen sich mit Schuldgefühlen und haben verlernt, normal zu essen und auf sich und ihren Körper zu hören.»
Wer ernsthaft etwas ändern will, muss sich mit sich selbst auseinandersetzen. Mit den richtigen Fragen kommt man den eigenen Mustern auf die Spur – und findet so mögliche Hebelpunkte für nachhaltige Veränderungen der Essgewohnheiten. (Fortsetzung weiter unten …)
Es wird nicht von heute auf morgen gehen. Alte Gewohnheiten haben sich tief ins Hirn geschrieben und laufen ohne bewusstes Zutun ab. Sie durch neue zu ersetzen, erfordert Geduld. «Was man einmal gelernt hat, kann man auch wieder verlernen», sagt Martin Meyer, Leiter der Arbeitsgruppe für Plastizitäts- und Lernforschung der Universität Zürich.
«Jede neue Handlung und sogar jeder neue Gedanke verändert die neuronale Struktur des Gehirns. Je bewusster wir bei der Sache sind und je öfter wir ein Verhalten wiederholen, desto stabiler werden die neuen Vernetzungen.»
Alles beginnt also mit sorgsamem Beobachten und Bewusstmachen, denn solange wir uns nicht im Klaren darüber sind, was hinter unserem gewohnten Verhalten steckt, entzieht es sich unserem Zugriff.
«Wirkungsvoller als jede Vorgabe von aussen ist die beglückende Erfahrung, eine Veränderung aus eigener Kraft herbeiführen zu können», sagt Martin Meyer. «Denn das setzt im Gehirn einen Prozess in Gang, der schliesslich zur sogenannten Selbstwirksamkeitserwartung führt: zu der Überzeugung, die Dinge selber in der Hand zu haben und seinen eigenen Weg zu finden. Ohne Diätguru oder Weisskittel, die einem sagen, was zu tun ist.»
Nicht Zucht und Ordnung, sondern Achtsamkeit und Geduld sind also die Mittel der Wahl. Verbunden mit einer freundlich-nachsichtigen Haltung sich selbst gegenüber.
Wer ernsthaft etwas ändern und abnehmen will, muss sich mit sich selbst auseinandersetzen. Dabei helfen die richtigen Fragen.