Freitags ist Fisch an vielen Orten immer noch ein Traditionsgericht. Doch woher kommt dieser Brauch eigentlich?
Früher war freitags das Mittagessen gesetzt: Es gab Fisch. Die Mama wälzte weisse Filets, vermutlich Dorsch, zuerst in Mehl, dann in einer Panade aus Ei und Semmelbröseln. Zu den goldgelb gebratenen Stücken schmeckte Kartoffelsalat besonders gut. Fragte man nach dem Grund für diese Standard-Mahlzeit, hiess es: «Christen dürfen freitags kein Fleisch essen.»
Tatsächlich geht der Brauch auf Karfreitag zurück. Der Gedenktag zu Jesu Kreuzigung und Tod gilt als strenger Fast- und Abstinenztag, so wie Aschermittwoch. Gläubige sollen an diesen Tagen maximal eine sättigende Mahlzeit zu sich nehmen (Fasten) und auf Fleisch verzichten (Abstinenz).
Letzteres vom Speiseplan zu streichen, geht auf biblische Fastentraditionen zurück, nach denen Fleisch von Warmblütern verboten war. «Die Kirche legte sogenannte Fastenspeisen fest», sagt Karl Schmuki von der Stiftsbibliothek St. Gallen. Demnach war lange sogar Fleischbrühe verwerflich. Im Mittelalter waren darüber hinaus Milchprodukte oder Eier – beides stammt von warmblütigen Tieren – untersagt. Fisch, ein Kaltblüter, war hingegen erlaubt.
Die katholische Fastenordnung schreibt den Fleischverzicht bis heute ebenfalls an den anderen Freitagen des Jahres vor – allen Gesunden vom vollendeten 14. Lebensjahr an. Denn: «Jeder Freitag ist ein kleines Gedenken an Karfreitag, so wie jeder Sonntag ein kleiner Gedenktag für Ostern ist», sagt Hansruedi Huber, Mediensprecher des Bistums Basel. Deshalb wurde der Sonntag als arbeitsfreier Tag definiert.
Wie streng es Menschen mit dem freitäglichen Fleischverbot heute halten, ist schwer zu sagen. Die Praxis sei sicher nicht mehr so weit verbreitet wie noch vor mehreren Jahrzehnten, schätzt Hansruedi Huber. Doch die Tradition lebe weiter.
Viele Landgasthöfe etwa bieten Fisch statt Fleisch als Tagesmenü an. Und fahrende Händler kommen vor allem donnerstags und freitags in Ortschaften, um Egli oder Forellen zu verkaufen. Karl Schmuki kennt dies seit jeher aus seiner Heimatgemeinde Gossau SG. (Fortsetzung weiter unten...)
Freitag ist Fischtag – das gilt also hier und da, wenn auch weniger aus religiösen Gründen. Gesundheitliche Aspekte sind in den Vordergrund getreten. Fettreiche Seefische liefern unter anderem Omega-3-Fettsäuren und Eiweiss. Empfohlen wird, Fisch ein- bis zweimal pro Woche aufzutischen.
Schweizer und Schweizerinnen beherzigen den Rat. Ihr Fischkonsum ist in den letzten 25 Jahren um rund 60 Prozent gestiegen. Im Schnitt isst jeder 9,2 Kilogramm Fisch und Meeresfrüchte pro Jahr. Viele Konsumenten stecken jedoch im Dilemma. Du würdest gerne, bist dir aber nicht sicher, ob du aus ökologischen Gründen darfst. Wer auf ein paar Punkte achtet, kann durchaus – und es muss nicht zwingend am Freitag sein.