Wenn das Auge plötzlich gerötet ist und tränt, hat man sich wahrscheinlich eine Bindehautentzündung (Konjunktivitis) zugezogen. Meist kann man die Erkrankung mit Hausmitteln kurieren. Doch in manchen Fällen ist auch ein Gang zum Arzt nötig. Eine Augenärztin klärt auf.
Die lästigen Beschwerden kommen typischerweise wie angeworfen: Man erwacht am Morgen mit einem verklebten Auge und im Laufe des Tages zeigt sich eine Rötung, die ständig zunimmt. Lesen oder an einem Bildschirm arbeiten wird nun mühsam. Oft heilt eine Bindehautentzündung mit Augentropfen, Augen auswaschen und einigen Tagen Geduld von selbst wieder ab. Aber nicht immer.
Bei einer Bindehautentzündung – in Fachsprache Konjunktivitis – ist die oberste Schicht der Augenoberfläche betroffen. Die Bindehaut bedeckt den weissen Teil des Auges und verläuft vom äusseren Hornhautrand bis zum inneren Rand der Augenlider.
«Das Auge ist gerötet, tränt, brennt, ist verklebt und es kann sich so anfühlen, wie wenn ein Fremdkörper darin wäre», sagt Dr. med. Karmen Stanic Jurasin, Fachärztin für Ophthalmologie am Medbase Gesundheitszentrum Kriens-Mattenhof. Manche Betroffene sind auch lichtempfindlich. Je nach Art des Erregers können die Symptome leicht variieren. Meist ist zunächst nur ein Auge infiziert. Nach ein bis zwei Tagen breitet sich die Entzündung auch auf das andere Auge aus. Bei einer starken Bindehautentzündung können die Rötung und Schwellung auf das Augenlid übergreifen.
Die Entzündung kann sich entwickeln, wenn Viren oder Bakterien ins Auge eindringen, die das Immunsystem nicht bekämpfen kann. Am häufigsten ist eine virale Form der Bindehautentzündung. In diesem Fall ist das Sekret eher wässrig. «Oft handelt es sich bei den Erregern um sogenannte Adenoviren, die auch für Schnupfen und Erkältung verantwortlich sind», erklärt Dr. med. Karmen Stanic Jurasin. Gelegentlich sind auch andere Viren für die Entzündung verantwortlich, zum Beispiel Masern-, Mumps-, Röteln-, Windpocken-, Influenza-, Entero- oder Herpes simplex-Viren.
Bei bakterieller Beteiligung – etwa durch Staphylokokken oder Pneumokokken – tritt typischerweise ein zähflüssigeres eitriges Sekret aus. Auch Geschlechtskrankheiten wie Gonorrhoe (Tripper) und Chlamydien können eine Konjunktivitis verursachen.
Eine weitere Form ist die allergische Konjunktivitis. Sie tritt besonders oft im Frühling und Sommer auf, wenn Pollen fliegen, kann aber auch durch Kosmetika hervorgerufen werden. Bei der allergischen Form ist Juckreiz typisch und sie äussert sich meist an beiden Augen gleichzeitig.
Seltener sind Augenentzündungen aufgrund mechanischer Reize wie Fremdkörper, Staub, Rauch, trockene Luft, Chemikalien, UV-Strahlen und Zugluft oder anderer Infektionskrankheiten wie etwa Pilze.
Bei leichten Symptomen kann man es zuerst mit sanften Mitteln versuchen: «Man wäscht das Sekret bei geschlossenem oder leicht geöffnetem Auge mit warmem Wasser aus. Dabei benutzt man einen sauberen, weichen Waschlappen oder einen nassen Wattebausch», so die Augenärztin. «Früher riet man zu Waschungen mit Kamillentee, doch dies widerspricht neueren Erkenntnissen, denn Kamille kann allergische Reaktionen auslösen», so die Expertin. Zudem sollte man das betroffene Auge mehrmals täglich befeuchten. Dazu eignen sich am besten Tränenersatzmittel, also Augentropfen mit Hyaluron oder auch Euphrasia (Augentrost). Bei einem Wärmegefühl und Schwellung des Augenlids können kühlende Packungen als Auflage angenehm sein.
Verschlimmert sich die Entzündung trotz dieser Massnahmen, sind meist Augentropfen oder eine Augensalbe mit einem Antibiotikum oder Kortison angezeigt. «Bei starken Symptomen ist dies auch bei einer viralen Entzündung zu empfehlen, um die Beschwerden zu lindern», sagt Augenärztin Karmen Stanic Jurasin. Das Kortison nehme die Schwellung und Rötung und ein Antibiotikum beuge einer bakteriellen Superinfektion vor.
Handelt es sich hingegen um eine allergisch bedingte Entzündung – etwa bei Heuschnupfen – sind Augentropfen mit einem Antihistaminikum angezeigt. (Fortsetzung weiter unten…)
Meist sei eine Bindehautentzündung harmlos und heile von selbst wieder ab, sagt Frau Dr. Stanic Jurasin. Doch in seltenen Fällen könne eine schwerwiegende Augenerkrankung die Symptome verursachen. Entwickelt sich die Entzündung mit Auswaschen und rezeptfreien Tropfen nicht innert ein paar Tagen zurück, sollte man deshalb ärztliche Hilfe holen.
Kontaktlinsenträgerinnen und – trägern wird geraten, bereits bei ersten Symptomen einen Augenarzt oder eine Augenärztin aufzusuchen, weil eine Augenrötung bei dieser Gruppe auf eine Hornhautinfektion hindeuten kann. Denn durch die Kontaktlinsen ist die Hornhaut einem ständigen Reiz ausgesetzt und es kann zu winzigen Verletzungen kommen, durch welche die Keime eindringen können. Eine Hornhautentzündung sollte so früh wie möglich durch eine augenärztliche Untersuchung ausgeschlossen werden. Die Fachpersonen arbeiten mit einer sogenannten Spaltlampe, die das Auge beleuchtet und stark vergrössert. Spricht eine Entzündung nicht auf gängige antibiotische Tropfen an, kommt weiter ein Abstrich des Sekrets infrage, um die Art des Erregers zu bestimmen.
«Ja, wenn es sich um eine viral oder bakteriell bedingte Entzündung handelt, sogar sehr», betont Dr. med. Karmen Stanic Jurasin. Auch bei grosser Sorgfalt gelingt es oft nicht, die Keime nicht vom zuerst erkrankten Auge auf das zweite zu übertragen. Gross ist auch die Gefahr, andere Personen anzustecken. Deshalb ist strikte Hygiene wichtig:
Speziell ansteckend ist die sogenannte Konjunktivitis epidemica, bei der die Augen extrem gerötet sind und stark tränen. Sehr gross ist die Gefahr einer Weiterverbreitung zudem bei Kleinkindern. In Kitas und Kindergärten kommt es regelmässig zu massenhaften Erkrankungen. Um dies zu vermeiden, sollten Kinder mit Bindehautentzündung zu Hause bleiben.
Ja, das kommt relativ oft vor. Bei Neugeborenen sind meist Keime aus dem Geburtskanal verantwortlich, die bei der Mutter selbst in der Regel keine Symptome verursachen. Schwere Entzündungen können sich entwickeln, wenn sexuell übertragbare Bakterien wie zum Beispiel Chlamydien oder Gonorrhoe-Bakterien die Ursache sind. Ohne Behandlung mit Antibiotika drohen langfristige Einschränkungen des Sehvermögens oder gar eine Erblindung.