Wer seinem Darm Gutes tun will, denkt etwa an eine Darmreinigung. Was genau ist das? Und wie sinnvoll ist sie? Prof. Dr. med. Stephan Vavricka, Facharzt für Gastroenterologie FMH, gibt Auskunft.
Tatsächlich sind diese Begriffe sehr ähnlich und werden im Alltag oft synonym verwendet. Mit einer Darmreinigung verbindet man mehr die aktive Entleerung des Darms und das Ausleiten von vermeintlichen Giftstoffen. Eine Darmsanierung geht darüber hinaus und beinhaltet meist die Darm-Entleerung sowie den Darmaufbau, um das Gleichgewicht der Darmflora wiederherzustellen.
Den Darm reinigen kann man mit Abführmitteln, mit einem Einlauf bzw. einer Darmspülung. Fürs Abführen gibt es verschiedene medizinische Präparate. Man kann aber auch natürliche Hausmittel verwenden wie etwa Pflaumensaft, Faserstoffe wie Flohsamenschalen oder Leinsamen, Glauber- und Bittersalz, Rizinusöl, Heilerde und mehr.
Eine Darmspülung ist dasselbe wie ein Einlauf. Dabei wird mit Hilfe eines Klistiers Flüssigkeit über den After in den Darm eingeführt. Grundsätzlich bestehen bei diesen Methoden keine Gefahren oder Nebenwirkungen. Vorsicht hingegen bei der sogenannten Colon-Hydro-Therapie. Diese ist intensiver als ein Einlauf. Es werden grosse Mengen an Wasser eingelassen. Das könnte zu viel Druck geben und die Darmwand verletzen.
Grundsätzlich wird sie aus Sicht der Schulmedizin nicht empfohlen. Aber sie schadet wohl auch nicht. Manche Patientinnen und Patienten mit Blähungen äussern sich positiv über die Darmentleerung und berichten von weniger Beschwerden danach. Was man weiss: Nach einer Darmentleerung reduziert sich die Darmflora um den Faktor 10, d. h. es sind dann 10-mal weniger Bakterien vorhanden. Danach pendelt sich das Mikrobiom neu ein. Dabei kann es sein, dass es sich auf einem besseren Niveau einpendelt. Es gibt allerdings keine wissenschaftlichen Studien, welche positive Ergebnisse einer Darmreinigung belegen.
Die Darmflora erneuert sich von selbst in etwa 7 Tagen. Man weiss, dass sie sich nach einer Darmspiegelungs-Entleerung spätestens in 3-4 Wochen wiederaufgebaut hat. In der Regel baut sie sich recht ähnlich auf, wie sie war. Ausser man ändert nach der Reinigung etwas – etwa die Ernährung: Isst man gesünder und ausgewogener, zum Beispiel mit weniger tierischen Produkten und viel Ballaststoffen, kann es sein, dass sich das Darmmilieu tatsächlich verbessert.
Aus schulmedizinischer Sicht: Nein. Man sollte sich nicht viel Hoffnung machen, durch eine Darmreinigung Gewicht zu verlieren. Man weiss, dass es gewisse Darmbakterien gibt, welche mehr Kalorien aus der Nahrung in Fettdepots einspeichern können. Diese bringt man aber durch die Darmentleerung nicht aus dem Körper. Einzig im Rahmen des Fastens kann eine Darmreinigung mit dem Ziel Gewichtsverlust sinnvoll sein. Bei bestimmten Fastenmethoden wie Buchinger oder F.X. Mayr ist die Darmentleerung Teil des Prozesses. Wird diese Fastenkur medizinisch geführt, kann die Darmreinigung Sinn machen.
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Fasten allein verändert die Darmflora auch. Unsere Darmbakterien sind beim Fasten fast arbeitslos und fangen an, sich neu zusammenzusetzen und sich neu einzustellen. Es gibt aber viele verschiedene Methoden von Fasten – vom Intervall-Fasten über Saftkuren zum Heilfasten nach Buchinger und viele mehr. Jede Fastenart hat einen etwas anderen Einfluss auf die Darmbakterien. Der wichtigste Vorteil des Fastens ist, dass unsere körpereigene «Müllabfuhr» – die sogenannte Autophagie – aktiviert wird, welche dafür sorgt, dass wir weniger Giftstoffe in uns haben.
Die Haupt-Entgiftungsarbeit im Körper übernehmen Leber und Niere. Es ist aber so, dass es im Darm gewisse vergärende Bakterien gibt, welche die Nahrung so verstoffwechseln, dass dabei wahrscheinlich auch Giftstoffe produziert werden. Die Idee hinter der Darm-Entgiftung ist, dass man versucht, mit «guten» Bakterien die «schlechten» Bakterien zu verdrängen. Dazu gibt heute aber noch zu wenig Forschungsergebnisse.
Das Gesündeste für eine gute Darmflora ist eine gesunde und ausgewogene Ernährung: Wer das macht, der hat auch ein vielfältig zusammengesetztes Darmmilieu. Dann sind auch keine zusätzlichen Probiotika und Präbiotika notwendig – und auch keine Darmreinigung. Ein ausgewogener Ernährungsplan besteht aus vielen Ballaststoffen, 5 Portionen Obst, Gemüse und Salat in allen Farben am Tag, Kartoffeln und (Vollkorn-)Getreideprodukten, gesunden Fetten wie Omega-3-Fettsäuren. Tierische Produkte, auch Milchprodukte, sowie Zucker und Salz sollte man in Massen essen. Und möglichst natürliche und unverarbeitete Nahrungsmittel geniessen und genug trinken.
Auch ein gesunder Lebensstil mit gutem Schlaf und genügend Bewegung hat einen positiven Effekt: Bewegung und Sport regen die Darmbeweglichkeit an, so dass der Darminhalt weitertransportiert wird.
Für eine Darmaufbau-Kur mit einer Mischung von Pro- und Präbiotika gibt es zu wenige Nachweise, ob sie überhaupt einen positiven Effekt haben.