Wenn der Darm wählen dürfte, wäre unser Leben weniger hektisch und wir würden uns mehr bewegen.
Ausgebreitet wäre der Darm 120 bis 200 Quadratmeter gross. Er sorgt dafür, dass wir mit allem Lebenswichtigen versorgt werden, holt in tagelanger Arbeit das Maximale aus der Nahrung heraus, recycelt jährlich bis zu tausend Liter Magensaft, verdaut im Lauf des Lebens mehrere Dutzend Tonnen Nahrung und bietet etwa 1000 verschiedenen Mikrobenarten, von denen viele für die Gesundheit gut sind, einen Hort.
Sogar bei wichtigen Lebensentscheidungen hilft der Darm tatkräftig. Er und das Hirn kommunizieren über Nerven und Botenstoffe miteinander. Wir sprechen nicht umsonst vom «Bauchentscheid». Und «als Dank» dafür ist das, was er produziert, eines der vulgärsten Schimpfwörter überhaupt. Höchste Zeit, ihn liebevoller zu behandeln.
Eine der schönsten Belohnungen für den Darm ist Bewegung, am liebsten 30 bis 60 Minuten am Tag, aber selbst für weniger ist er dankbar. Jeder kleine Schritt zählt, auch Hausarbeit, Gärtnern oder Yoga regen ihn an.
Ein weiteres Highlight sind Ballaststoffe in Gemüse, Vollkorn, Früchten – nicht nur für den Darm, sondern auch für seine winzigen Bewohner, also die rund 1,5 Kilo Bakterien, Viren und Pilze. Dieses Biotop im Darm produziert unter anderem Vitamine und andere gesundheitsfördernde Stoffe. Wenn der Darm die Wahl hätte: Er würde die Vollkornvariante bei Brot, Reis und Pasta wählen. Das sollte man beim Einkaufen berücksichtigen.
Die unverdaulichen Ballaststoffe «füttern» die wohltuenden, gesundheitsfördernden Bakterien im Darm. Mit fermentierten Nahrungsmitteln – zum Beispiel Kefir, Mozzarella, Sauerkraut oder Sauerteigbrot – liefert man überdies ein wenig Nachschub an guten, «probiotischen» Bakterien.
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Und dann: Entspannung! Ein hektisches, unregelmässiges Leben mag der Darm nicht. Auch «unverdaute» Erlebnisse oder Emotionen tun ihm nicht gut.
Denn der Darm ist nicht nur für die Nährstoffaufnahme und die Verdauung zuständig. Er hat auch eine sehr enge Verbindung mit dem Gehirn – also auch mit unserem psychischen Zustand. Bei einer Depression etwa verändert sich sogar die Zusammensetzung der Darmflora. Wenn es dem Darm gut geht, tut das der Stimmung gut. Der Darm schätzt es übrigens sehr, wenn man sich beim Essen Zeit nimmt und gut kaut.
Für das Immunsystem ist er ein wichtiger Wächter und Trainingsort. Er unterscheidet, was einverleibt werden sollte und was ausgeschieden gehört. Unzählige Abwehrzellen in der Darmwand sind allzeit bereit, wenn Krankheitserreger oder krankmachende Fremdstoffe eindringen wollen und wehren sie – meist erfolgreich – ab. Sie «lernen» im Darm, Freund (zum Beispiel die gesundheitsfördernden Bakterien) und Feind zu unterscheiden.