Gehen hält uns gesund und fit. Ganz nebenbei macht es uns auch noch kreativ und verhilft zu guter Laune.
Einen Schritt nach dem anderen, mal langsam, mal schneller. Beim Spaziergang durch den Park oder beim Hasten zum Zug: Gehen ist gesund! Allerdings machen Büroangestellte im Schnitt nur 1500 Schritte am Tag, was einer Strecke von etwa einem Kilometer entspricht. «Viel zu wenig!», sagen Präventivmediziner und auch die WHO.
Das Auto stehen lassen, den Bus ignorieren: Was bringt uns das? Zum einen wird beim Gehen die Muskulatur des gesamten Beins gestärkt – von der Wade bis zum Oberschenkel. Dazu müssen sich die Fuss-, Knie- und Hüftgelenke sowie die Wirbelsäule bewegen. «Das beugt Gelenkschäden vor und nährt die Knorpelmasse», weiss Prof. Dr. med. Arno Schmidt-Trucksäss, Ordinarius für Sportmedizin an der Universität Basel. Als positiver Nebeneffekt wird Knochendichte aufgebaut, der Kreislauf angekurbelt, das Herz trainiert und die Koordinationsfähigkeit verbessert. Bei jedem Schritt nimmt man dabei bis zu sechs Mal mehr Sauerstoff zu sich als beim Sitzen. Ein Geschenk – so ganz en passant!
Selbst wenn wir nur eine Strecke von 15 Minuten zügig zurücklegen, baut das Stress ab. «Durch die Rhythmisierung der Wirbelsäule lösen sich Verspannungen», so Arno Schmidt-Trucksäss. Ideal ist ein Spaziergang zwischen 30 und 60 Minuten. Die berühmten 10'000 Schritte pro Tag entsprechen rund 90 Minuten. Studien haben aber gezeigt, dass bereits 7000 Schritte – also 60 Minuten – den gleichen Effekt haben.
Sitzen tun wir viel zu oft und viel zu lange. Laut einer Forsa-Umfrage sitzen die meisten Menschen mehr als sechs, sieben Stunden am Tag. Sich draussen an der frischen Luft zu bewegen, stärkt nachweislich das Immunsystem. Es hilft in der Diabetes-Therapie. Das Sonnenlicht lässt uns das lebenswichtige Vitamin D in der Haut bilden, und das sogar an trüben Tagen! Gleichzeitig wird Fett verbrannt, der Blutdruck gesenkt und das Herz gestärkt. Je nach Intensität und Dauer lässt es sogar die Pfunde purzeln.
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Brust raus, Schultern nach hinten: In dieser Haltung einen Schritt vor den anderen zu setzen, stärkt sogar das Selbstbewusstsein, haben Psychologen herausgefunden. Gegen den Winterblues und sogar bei Depressionen empfehlen sie, täglich mindestens eine halbe Stunde an der frischen Luft spazieren zu gehen, besser noch zu walken. Und da das Gehirn dabei um bis zu 30 Prozent stärker durchblutet wird, sprudeln die Ideen nur so aus uns heraus. Wir werden kreativer, lösen Probleme schneller.
Eine andere Umgebung, die Natur um uns herum eröffnet neue Blickwinkel und kann uns aus einem Stimmungstief herausholen. Arno Schmidt-Trucksäss: «Ich vermute, dass es durch die Rhythmisierung des Körpers beim Gehen zu einer positiven neuronalen Verschaltung im Gehirn kommt.»
Gehen – das ist für uns so selbstverständlich wie Atmen oder Schlucken. Aber was für unser Bewusstsein so unkompliziert erscheint, ist in der Tat ein hochkomplexer Vorgang. Wer geht, vollbringt eine echte Glanzleistung!
Ja. Mit Studierenden der Universität Kassel unternahm Lucius Burckhardt seinen «Urspaziergang» im Schlosspark Riede. Damit rief der Soziologe 1976 die Spaziergangswissenschaft - die Promenadologie - ins Leben. Die Spazierenden zeichneten Stellen, die ihnen gefielen als «liebliche Orte» auf einer Karte ein. Die Eingetragungen stimmten meist überein. Daraus schloss der Soziologe, dass Menschen eine einheitliche Vorprägung der Landschaftswahrnehmung haben. Darauf baute die Promenadologie auf.